# taz.de -- Kinderbetreuung in der Coronakrise: Auffangnetz für Kitas | |
> Weil Kitas geschlossen bleiben, könnte ihnen bald das Geld ausgehen. | |
> Mehrere Bundesländer springen nun finanziell ein, auch um Eltern zu | |
> entlasten. | |
Bild: Geschlossene Kita in Frankfurt/Oder: In Brandenburg werden Eltern von der… | |
BERLIN taz | Als hätte die Bildungs- und Forschungspolitik das föderale | |
System in [1][Corona-Zeiten] noch nicht genug herausgefordert, wird die | |
Kindertagesbetreuung zum nächsten Stresstest für den „Flickenteppich“. De… | |
die derzeit [2][bundesweit geschlossenen Kitas] sind kommunale | |
Selbstverwaltungsaufgabe – damit wird hier auch über die Finanzierung der | |
Betreungsangebote entschieden. | |
Zwar tragen die Gemeinden selbst einen Teil des Budgets der Kitas vor Ort, | |
dazu kommen aber eben auch Beiträge der Eltern. Die Frage ist nun: Was | |
passiert mit diesen Beiträgen, wenn die Kitas geschlossen bleiben? Sollen | |
Eltern weiter bezahlen auch wenn die Kinder zuhause bleiben? Und wenn nein: | |
Wer bezahlt stattdessen die Kitas, um deren Pleite zu verhindern? | |
Bislang ist das Vorgehen der Länder und Kommunen uneinheitlich: Während | |
einige Kommunen weiterhin auf die Erhebung der Elternbeiträge bestehen, | |
gibt es andernorts bereits Ankündigungen, die Beiträge erstatten zu wollen | |
– freie KitaträgerInnen sind von der Beitragserstattung jedoch teilweise | |
ausgenommen. | |
Brandenburg geht derzeit voran: Ab dem 1. April 2020 werden allen Eltern, | |
die keine Notfallbetreuung in Krippe, Kita und Hort in Anspruch nehmen, von | |
der Beitragspflicht befreit, so Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) | |
vergangene Woche. Um etwaige Einnahmeausfälle zu kompensieren, stellt das | |
Land insgesamt 14 Millionen Euro zur Verfügung. Eine Forderung können | |
sowohl Kitas in öffentlicher als auch in freier TrägerInnenschaft | |
beantragen. Gezahlt werden sollen pro Kind und Monat 160 Euro für die | |
Krippe, 125 Euro für den Kindergarten und 80 Euro für den Hort. | |
Am Freitag verkündete auch Baden-Württemberg, ebenfalls die Kita-Gebühren | |
zu übernehmen. Landesregierung und kommunale Landesverbände haben sich auf | |
eine Soforthilfe von 100 Millionen Euro geeinigt. Viele Eltern müssten | |
arbeiten und könnten gerade nicht auf Unterstützung der Großeltern zählen. | |
„Da darf es dann nicht noch finanzielle Sorgen geben“, so Ministerpräsident | |
Kretschmann (Grüne). | |
## Zwei Drittel der Kitas gehören freien Trägern | |
Die Kita-Gebühren bei freien TrägerInnen sollen in Baden Würtemberg bis zur | |
Höhe des kommunalen Satzes erstattet werden. Dies gilt ebenfalls für im | |
März angefallene Zahlungen – ob Eltern für bereits gezahlte Beiträge | |
entschädigt werden, entscheiden jedoch die Kommunen. | |
In Thüringen einigte man sich ebenfalls auf Beitragserlassungen, die | |
Details der Kostenerstattung vom Land an die TrägerInnen stehen jedoch noch | |
aus. In Sachsen-Anhalt kündigte die Linke an, einen entsprechenden | |
Gesetzentwurf diese Woche einzubringen. Der nordrhein-westfälische | |
Familienminister Stamp (FDP) gab bekannt, die Elternbeiträge für den April | |
landesweit auszusetzen. Die Beiträge für die zweite März-Hälfte werden | |
jedoch sowohl in Brandenburg als auch in NRW rückwirkend nicht erlassen. | |
Der deutsche Kitaverband, ein Zusammenschluss der freien, nicht-kirchlichen | |
TrägerInnen, fordert eine Gleichbehandlung aller Eltern und TrägerInnen bei | |
der Erstattung von Elternbeiträgen. Andernfalls könnten manche | |
Einrichtungen eine weitere Betreuung nach dem 19. April nicht garantieren. | |
Rund zwei Drittel aller Kindertageseinrichtungen befinden sich in freier | |
