| # taz.de -- Klimaprotest vor der Grünenzentrale: Besetzen für den Danni | |
| > Die Grünen versagen beim Schutz des Dannenröder Forsts, sagen | |
| > Klimaaktivistinnen und besetzen deren Zentrale. Robert Habeck sucht das | |
| > Gespräch. | |
| Bild: Robert Habeck diskutiert mit Klima-Aktivist*innen vor der besetzten Grün… | |
| Berlin taz | Eingepackt in warme Jacken und Mund-Nasen-Schutz, stehen fünf | |
| Aktivist*innen gegen 10 Uhr in der Früh auf dem Balkon im ersten Stock der | |
| Bundesgeschäftsstelle der Grünen. „Autopartei? Nein Danke“ heißt es auf | |
| ihrem Banner – angelehnt an den Spruch der Antiatomkraftbewegung | |
| „Atomkraft? Nein danke“. Es sind Klimaschützer*innen von Fridays for Future | |
| Berlin, Ende Gelände, den Anti-Kohle-Kidz und Sand im Getriebe Berlin, die | |
| am Mittwoch die Grünenzentrale in Berlin-Mitte besetzt haben. Nach eigenen | |
| Angaben sind sie mithilfe einer Leiter auf den schicken Altbau mit gelbem | |
| Anstrich hinaufgeklettert. | |
| Ihr Ziel: Sie wollen die [1][Rodung im Dannenröder Forst] stoppen. Teile | |
| des hessischen Forsts sollen für den Ausbau der A49 weichen. [2][Bereits | |
| seit einem Jahr ist der „Danni“ deshalb besetzt] und inzwischen zum Symbol | |
| der Verkehrswende geworden. Für die Rodungspläne stehen die [3][hessischen | |
| Grünen schon länger in der Kritik], weil sie dort Teil der Landesregierung | |
| sind. Passiert ist dennoch nichts. Hessens grüner Wirtschaftsminister Tarek | |
| Al-Wazir betonte mehrfach, dass die Entscheidung nicht dem Land obliege. | |
| Nun machen die Klimaschützer*innen also gegenüber der Bundespartei Druck. | |
| Nicht nur auf dem Balkon, auch vor der Grünenzentrale stehen rund zwanzig | |
| von ihnen mit Bannern. Gemeinsam skandieren sie: „Wir sind hier, wir sind | |
| laut, weil ihr Autobahnen baut.“ „Wir wollen nicht, dass die A 49 gebaut | |
| wird. Die Pläne sind 40 Jahre alt, aber die Zeiten haben sich geändert. Es | |
| ist 2020. Es ist nicht zukunftsfähig, eine Autobahn zu bauen“, erklärt eine | |
| Aktivistin, „wir wollen, dass der Dannenröder Wald bleibt und die Rodung | |
| gestoppt wird.“ | |
| Die Polizei ist mit einem Einsatzwagen vor Ort und betrachtet das Geschehen | |
| ruhig von der Seite, ohne einzugreifen. Denn zu diesem Zeitpunkt ist klar: | |
| Der Bundesvorsitzende der Grünen, Robert Habeck, soll gleich vorbeischauen, | |
| um das Gespräch zu suchen. Alle warten gespannt auf den Stargast. | |
| ## Warten auf Habeck | |
| Gegen Viertel nach 10 kommt er zu Fuß auf die Aktivist*innen zu, in blauem | |
| Mantel, stellt sich auf die Wiese vor der Zentrale, die mit gelbem | |
| Herbstlaub bedeckt ist. Zur Begrüßung bekommt er eine Sonnenblume in die | |
| Hand gedrückt. Aber dann geht es gleich zur Sache: „Wie sorgen Sie dafür, | |
| dass die Rodung aufhört?“, fragt einer der Aktivisten. [4][Robert Habeck | |
| fühlt sich sichtlich unwohl in seiner Rolle]. „Willkommen bei den Grünen“, | |
| sagt er, „aber ihr habt euch das falsche Haus ausgesucht. Wir sind nicht in | |
| der Regierung.“ Er zeigt kurz zur Seite, denn nur wenige Meter entfernt | |
| liegt das Bundesverkehrsministerium von CSU-Minister Andreas Scheuer. | |
| Natürlich würde auch er gern die Rodung stoppen, wenn er könnte, beteuert | |
| Habeck: „Ihr adressiert die grüne Partei, die in dieser Situation nicht | |
| viel machen kann.“ Immer wieder referiert er über Kompetenzen, | |
| Verantwortlichkeiten. Er verstehe die Wut über den Bau der A49, es handele | |
| sich aber um ein Bundesprojekt, für das die Bundesregierung zuständig sei. | |
| „Die hessische Landesregierung ist zur Umsetzung verpflichtet“, erklärt er. | |
| Er sagt Sätze wie: „So ist die föderale Ordnung.“ Einen väterlichen Rat | |
| kann er sich auch nicht verkneifen: „Überlegt euch doch als Bewegung, wen | |
| ihr euch als Gegner aussucht.“ | |
| Mit solchen Antworten wollen sich die Aktivist*innen nicht zufrieden geben. | |
| Schließlich sehen sie die Rodung im Dannenröder Wald auch als Vorgeschmack | |
| auf die anstehende Bundestagswahl 2021, die eine schwarz-grüne Regierung | |
| auf Bundesebene ermöglichen könnte. „Heißt das, die Grünen sind immer nur | |
| für Klimaschutz, solange sie nicht in der Regierung sind?“, will einer | |
| wissen. | |
| Robert Habeck verneint das, begrüßt das Engagement und fragt, ob denn | |
| irgendjemand ernsthaft glaube, dass es ohne die Grünen mehr Umweltschutz | |
| gäbe. Irgendwann erschöpft sich das Gespräch. Habeck verschwindet mit | |
| seiner Sonnenblume in die Parteizentrale. Die Polizei folgt, sie will die | |
| Personalien der Besetzer*innen feststellen, obwohl die Grünen versichern, | |
| keinen Strafantrag stellen zu wollen. | |
| Auch Kim Solievna vom Bündnis Ende Gelände ist vor Ort – und hätte sich | |
| mehr von dem Gespräch erhofft. „Wer 2020 eine neue Autobahn bauen will, | |
| ignoriert die Grausamkeit der Klimakrise“, davon ist sie überzeugt. Zudem | |
| setze die Landesregierung von Hessen mit einem eskalativen Polizeieinsatz | |
| mitten in der Coronapandemie Menschenleben aufs Spiel. „Die Grünen tragen | |
| das mit, nur um der Union als Koalitionspartner zu gefallen. | |
| Dieser Wahnsinn zeigt, dass wir uns beim Klimaschutz nicht auf Parteien | |
| verlassen können“, resümiert sie. Auch Marlene Jahn von der Grünen Jugend | |
| Berlin ist enttäuscht. Sie sitzt im Schneidersitz vor der Parteizentrale. | |
| „Wir solidarisieren uns mit den Aktivist*innen, wir stellen uns gegen | |
| Schwarz-Grün, und wir wollen die Partei an ihre eigenen Wurzeln erinnern.“ | |
| 28 Oct 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jasmin Kalarickal | |
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