| # taz.de -- Klimaprotest in Norwegen: Hungern fürs Klima | |
| > Vor dem Parlament in Oslo fastet der Aktivist Vebjørn Bjelland Berg aus | |
| > Protest gegen die Klimapolitik seines Landes. Sein Cousin ist | |
| > Klimaminister. | |
| Bild: Klima-Aktivist Vebjørn Bjelland Berg bei einer Pressekonferenz | |
| Oslo taz | Der Regen prasselt auf den rosa Schirm und auf die Plane, unter | |
| der er liegt. Das Pappschild neben ihm weicht langsam auf, aber die | |
| Botschaft ist klar zu lesen: „Ich faste für den [1][Ausstieg aus Öl und | |
| Gas].“ Als die taz mit ihm spricht, hat Vebjørn Bjelland Berg seit einem | |
| Monat nichts gegessen. Er liegt im Park vor dem Storting, dem | |
| Parlamentsgebäude mitten in Oslo. | |
| Am 8. September sind in Norwegen Wahlen, bis dahin will er weitermachen. Es | |
| sei denn, die Regierung gibt ihm vorher ein Versprechen. Bis zu diesem Tag | |
| hat sich Ministerpräsident [2][Jonas Gahr Støre] nicht blicken lassen. | |
| Ebenso wenig Klima- und Umweltminister Andreas Bjelland Eriksen. Immerhin | |
| wisse man nun, wie hart und kalt die Führungsriege der Arbeiterpartei sei, | |
| meint Vebjørn Bjelland Berg. | |
| Der Klimaaktivist ist ein Cousin des Klimaministers, sie teilen den | |
| Nachnamen Bjelland. „Ich würde ihn mehr respektieren, wenn er sich trauen | |
| würde zu kommen und öffentlich mit mir über das Thema zu sprechen“, sagt | |
| er. Das Thema: die norwegische Öl- und Gasindustrie und ihr Beitrag zur | |
| Klimakrise. Die Botschaft: „Wir brauchen einen Ausstiegsplan.“ | |
| ## Das „Norwegen-Paradoxon“ | |
| Der 29-Jährige engagiert sich bei Extinction Rebellion und „Folk mot | |
| Fossilmakta“. Aus Protest faste er aber im eigenen Namen, betont er. 16,5 | |
| Kilo habe er inzwischen abgenommen. Begonnen hat er in seiner Heimatstadt | |
| Stavanger, sie steht wie keine andere für Norwegens Ölindustrie. Seit zwei | |
| Wochen fastet Vebjørn nun in Oslo. Zur Sicherheit hat er immer Gesellschaft | |
| von mindestens einer Person. Er trinkt Wasser und nimmt Salze und Vitamine | |
| zu sich, sonst nichts. Alle paar Tage sieht ein Arzt nach ihm. Der | |
| Gewichtsverlust habe sich zuletzt verlangsamt. „Gutes Zeichen“, meint er. | |
| Norwegen gibt sich engagiert bei Umwelt- und Klimaschutz, etwa mit dem | |
| staatlich geförderten E-Autoboom und Ökostrom. Zugleich werden weiter Öl | |
| und Gas gefördert, Tiefseebergbau und andere [3][umstrittene | |
| Grubenprojekte] geplant. Der Begriff vom [4][Norwegen-Paradoxon] macht | |
| längst die Runde. „Totaler Quatsch“, meint Vebjørn. | |
| Sein Land sei einfach nur gut darin, sich ein bestimmtes Image zu | |
| verschaffen. Er ist schmal im Gesicht, was auch sonst. Er liegt ganz still, | |
| nur Mund und Augen bewegen sich, wenn er redet und lächelt. „Ich bin sehr | |
| erschöpft, aber es geht mir gut“, sagt er. Er schlafe gut, höre viel Musik, | |
| meditiere. Um die Aktion noch vor der Wahl zu beenden, reiche ihm die | |
| Regierungszusage zu einem Bürgerrat. „Normale Leute“ sollten mitreden, | |
| mithilfe von Einschätzungen unabhängiger Experten. Er betont „unabhängig�… | |
| als Gegensatz zu industrienah. „Die meisten Menschen wissen nicht, wie | |
| ernst die Klimakrise ist.“ | |
| Die norwegische Politik hat variierende Vorstellungen zur Ölzukunft: Die | |
| sozialdemokratische Arbeiterpartei – aktuell führt sie allein eine | |
| Minderheitsregierung – will die Suche nach weiteren Vorkommen vorantreiben. | |
| Die liberale Venstre will sie stoppen, die Grünen ebenfalls, sie fordern | |
| einen Ausstiegsplan bis 2040. Die rechte Fortschrittspartei nennt | |
| Ausstiegspläne gefährliche Symbolpolitik. | |
| Die meisten Parteien fokussieren sich erst mal darauf, dass die Öl- und | |
| Gasförderung selbst „klimaneutral“ werden soll. Stichworte sind Lagerung | |
| von CO2 und die Elektrifizierung der Ölplattformen. Klimafreundliche | |
| Herstellung von fossilen Energieträgern also, die dann unter anderem in | |
| Deutschland verfeuert werden. | |
| Vebjørn Bjelland Berg will viel mehr als das. Er bereue seinen radikalen | |
| Körpereinsatz dafür nicht, auch nicht im strömenden Regen. „Nicht eine | |
| Sekunde“, sagt er. „Es fühlt sich unglaublich wertvoll an, das hier zu | |
| tun.“ | |
| 4 Sep 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anne Diekhoff | |
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