| # taz.de -- Norwegens letzte Kohlegrube schließt: Ausgebrannt | |
| > Norwegen verfeuert keine Kohle mehr. Der Öl-Fonds investiert aber weiter | |
| > in Kohleunternehmen. Auch das neue Klimaziel des Landes steht in der | |
| > Kritik. | |
| Bild: Endgültig ein Fall fürs Museum: Kohleabbau in Spitzbergen | |
| Härnösand taz | Nach über 100 Jahren ist Schluss mit norwegischer Kohle: | |
| Mit dem Juni endete auch der Betrieb der letzten noch aktiven Grube des | |
| Landes auf Spitzbergen. Jährlich wurden noch 80.000 Tonnen Kohle gefördert, | |
| bis 2023 ging ein Drittel davon zur Energieversorgung von Longyearbyen an | |
| das dortige, einzige norwegische Kohlekraftwerk. | |
| Das wurde stillgelegt, begründet mit dem Alter der Anlage und ihren hohen | |
| Emissionen. Für Grube 7 hingegen ging es ungeplant in die Verlängerung, als | |
| nach dem russischen Angriff auf die Ukraine die Nachfrage nach Kohle noch | |
| einmal stieg. Doch jetzt ist endgültig Schluss. | |
| Kohle als Energieträger den Rest zu geben, ist seit langem Ziel der | |
| norwegischen Klimapolitik. Im Rahmen des G7- und EU-Projekts „Just Energy | |
| Transition Partnerships“ etwa hat das Land sich verpflichtet, umgerechnet | |
| gut 420 Millionen Euro zu investieren, um bisherige Kohle-Nationen beim | |
| Umbau auf klimafreundlichere Energieproduktion zu unterstützen. Die Grube | |
| auf Spitzbergen zu schließen, war da politisch opportun. | |
| Der schrittweise Ausstieg des staatlichen norwegischen Ölfonds aus | |
| internationalen Kohle-Investitionen hingegen ist auch zehn Jahre nach dem | |
| Beschluss nicht vollzogen. Laut dem Nordic Center for Sustainable Finance | |
| liegen immer noch umgerechnet gut 5,8 Milliarden Euro norwegisches | |
| Sparkapital in Aktien von Unternehmen, die ihre Kohleaktivitäten aktiv | |
| ausweiten. | |
| Auch das Geschäft mit jenen fossilen Energieträgern, die Norwegen reich | |
| machten, läuft weiter gut. Die Förderung von Öl und Gas steht [1][knapp vor | |
| dem Industriesektor] für den größten Anteil an Treibhausgas-Emissionen des | |
| Landes. 2024 waren es elf Millionen Tonnen. Rund drei Millionen mehr als | |
| 1990, aber weniger die 11,6 Millionen Tonnen von 2023. | |
| ## Neues Klimaziel in der Kritik | |
| Gerade erst hat Norwegen der UN sein neues Klimaziel gemeldet: Bis 2035 | |
| will es die Emissionen um 70 bis 75 Prozent im Vergleich zu 1990 senken. | |
| Bislang hat es erst 12,4 Prozent geschafft. „Ehrgeizig, aber machbar“, | |
| heißt es von Klima- und Umweltminister Andreas Bjelland Eriksen. Die | |
| schnelle technologische Entwicklung mache die Transformation inzwischen | |
| einfacher. | |
| Der Einigung auf das neue Klimaziel war ein wochenlanger politischer Streit | |
| vorangegangen. Die nötige Mehrheit für einen Kompromiss fand sich | |
| schließlich zwischen der regierenden sozialdemokratischen Arbeiterpartei, | |
| der konservativen Høyre und der sozialliberalen Venstre. | |
| Der Plan ist, 47 Prozent des Rückgangs durch [2][Umstellungen innerhalb | |
| Norwegens] zu erreichen, 20 Prozent in Zusammenarbeit mit der EU. Aus dem | |
| linken und grünen Parteispektrum kommt Kritik, die Einigung sei zu lasch. | |
| Die Umweltbehörde habe 80 Prozent gefordert und gemeint, 60 Prozent seien | |
| im Land selbst zu schaffen. | |
| Die Lücke zwischen den 47 plus 20 Prozent aus eigenem und EU-Umbau und den | |
| 70 bis 75 Prozent als Klimaziel dürfte durch Käufe von außereuropäischen | |
| CO2-Zertifikaten geschlossen werden. Diese Frage war besonders umstritten. | |
| Venstre schreibt sich auf die Fahnen, die Rolle der Zertifikate mit ihrem | |
| Kompromissvorschlag stark begrenzt zu haben. Die norwegischen Grünen | |
| kritisieren das als nicht ausreichend. | |
| ## Schließung der Mine könnte geopolitische Folgen haben | |
| Die Umstellung Spitzbergens auf klimafreundlichere Energieversorgung führt | |
| derweil noch zu einer ganz anderen, geo- und sicherheitspolitischen | |
| Debatte. Die Arktis [3][steht stärker im Fokus unterschiedlicher Akteure] | |
| als noch vor wenigen Jahren. | |
| „Das norwegische Umfeld auf Spitzbergen wird kleiner“, kritisierte etwa | |
| Trygve Slagsvold Vedum, Chef der Zentrumspartei, laut Nachrichtenagentur | |
| NTB den Vollzug der Grubenschließung. 60 Arbeitsplätze auf Spitzbergen | |
| gehen dadurch verloren. Das stehe im strikten Widerspruch zum Ziel der | |
| Partei und der Regierung, die norwegische Präsenz dort zu erhöhen. | |
| Lokalpolitiker vor Ort bestätigten, es werde eine immer größere | |
| Herausforderung, norwegische Einwohner langfristig zu halten. Es gibt | |
| Zweifel, ob der Tourismus und die damit verbundenen – schlechter bezahlten | |
| – Jobs den Bergbau-Verlust auffangen können. | |
| 2 Jul 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anne Diekhoff | |
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