TrägerInnenschaft – die meisten davon sind gemeinnützige Einrichtungen: Zu | |
den größten TrägerInnen gehören beispielsweise Arbeiterwohlfahrt, Caritas | |
und Deutsches Rotes Kreuz. | |
## Landen die BetreuerInnen am Ende auf dem Spargelfeld? | |
Die Kitas der Wohlfahrtsverbände sind am stärksten von ausfallenden | |
Beitragszahlungen betroffen: Aufgrund der Gemeinnützigkeit dürfen sie – | |
anders als kommerzielle TrägerInnen – kaum Rücklagen anhäufen und stehen | |
somit vor einem erhöhten Insolvenzrisiko. | |
Sie können nun aber zusätzlich zu den Unterstützungen von Ländern und | |
Kommunen auch Zuschüsse vom Bund erhalten: Das | |
Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) stellt die Verbände der freien | |
Wohlfahrtspflege nun unter den Corona-Schutzschirm der Bundesregierung. | |
Zuvor hatte die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege eine | |
Ausweitung der Absicherung von privatwirtschaftlichen Unternehmen auf | |
gemeinnützige Einrichtungen im Zuge der Corona-Krise gefordert. Der | |
Zuschuss des Bundes im Rahmen des SodEG beläuft sich auf 75 Prozent der | |
bisherigen durchschnittlichen Einnahmen des jeweiligen Leistungsträgers. | |
Im Gegenzug sollen die sozialen LeistungsträgerInnen „bei der | |
Krisenbewältigung mit den ihnen zur Verfügung stehenden Kapazitäten | |
unterstützen“, heißt es in einer Erklärung des Bundesministeriums für | |
Arbeit und Soziales. Laut einer Pressemitteilung zum Gesetzentwurf müssen | |
soziale Dienstleister und Einrichtungen „in geeignetem und zumutbaren | |
Umfang Arbeitskräfte, Räumlichkeiten und Sachmittel zur Verfügung stellen.“ | |
Wie diese Vorgaben jedoch konkret erfüllt werden sollen, ist noch unklar. | |
Gut möglich, dass ErzieherInnen nun im Supermarkt oder [3][auf dem | |
Spargelfeld] eingesetzt werden. | |
30 Mar 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Schwerpunkt-Coronavirus/!t5660746/ | |
[2] /Corona-Sorge-vor-haeuslicher-Gewalt/!5669124 | |
[3] /Wegen-Corona-Pandemie/!5670731 | |
## AUTOREN | |
Luisa Kuhn | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Kitas | |
Kinderbetreuung | |
Insolvenz | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Christian Drosten | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Schule während Coronakrise: Wenn nur noch WhatsApp weiterhilft | |
Eine Schule im sozialen Brennpunkt versucht, ihren Schülern mit | |
Fernunterricht weiter nah zu bleiben. Das ist gar nicht so leicht. | |
Grünen-Politikerin über Bildungspolitik: „Stapel von Arbeitsblättern“ | |
Margit Stumpp kritisiert die Digital-Strategie der Bildungsministerin. Für | |
Fortschritte sei mehr Geld nötig – und ein anderer Fokus. | |
Corona-Neuinfektionen in Deutschland: Grund für leichten Optimismus | |
Das Wachstum der Corona-Neuinfektionen verlangsamt sich weiter. Ein Grund | |
zur Entwarnung sind die Zahlen aber nicht. | |
Einkommenseinbußen durch Corona: Wie Länder in Europa Bürgern helfen | |
Europas Staaten ergreifen unterschiedliche Maßnahmen gegen die | |
wirtschaftlichen Folgen. Es regt sich Unmut. | |
Der Landkreis, wo alles begann: Heinsberg geht viral | |
Diskriminierung, Angst und Hilflosigkeit weichen Hoffnung: In Heinsberg | |
startete das Virus, dort zeichnet sich der Weg für uns alle ab. | |
Corona-Notbetreuung in Berlin: Wo sind all die Kinder hin? | |
Deutlich weniger Eltern als erwartet nehmen die Betreuung in Kitas und | |
Schulen in Anspruch. Die Lockerung des Zugangs ändert daran bisher wenig. | |
Strategiepapier des Innenministeriums: Schockwirkung erwünscht | |
Im Kampf gegen Corona setzt das Ministerium Horst Seehofers auf Massentests | |
und Tracking. Und auf eine härtere Kommunikationsstrategie. |