# taz.de -- „Innovationscampus“ in Spandau: Furcht vor Verdichtung | |
> Bei einer Bürgerbeteiligungsveranstaltung bekommen die Pläne zur neuen | |
> Siemensstadt wenig Gegenwind. Anwohner fürchten vor allem mehr Verkehr. | |
Bild: Cedrik Neike (links), Mitglied des Vorstands der Siemens AG, und Michael … | |
Eine „Stadt der Zukunft“ soll sie werden, „innovativ, digital und | |
ökologisch“, mit einer „Strahlkraft weit über Berlin hinaus“ – wenn S… | |
und Konzernvertreter*innen zusammenkommen, um über den von Siemens | |
geplanten neuen Stadtteil in Spandau zu sprechen, scheint kaum eine | |
Formulierung groß genug. | |
Organisiert von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen wurde | |
am Dienstagabend während einer Online-Dialogveranstaltung der aktuelle | |
Stand der Planung der Siemensstadt 2.0 präsentiert. Interessierte | |
Bürger*innen konnten Fragen stellen und Einwände äußern. Die | |
Dialogveranstaltung fand im Rahmen der „frühzeitigen Bürgerbeteiligung“ | |
statt, die im Planungsrecht vorgesehen ist. Vorgesehen ist, bis 2022 die | |
rechtlichen und planerischen Grundlagen zu schaffen, um dann mit den | |
Bauarbeiten zu beginnen. Bis dahin wird es auch immer wieder | |
Beteiligungsformate zu den einzelnen Planungsabschnitten geben. Mit einer | |
Fertigstellung ist laut Siemens nicht vor 2030 zu rechnen. | |
Siemens plant, ein über 70 Hektar großes, bisher als reines Werksgelände | |
genutztes Areal zu einem futuristischen „Innovations-Campus“ umzubauen, das | |
Forschung, Produktion und Wohnen miteinander vereint. Starken Gegenwind | |
bekam das Großprojekt in der Dialogveranstaltung nicht. Sorgen gab es vor | |
allem wegen der hohen Verdichtung, die für den Bezirk ungewohnt ist. Die | |
unmittelbare Nähe von Industrieproduktion, stark befahrenen Straßen und der | |
S-Bahn sei „gesunden Wohn- und Lebensverhältnissen nicht zuträglich“, so | |
Anwohner Volker Hormann. Er vermutet hinter der hohen Baudichte eher | |
Profitinteresse als eine sinnvolle Umsetzung von integrierten Arbeiten und | |
Wohnen. | |
Weitere Sorgen bezogen sich auf die ohnehin schon ausgelasteten | |
Zufahrtsstraßen, die mit Vollendung des neuen Stadtteils zu überlasten | |
drohen. Siemens-Manager Melcher erwiderte, dass in zehn Jahren die | |
Verkehrswende so weit fortgeschritten sei, sodass man sich über verstopfte | |
Zufahrtsstraßen keine Sorgen machen müsse. So ganz scheint man bei Siemens | |
auf die Verkehrswende nicht zu vertrauen, denn in dem vorgestellten | |
Rahmenplan sind auch viele Parkhäuser vorgesehen. Auch von „autofrei“ will | |
man nichts mehr hören, stattdessen formuliert Melcher vorsichtig: | |
„Motorisierter Individualverkehr wird nicht im Vordergrund stehen.“ | |
Dabei hat der Senat Siemens versprochen, die 1980 stillgelegte Siemensbahn | |
wieder zu reaktivieren. Die Kosten dafür dürften sich Schätzungen zufolge | |
in ähnlichen Sphären wie die mit 600 Millionen Euro veranschlagte | |
Investitionssumme des Großkonzerns bewegen. Wie „innovativ, digital und | |
ökologisch“ die Siemensstadt tatsächlich wird, wird sich also noch zeigen | |
müssen. | |
29 Oct 2020 | |
## AUTOREN | |
Jonas Wahmkow | |
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