# taz.de -- Jahrestag des Klimaabkommens: Toxische Investitionen heizen an | |
> Die Finanzbranche ist weit davon entfernt, ihre Geschäfte an die Pariser | |
> Klimaziele anzupassen. Das zeigt ein Bericht zum 5. Jahrestag des | |
> Abkommens. | |
Bild: Wenn hier investiert wird, fallen die Klimaziele: Vaca Muerta, Argentinien | |
BERLIN TAZ Zwölf der weltweit verheerendsten Kohle-, Öl- und Gasprojekte | |
werden drei Viertel des Kohlenstoffbudgets verbrauchen, das der Erde | |
bleibt, wenn die globale Erwärmung auf 1,5 Grad begrenzt werden soll. Dass | |
[1][18 Umweltorganisationen dieses Ergebnis einer Untersuchung] am | |
Donnerstag präsentierten, ist kein Zufall: Sie wollten auf den fünften | |
Jahrestag des Pariser Klimaabkommens aufmerksam machen. | |
Und darauf, dass sich trotz Paris zu wenig getan hat, um den Untergang des | |
Planeten zu verhindern. Am 12. Dezember 2015 hatten sich 195 Staaten | |
verpflichtet, [2][die Erderwärmung auf „deutlich unter 2 Grad“ zu | |
begrenzen], um unumkehrbare Effekte durch das Überschreiten sogenannter | |
Kipppunkte zu verhindern. | |
Die Ergebnisse der „Five Years Lost“ (5 verlorene Jahre) genannten | |
Untersuchung sind jedoch ernüchternd: Zwar würden Banken und Investoren | |
dauernd neue Ausschlussrichtlinien und Nachhaltigkeitsverpflichtungen | |
veröffentlichen. | |
Das Divestment, also der Ausstieg aus der Finanzierung klimaschädlicher | |
Projekte, sei jedoch völlig ungenügend. Faktisch zeige die Untersuchung, | |
„dass die Finanzbranche weit davon entfernt ist, ihr Geschäftsmodell an das | |
Pariser Abkommen anzupassen“. | |
## Großprojekte in China, Bangladesch oder Indien | |
Das Kapital sucht sich nämlich weiter seinen Weg: Die zwölf von den NGOs | |
identifizierten Großprojekte würden nämlich mindestens 175 Gigatonnen | |
zusätzliches CO2 ausstoßen, wenn sie wie beabsichtigt ausgebaut werden. Das | |
entspreche 75 Prozent des verbleibenden Kohlenstoffbudgets von 235 | |
Gigatonnen, um die globale Erwärmung mit einer Wahrscheinlichkeit von 66 | |
Prozent auf 1,5 Grad zu begrenzen. | |
„Neue Kohle-, Öl- und Gasquellen zu erschließen, obwohl wir den Klimawandel | |
bereits am eigenen Leibe erfahren, ist völlig verrückt“, sagte Katrin | |
Ganswindt von Urgewald. | |
Beispiel Vaca Muerta in Argentinien: Die Ausbeutung eines Gas- und Ölfelds | |
soll dem krisengeplagten Land durch Exporte neue Einnahmen erschließen. Bis | |
2027 sollen die Ausfuhren der Fossilen den Wert von 37 Milliarden Dollar | |
erreichen, mehr als durch Fleisch oder Soja. | |
Problem: Bei vollständiger Nutzung der Energiequellen würden dann bis zur | |
Hälfte der derzeitigen CO2-Emissionen Argentiniens produziert werden. | |
Kostenpunkt: 20 Milliarden Dollar jährlich, finanziert unter anderem von | |
JPMorgan Chase, Citigroup und BNP Paribas. | |
Gleich achtmal so viele Treibhausgasinvestitionen, nämlich 64,1 Gigatonnen | |
CO2-Äquivalente, könnten durch den Abbau von 20 Milliarden Barrel Öl im | |
Permian Basin in Texas und New Mexico freigesetzt werden. Geld dafür geben | |
laut dem Bericht: Blackrock und die Bank of America, aber auch die deutsche | |
Allianz-Versicherung hat fast 5 Milliarden Dollar investiert. | |
