| # taz.de -- Parlamentswahlen in Norwegen: Alles neu – außer der Regierungsch… | |
| > Bei den Wahlen in Norwegen legen vor allem die Rechtspopulisten zu. Der | |
| > sozialdemokratische Ministerpräsident Jonas Gahr Støre bleibt dennoch im | |
| > Amt. | |
| Bild: Er hat Grund sich zu freuen: Norwegens Ministerpräsident Jonas Gahr Stø… | |
| Härnösand taz | Norwegen hat gewählt – und das einzige, was gleich bleibt, | |
| ist der Ministerpräsident. [1][Jonas Gahr Støre von der | |
| sozialdemokratischen Arbeiterpartei (Ap) kann im Amt bleiben]. Das hätte | |
| noch Ende vergangenen Jahres niemand für möglich gehalten: Er galt als | |
| chronisch unbeliebt, seine Partei im Umfragetief. | |
| Die erstaunliche Wende zum als kompetent geltenden Staatsmann gelang ihm im | |
| Team mit Ex-Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, den er nach dem | |
| Koalitionsbruch mit der Zentrumspartei (Sp) im Januar überraschend als | |
| Finanzminister aus dem Hut zauberte. Und wie geht es nun weiter? | |
| Støre kann erst mal weitermachen mit seiner [2][Minderheitsregierung]: | |
| Seine Arbeiterpartei legte zwei Punkte zu auf gut 28 Prozent, fünf Sitze | |
| mehr. Sie ist wieder stärkste Partei. Nun wird es aber [3][komplizierter | |
| mit dem Regieren] – ob allein oder mit noch zu findenden Koalitionspartnern | |
| – denn Støre ist von mehr Parteien als bisher abhängig. | |
| Die fünf Parteien des Mitte-links-Spektrums kommen zusammen auf 88 Sitze im | |
| norwegischen Parlament, dem Storting. Das sind nur drei Sitze mehr, als sie | |
| für die Mehrheit brauchen. Zu diesem Spektrum gehören neben der Ap die | |
| Zentrumspartei, die Sozialistische Linkspartei (SV), die radikale | |
| Linkspartei Rødt (R) und die Grünen (MDG). | |
| ## Jubel bei den Grünen | |
| Besonders die Sp hat bei den Wahlen verloren. Sie hatte die Koalition im | |
| Streit verlassen und rutschte um fast 8 Punkte auf 5,6 Prozent ab. Auch die | |
| SV liegt nur noch bei 5,5 Prozent mit einem Minus von 2,1. | |
| Jubel stattdessen bei den norwegischen Grünen MDG: Sie schafften es | |
| erstmals über die Vierprozenthürde. Auch vorher waren sie schon im | |
| Parlament vertreten, über ihre Direktmandate. Aber erst jetzt bekommen sie | |
| zusätzliche Ausgleichsmandate. Statt drei haben die Grünen künftig also | |
| plötzlich sieben Mitglieder im Parlament. Sie wollen Støre vor allem zu | |
| mehr Klimaschutz bewegen. | |
| Auch Rødt, die sozialistisch-kommunistische Partei Norwegens, die als | |
| aufmüpfig gilt und von rechts gerne verlacht wird, jubelte über weiteren | |
| Zuwachs, sie haben jetzt neun Mandate. Ihr Ziel: die Regierung weiter nach | |
| links zu ziehen, mehr Wohlfahrtsstaat und mehr Einsatz für Palästina. | |
| Was auch immer der Ministerpräsident nun vorhat – Mehrheiten zu finden wird | |
| schwieriger. Besonders in Fragen der Öl- und Gas-Zukunft des damit reich | |
| gewordenen Landes: Seine Arbeiterpartei will auch weiterhin darauf setzen; | |
| die Grünen wollen den Ausstieg aus dem profitablen Geschäft mit fossilen | |
| Energien planen. Beobachter halten es für möglich, dass Støre im | |
| Zweifelsfall auch über Blockgrenzen hinweg verhandelt. | |
| ## Rechtspopulisten sind eigentliche Wahlsieger | |
| Die eigentlich größte Wahlsiegerin ist derweil die rechtsliberale bis | |
| rechtspopulistische Fortschrittspartei (FrP). Sie kommt mit einem | |
| historischen Plus von über zwölf Punkten nun auf fast 24 Prozent – ihr | |
| bestes Ergebnis seit ihren Anfängen als Protestpartei in den 1970er Jahren. | |
| Sie gewinnt ganze 26 Mandate hinzu, ihre Fraktion ist mit künftig 47 Sitzen | |
| die zweitgrößte im Parlament. Und sie ist mit großem Abstand die stärkste | |
| auf der bürgerlichen Seite. Das an sich war erwartet worden, nur nicht in | |
| dieser Höhe. | |
| Die FrP punktete vor allem bei jungen Männern und generell in ländlichen | |
| Regionen an der Westküste, wo sie vielerorts nun die stärkste Partei ist. | |
| Sie kam mit Plänen wie der Abschaffung der Vermögenssteuer, weniger | |
| Bürokratie, weniger Abgaben auf Benzin und Diesel und strikterer | |
| Asylpolitik an. | |
| Aber: Vorsitzende Sylvi Listhaug hatte einen Machtwechsel angestrebt, sie | |
| wollte eine bürgerliche Regierung anführen, im bewussten Konflikt mit der | |
| klassischen konservativen Partei Høyre. Dafür reicht es nun nicht. Denn der | |
| FrP-Erfolg ging zulasten der Høyre. Die steht nur noch bei 14,6 Prozent, | |
| minus 5,7, auch das wird „historisch“ genannt. | |
| Außerdem hätte sie die Liberalen (V) gebraucht. Deren Fraktion schrumpft | |
| nun aber von acht auf drei. Als ein Grund gilt, dass ursprünglich liberale | |
| Wähler just Listhaug als Ministerpräsidentin verhindern wollten. Sie ist | |
| außerhalb ihrer Partei nicht besonders beliebt. Listhaug jubelte am | |
| Montagabend dennoch: Auch ohne Regierungsmehrheit hätten sie allen Grund, | |
| sich als Wahlsieger zu fühlen. | |
| 9 Sep 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anne Diekhoff | |
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