| # taz.de -- Kabinett beschließt Gesetzentwurf: Kindergrundsicherung im Kommen | |
| > Die Kindergrundsicherung ist vom Bundeskabinett verabschiedet worden. | |
| > Landkreise warnen vor einem kommenden „Verwaltungsdesaster“. | |
| Bild: Familienministerin Lisa Paus macht glückliche Miene zum mickrigen Spielc… | |
| Berlin taz Sie kommt, sie kommt nicht, sie kommt … jetzt kommt sie, | |
| jedenfalls in einem ersten Schritt: Der Gesetzentwurf zur | |
| [1][Kindergrundsicherung] wurde am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen. | |
| Es werde künftig „bessere, schnellere und direktere Leistungen für | |
| Familien“ geben, versprach Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) nach | |
| der Sitzung des Kabinetts. Das Gesetz, das ab Januar 2025 gelten soll, | |
| kommt im November in den Bundestag. | |
| Die Ampel-Koalition will mit der Kindergrundsicherung bisherige Leistungen | |
| wie das Kindergeld, das Bürgergeld für Kinder, den Kinderzuschlag für | |
| geringverdienende Eltern und teilweise auch Leistungen aus dem Bildungs- | |
| und Teilhabepaket unter dem Oberbegriff der „Kindergrundsicherung“ | |
| [2][zusammenfassen.] Neu einzurichtende „Familienservicestellen“ bei der | |
| Bundesagentur für Arbeit sollen die Kindergrundsicherung auszahlen. | |
| Die Kindergrundsicherung besteht dabei aus mehreren Unterleistungen. Das | |
| bisherige Kindergeld wird zum sogenannten „Garantiebetrag“ in der | |
| Kindergrundsicherung, den alle Familien wie bisher bekommen. Das Bürgergeld | |
| und der Kinderzuschlag werden in der Kindergrundsicherung hingegen künftig | |
| „Zusatzbetrag“ heißen und auch weiterhin einkommensabhängig bleiben. | |
| Die Kindergrundsicherung ergebe „auch materiell eine bessere Leistung“ | |
| sagte Paus am Mittwoch. Sie kündigte eine Neuberechnung des | |
| Existenzminimums für Kinder an, die nach bisherigen Schätzungen mindestens | |
| 20 bis 28 Euro mehr an monatlicher Leistung pro Kind für die | |
| Empfänger:innen des Kinderzusatzbetrags mit sich bringen könnte. | |
| ## Einkommen weniger strikt anrechnen | |
| Zudem schlagen die grundsätzlichen jährlichen Erhöhungen beim Bürgergeld, | |
| die alle Leistungsempfänger:innen betreffen, auch bei den | |
| Bezieher:innen des Zusatzbetrages zu Buche. Laut dem Gesetzentwurf | |
| sollen zudem Einkommen, auch Unterhaltszahlungen beim Bezug des | |
| Kinderzusatzbetrages weniger streng angerechnet werden als bisher beim | |
| Bürgergeld. | |
| Leistungen für die Kinder von Geflüchteten sollen durch das | |
| Gesetzesvorhaben allerdings gekürzt werden, denn sie werden entkoppelt von | |
| der Kindergrundsicherung. Damit fällt der sogenannte Sofortzuschlag von 20 | |
| Euro im Monat, den Kinder im Bezug von Bürgergeld und von | |
| Asylbewerberleistungen bisher gleichermaßen bekommen, für Flüchtlingskinder | |
| künftig weg. | |
| Das Kinderhilfswerk und über 20 andere zivilgesellschaftliche | |
| Organisationen [3][kritisierten dies.] Die Kinderrechtskonvention verbiete | |
| eine „Diskriminierung von Kindern aufgrund von Herkunft und | |
| Aufenthaltsstatus“, erklärten die Organisationen, darunter die Diakonie, | |
| der AWO-Bundesverband und die Gewerkschaft GEW. | |
| ## „Verwaltungsdesaster“? | |
| Dadurch, dass auch Familien im Bürgergeldbezug künftig die Leistungen für | |
| ihre Kinder von einer „Familienservicestelle“ bekommen und nicht mehr vom | |
| Jobcenter, befreie man Eltern und Kinder von Stigmatisierung, sagte Paus. | |
| Der Deutsche Landkreistag warnte jedoch vor einem „Verwaltungsdesaster“. | |
| Der Gesetzentwurf führe zu Doppelstrukturen, erklärte | |
| Landkreistag-Präsident Reinhard Sager. Während die Familienservicestellen | |
| bei der Bundesagentur für Arbeit künftig den Zusatzbetrag auszahlen sollen, | |
| sind die Jobcenter weiterhin für Eltern im Bürgergeldbezug und auch für | |
| Mehrbedarfe der Kinder zuständig. | |
| Einige Leistungen aus dem Bildungspaket, wie etwa Schulessen und | |
| Vereinsgebühren, werden zudem mancherorts von den Jobcentern im Auftrag der | |
| Kommunen ausgezahlt. | |
| ## Zustimmung der Länder erforderlich | |
| Der Gesetzentwurf braucht die Zustimmung des Bundesrats und damit auch die | |
| Stimmen der unionsgeführten Länder. Die bayrische Sozialministerin Ulrike | |
| Scharf (CSU) bezeichnete den Entwurf bereits als „Bürokratieungeheuer“. | |
| Der Kinderzusatzbetrag der Kindergrundsicherung soll laut Paus insgesamt | |
| rund 5,6 Millionen Kinder und Jugendliche erreichen. Die Mehrkosten werden | |
| im Jahre 2025 auf 2,4 Milliarden Euro geschätzt, wovon rund 400 Millionen | |
| Euro für den Verwaltungsaufwand eingeplant sind. Die jährlichen Mehrkosten | |
| könnten bis 2028 auf fast sechs Milliarden Euro steigen, wenn die Zahl der | |
| Leistungsempfänger zunimmt. | |
| 27 Sep 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/gesetze/gesetz-zur-einfuehrung-einer-k… | |
| [2] /Kindergrundsicherung-der-Ampel-Koalition/!5952885 | |
| [3] https://www.dkhw.de/presse/pressemitteilungen/presse-details/alle-kinder-ha… | |
| ## AUTOREN | |
| Barbara Dribbusch | |
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