Ähnlich toxische Investitionen für das Weltklima sind laut Bericht auch in | |
Mosambik, Suriname, Bangladesch, China und Indien geplant. Die größten | |
Investoren hinter den Projekten sind BlackRock, Vanguard und StateStreet, | |
die Deutsche Bank liegt mit 10,4 Milliarden Dollar von 2016 bis 2020 auf | |
dem weltweit 19. Platz. | |
Anlässlich des Jahrestags von Paris haben Klimaaktivist:innen weltweit zu | |
Protesten aufgerufen. Bereits an diesem Freitag protestiert Fridays for | |
Future in 30 deutschen Städten unter dem Motto „FightFor1Point5“. | |
Am Samstag sind Aktionen in den Braunkohlerevieren geplant. Im Rheinland | |
ist das vom Abriss durch RWE bedrohte Dorf Lützerath im Fokus der Aktionen. | |
„RWE pocht auf die Einhaltung von Verträgen“, sagte David Dresen aus dem | |
ebenfalls bedrohten Dorf Kuckum. „Doch das Pariser Klimaabkommen ist der | |
Vertrag, der hier gebrochen wird – und dieser Vertragsbruch bedroht unser | |
aller Leben.“ | |
10 Dec 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://urgewald.org/sites/default/files/media-files/FiveYearsLostReport.pdf | |
[2] /Klimaschutz-und-Fridays-for-Future/!5711818 | |
## AUTOREN | |
Kai Schöneberg | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Öl | |
Banken | |
Deutsche Bank | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Pariser Abkommen | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Energiewende | |
Unep | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
NGO wertet Investitionen aus: Banken hängen an der Kohle | |
Geldhäuser aus China, den USA und Japan liegen im Ranking zwar vorne. Aber | |
auch deutsche Institute investieren weiter. | |
Deutsche Bank macht wieder Gewinn: Erste schwarze Zahlen seit Jahren | |
Nur mit Hilfe des Investmentbankings macht die Deutsche Bank 2020 Gewinn. | |
Analysten kritisieren, dass dieses Geschäftsfeld wieder so wichtig ist. | |
Schutz der Meere: Rettet Ozean und Klima | |
Die Weltmeere regulieren das Klima, sie geraten aber zunehmend selbst in | |
Not. Sie zu schützen, zahlt sich ökologisch und ökonomisch langfristig aus. | |
5 Jahre Pariser Klimaschutzabkommen: Papiertiger mit Biss | |
Ob das Pariser Abkommen Erfolg hat, entscheiden die nächsten Jahre. Klar | |
wird: Klimaschutz braucht Demokratie. | |
55 Prozent weniger Treibhausgas bis 2030: EU verschärft Klimaziel | |
Die Treibhausgasemissionen müssen bis 2030 um 55 Prozent unter dem Ausstoß | |
von 1990 liegen, vereinbart der EU-Gipfel. Umweltschützer fordern mehr. | |
Weniger Verkehr durch Pandemie: Corona bremst Emissionen | |
Homeoffice und Reisebeschränkungen sei Dank: Der Verkehr hat 2020 weniger | |
zur Klimakrise beigetragen als 2019. Nachhaltig ist das Minus aber nicht. | |
Klimaziel für 2020 in Berlin erreicht: Die 40 Prozent sind geknackt | |
Gute Nachrichten aus dem Statistikamt: Der CO2-Ausstoß in Berlin ist | |
stärker gesunken als vorgeschrieben. Allerdings reicht das noch lange nicht | |
aus. | |
Emissionsreport zu Erderhitzung: Richtung 3 Grad | |
Der Emission Gap Report des Unep zeigt, dass bisherige Maßnahmen nicht | |
ausreichen, um das 2-Grad-Ziel zu schaffen. Die Pandemie könnte das ändern. |