# taz.de -- Klage vor dem Verwaltungsgericht: Surfer gewinnen, Angler verlieren | |
> Kommt der Surf-Spot in Hannovers City? Das Verwaltungsgericht Hannover | |
> lehnte jetzt eine Klage des Fischereivereins gegen die „Leinewelle“ ab. | |
Bild: So sahen die ersten Projektionen aus für die perfekte Welle mitten in de… | |
HANNOVER taz | Vielleicht kommt sie jetzt doch, die Leinewelle. Dann könnte | |
man mitten in Hannover surfen. [1][So wie auf dem Eisbach in München.] Das | |
ist das große Vorbild, so etwas will Heiko Heybey – Architekt, Unternehmer, | |
Gastronom und leidenschaftlicher Surfer für Hannover auch. Seit acht Jahren | |
beschäftigt er sich mit dem Projekt „Leinewelle“. Und fast genauso lange | |
versucht der Fischereiverein, die künstliche Welle auf der Leine zu | |
verhindern. Doch jetzt hat das Verwaltungsgericht Hannover seine Klage | |
abgelehnt. | |
1,2 Millionen Euro soll das Projekt kosten, die Planung ist komplett, die | |
Angebote der Baufirmen liegen vor, die Sponsoren stehen bereit – sagen | |
[2][Heybey und sein Verein] Leinewelle. [3][Die lokale Politik ist | |
begeistert,] kein Wunder bei einer zusätzlichen Attraktion für die Stadt, | |
die nichts kostet. Die zuständige Region Hannover hat nach einem langen | |
Prüfverfahren die wasserrechtliche Genehmigung für den Betrieb der Anlage | |
erteilt. | |
Dagegen hatte der Fischereiverein zuerst Widerspruch eingelegt, als der | |
zurückgewiesen wurde, klagte er. Mit dieser Klage befasste sich nun das | |
Verwaltungsgericht Hannover und zwar gründlich. Im strömenden Regen machte | |
sich die Kammer erst einmal vor Ort ein Bild. | |
Und das sieht so aus: Der erträumte Surfer-Hotspot liegt wenige Meter | |
flussabwärts vom Landtag mitten in der Stadt – da wo an normalen Samstagen | |
der Flohmarkt stattfindet, denkmalgeschützte alte Mauern für eine | |
pittoreske Kulisse sorgen, Restaurants das Ufer säumen. „Anthropogen | |
überformt“ heißt das im Fachlatein der Gutachter. Alles andere als ein | |
ursprüngliches Stück Natur ist der Fluss hier: Das Bett ist künstlich | |
geschaffen, ein paar Hundert Meter weiter endet er in der für Fische | |
unüberwindlichen Leinewehr. | |
## Ein Habitat für seltene Fischarten? | |
Der Fischereiverein meint allerdings, hier gäbe es Fische, die die starke | |
Strömung lieben und die man sonst in der Leine kaum angeln könnte. Und auch | |
der Abschnitt zwischen Welle und Wehr sei möglicherweise ein wertvolles | |
Habitat für Arten wie die Koppe, Steinbeißer und Flußneunauge. | |
[4][Ursprünglich hätte die Leinewelle sogar direkt] hinter dem Wehr liegen | |
sollen, das biss sich dann aber mit der Bannmeile um den Landtag und | |
vielleicht auch ein bisschen mit der Würde und Bedeutung dieses Ortes – bei | |
aller politischen Begeisterung. | |
Die Unüberwindlichkeit des Leinewehrs spielt aber in mehr als einer | |
Hinsicht eine Rolle: Einerseits erleichterte es die Genehmigung, weil sich | |
die Auswirkungen natürlich in Grenzen halten, wenn der Fluss hier ohnehin | |
eine „Sackgasse“ ist. | |
Andrerseits witterte der Fischereiverein hier einen Hebel, ein Projekt | |
durchzusetzen, das ihm schon länger am Herzen liegt: Eine Fischtreppe, die | |
das Wehr überwindlich macht. Dafür, ließ der Verein anfangs durchblicken, | |
würde er sogar diese lästigen Surfer in Kauf nehmen. | |
Doch dieses Kompromissangebot scheiterte, wie das Gericht bedauernd | |
erläuterte. Für einen kleinen privaten Verein wie die Leinewelle war das | |
nicht zu stemmen. Und die Landeshauptstadt Hannover, die hier zuallererst | |
zuständig wäre, hat erst einmal andere Dinge auf der To-do-Liste. | |
## Der Kläger zielt vor allem auf den Verwaltungsvorgang | |
Deshalb verbiss sich der Fischereiverein dann in die Ablehnung des | |
Projektes und suchte an allen Ecken und Enden nach einer Möglichkeit, die | |
Genehmigung für ungültig erklären zu lassen. Hätte es nicht doch eine große | |
Umweltverträglichkeitsprüfung geben müssen statt der kleineren | |
UVP-Vorprüfung, die keine Hinweise auf erhebliche ökologische | |
Beeinträchtigungen gefunden hatte? | |
Hätte es nicht ein Planfeststellungsverfahren mit einem ausgiebigen | |
Erörterungstermin geben müssen statt eines einfachen | |
Genehmigungsverfahrens? Sind das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot | |
und die Fischereirechte nicht in der Abwägung der Behörde zu kurz gekommen? | |
Nein, nein und nochmal nein, befindet das Gericht nachdem es die | |
verwaltungsrechtlichen Untiefen des Verfahrens erörtert hat. Das Verfahren | |
sei sauber gelaufen und der Fischereiverein habe nicht glaubhaft darlegen | |
können, warum nun ausgerechnet dieses überschaubare Stückchen Fluss (die | |
Rede ist von etwa zwölf Metern) so wertvoll sei, sagt der Richter. | |
Oder welche konkreten katastrophalen Auswirkungen denn hier nun zu | |
befürchten seien – immerhin hat die Leinewelle ja sogar eine ausgefeilte | |
Fischtreppe, einen Ökopass, vorgesehen, um den Flussabschnitt für Fische | |
passierbar zu halten. Und die Region hat ein Monitoring angeordnet und die | |
Genehmigung vorsichtshalber unter dem Vorbehalt erteilt, dass diese | |
Schutzmaßnahme auch funktioniert. | |
## Angler sehen Fische missachtet | |
Die Vertreter*innen des Fischereivereins geben sich nach dem Urteil | |
verschnupft. „Es ist typisch, dass Fischarten immer weniger geschätzt | |
werden als Vögel oder Säugetiere“, sagt der Vorsitzende Heinz Pyka. Die | |
Rechte von Anglern werden einfach übergangen, weil das Projekt politisch so | |
dringend gewünscht wird, glaubt er. Ob man nun noch einmal in die Berufung | |
geht, könne er aber nicht allein entscheiden, da müsse er erst Vorstand und | |
Präsidium konsultieren. | |
Der Richter hatte die Berufung ausdrücklich zu gelassen und die Leinewelle | |
noch einmal ermuntert den Anglern doch ein Vergleichsangebot zu | |
unterbreiten. | |
14 Jan 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Extremes-Surfen/!5144192 | |
[2] https://www.leinewelle.de/portfolio/heiko-heybey/ | |
[3] https://www.haz.de/Thema/L/Leinewelle | |
[4] /Archiv-Suche/!5613249&s=Leinewelle&SuchRahmen=Print/ | |
## AUTOREN | |
Nadine Conti | |
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