# taz.de -- Klimaschutz und Pariser Abkommen: Lobbyangriff vorerst abgewehrt | |
> Durch die Hintertür wollte eine Handvoll Staaten wie Brasilien, Indien | |
> und Australien den globalen Klimaschutz schwächen. Das ist erstmal vom | |
> Tisch. | |
Bild: Durch die Hintertür wollten eine Handvoll Staaten das Paris-Abkommen sch… | |
Berlin taz | Gerade noch mal gut gegangen: Der neue Markt für den Handel | |
mit Klimaschutz zwischen den Staaten droht doch nicht von vornherein mit | |
uralten Billigzertifikaten überflutet zu werden. | |
Aber von vorn: Das Pariser Weltklimaabkommen erlaubt es prinzipiell, dass | |
Länder sich auch gekauften Klimaschutz auf ihre eigene Klimabilanz | |
anrechnen. Zum Beispiel könnte – wie bereits geplant – die Schweiz Peru | |
Geld zahlen, um ein Klimaschutzprojekt aufzubauen, dem vor Ort | |
Investor:innen fehlen. Die daraus resultierende Emissionsreduktion dürfte | |
sich die Schweiz anrechnen. | |
Das Prinzip hat kategorische Kritiker:innen. Der Vorwurf: Das sei ein | |
Ablasshandel für die Käufer:innen, die so den Umbau ihrer eigenen | |
Wirtschaft hinauszögern. Aber selbst wenn man den Handel mit dem | |
Klimaschutz an sich gutheißt, gibt es bei seinem Aufbau Fallstricke. Wie | |
garantiert man, dass sich am Ende nicht beide Staaten den Klimaschutzeffekt | |
anrechnen? Wie überprüft man, dass die fraglichen Projekte wirklich einen | |
Zusatznutzen bringen? | |
Vor allem Brasilien will in den internationalen Klimaverhandlungen wässrige | |
Antworten auf diese Fragen aushandeln. Das Thema wird deshalb seit Jahren | |
von Klimagipfel zu Klimagipfel geschoben. Aber noch etwas will Brasilien | |
durchsetzen, diesmal mit Unterstützung etwa Indiens und Australiens: die | |
Nutzung alter Zertifikate aus einem der Handelssysteme, die unter dem | |
Kioto-Protokoll genutzt wurden, dem Vorläufer des Pariser Abkommens. | |
Im Rahmen des sogenannten „Clean Development Mechanism“ (CDM) durften | |
Industrieländer armen Ländern Klimaschutz abkaufen. Das Problem: Die | |
meisten Projekte aus dem CDM brauchen gar kein neues Geld mehr, um | |
weiterzulaufen. Die vielen übrigen Zertifikate sind entsprechend billig – | |
und nur etwas für Staaten, die durch den Handel Klimaschutz vorgaukeln | |
wollen. | |
## Ein Kompromiss bis November | |
Der CDM läuft mit dem Jahresende aus. Der Vorstand machte auf Wunsch der | |
industriellen Lobby im Oktober eine [1][ungeheuerliche Ankündigung]: Man | |
ziehe in Betracht, auf der Vorstandssitzung im Dezember zu beschließen, | |
einfach weiter Zertifikate auszugeben. Zivilgesellschaftliche | |
Organisationen schlugen Alarm: Der CDM würde so aus dem Hinterzimmer das | |
Paris-Abkommen unterminieren. | |
Jetzt hat der CDM-Vorstand einen [2][Kompromiss beschlossen]. Er wird die | |
Projekte nur unter Vorbehalt weiterbearbeiten – bis die Staaten transparent | |
auf der Weltklimakonferenz im kommenden November entscheiden, wie es damit | |
weitergehen soll. Der Beschluss kommt auch auf Druck der EU sowie der | |
Staatengruppe der pazifischen Inselstaaten. Sie hatten sich an den | |
CDM-Vorstand gewandt – der ihrer Ansicht nach darüber überhaupt nicht | |
allein entscheiden darf. | |
28 Dec 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Entscheidung-ueber-Emissionshandel/!5717349 | |
[2] https://cdm.unfccc.int/EB/index.html | |
## AUTOREN | |
Susanne Schwarz | |
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