# taz.de -- Israelischer Diplomat über Nahostplan: „Es herrscht die reine Ma… | |
> In Trumps Plan für Israel und Palästina sieht der Diplomat Ilan Baruch | |
> einen Paradigmenwechsel. Er warnt vor einer Annexion palästinensischer | |
> Gebiete. | |
Bild: Formell noch in Palästina: Ein Palästinenser demonstriert am Mittwoch i… | |
taz: Herr Baruch, überraschend spricht der von US-Präsident Trump und | |
Israels Premier Netanjahu vorgestellte [1][Nahost-Plan] nun doch von einer | |
Zweistaatenlösung für Israel und Palästina. Worauf läuft das hinaus? | |
Ilan Baruch: Der Vorschlag basiert auf einer Rede Netanjahus im Juni 2009, | |
in der er erklärte, dass Israel keine große palästinensische Gemeinde | |
regieren wolle, die innerhalb des jüdischen Landes lebt. Das ist die | |
Grundlage für seine Vorstellung einer Zweistaatenlösung. Demnach haben die | |
Palästinenser keine indigenen Rechte im Land, aber als pragmatische Lösung | |
sollen sie eine begrenzt eigenständige Regierung haben in jenen Gebieten, | |
in denen sie die Sicherheit Israels nicht gefährden. Dies steht im | |
Gegensatz zu der Vorstellung von „unveräußerlichen Rechten“, die den | |
Palästinensern als indigenem Volk im UN-Sprachgebrauch zugesprochen werden. | |
Wenn Sie Trumps Vorschlag mit früheren Friedensinitiativen vergleichen, was | |
stellen Sie fest? | |
Nehmen wir den Oslo-Prozess als Vergleich. Die Palästinenser waren mit | |
Israel damals auf Augenhöhe. Das erste Oslo-Abkommen von 1993 befasst sich | |
mit der gegenseitigen Anerkennung. Es diente einer „Parität der | |
Wertschätzung“, wie man auch sagt. Das Abkommen zwischen Trump und | |
Netanjahu kennt keinen palästinensischen Partner. Die Palästinenser | |
genießen keine Wertschätzung, geschweige denn Parität. | |
Die Palästinenser haben den Vorschlag der Trump-Administration abgelehnt, | |
[2][viele gehen aus Protest auf die Straße]. Was können sie darüber hinaus | |
noch tun? | |
Wir müssen die Situation in Palästina beobachten, wo die jüngere Generation | |
beginnt, die Legitimität von Mahmud Abbas und der alten Garde infrage zu | |
stellen, die sich zu gewaltfreien, hauptsächlich diplomatischen | |
Anstrengungen bekennt. Die jungen Palästinenser könnten in einen inneren | |
Konflikt getrieben werden, der in Gewalt enden könnte. Aber das ist | |
Spekulation. Wir müssen sehen, was kommt, besonders wenn die Annexion der | |
Siedlungen und des Jordantals in der Knesset diskutiert und rechtmäßig | |
wird. Das wäre irreversibel und könnte zu einer Reaktion der | |
palästinensischen Straße führen. | |
Viele Gebiete, die nun annektiert werden sollen, stehen ohnehin schon unter | |
israelischer Kontrolle. Was würde eine offizielle Annexion denn ändern? | |
Resolution 2334 des UN-Sicherheitsrats vom Dezember 2016 gab Anlass zur | |
Hoffnung, dass die internationale Gemeinschaft darauf besteht, die | |
grundlegenden Bedingungen für ein ausgehandeltes Friedensabkommen | |
beizubehalten – auf der Grundlage der Beendigung der Besatzung und der | |
Schaffung eines lebensfähigen, unabhängigen Staates Palästina auf Basis der | |
Grenzen von 1967 und mit Ostjerusalem als Hauptstadt. All das ist nun | |
vorbei. Wir erleben einen Paradigmenwechsel. Es herrscht die reine Macht. | |
Sobald Israel Teile des Plans umsetzt, gibt es kein Zurück mehr. | |
Was erwarten Sie von der internationalen Gemeinschaft? | |
Bislang haben Brüssel und andere Regierungen darauf gewartet, was die | |
Trump-Regierung vorschlagen würde. Jetzt, wo wir die katastrophalen | |
Ergebnisse sehen, hängt alles davon ab, wie stark die Aufmerksamkeit auf | |
die Situation in Israel und Palästina gerichtet sein wird. Ein Mangel an | |
europäischem Mut, sich gegen die Amerikaner zu behaupten und das Abkommen | |
zurückzudrängen, könnte dazu führen, dass Israel am Ende die Gewinne | |
einfährt und Palästina mit einer tragischen Niederlage dasteht. | |
30 Jan 2020 | |
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## AUTOREN | |
Jannis Hagmann | |
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