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# taz.de -- Hunger in Syrien: Nur noch Brot und Tee
> Die Kämpfe in Syrien sind großteils beendet. Doch die Lage der Menschen
> im Land bleibt dramatisch. Das hängt auch mit der Libanonkrise zusammen.
Bild: 60 Prozent der Bevölkerung hat Schwierigkeiten, täglich genug Essen auf…
Kairo taz | Syrien ist weitgehend aus den Schlagzeilen verschwunden. Bis
auf Teile im Norden des Landes, die noch von Rebellen sowie von kurdischen
Kräften kontrolliert werden, herrscht das Regime von Präsident Baschar
al-Assad mit Hilfe Russlands und Irans wieder über das Land. Doch mit dem
Ende eines großen Teils der Kampfhandlungen ist das Elend der Bevölkerung
nicht vorüber. Laut einer [1][Studie des UN-Welternährungsprogramms (WFP)]
hat sich die wirtschaftliche und soziale Lage im letzten Jahr sogar noch
verschlechtert.
Eine Rekordzahl von 12,4 Millionen Syrern – 60 Prozent der Bevölkerung –
haben Schwierigkeiten, täglich genug Essen auf den Tisch zu bringen. Allein
im vergangenen Jahr ist diese Zahl um 4,5 Millionen Menschen gestiegen. Sie
gelten im UN-Fachjargon als „food insecure“.
Alarmierend ist auch, dass die Zahl derjenigen, die für ihr Überleben
komplett von UN-Nahrungsmittel-Hilfslieferungen abhängig sind, sich im
letzten Jahr auf 1,3 Millionen Menschen verdoppelt hat. Weitere 1,8
Millionen Menschen sind in Gefahr, in diese Kategorie abzurutschen.
In den [2][zehn Jahren], die der Syrienkonflikt nun andauert, war die
Nahrungsmittelsituation noch nie so angespannt wie heute. „Neben dem
militärischen Konflikt ist zum größten Teil die Bankenkrise im benachbarten
Libanon für die steigenden Zahlen verantwortlich“, erklärt Corinne
Fleischer gegenüber der taz, „dadurch hat sich der Wechselkurs der
Syrischen Lira verdreifacht.“ Entsprechend stiegen die Preise für
Importprodukte. Die Schweizerin weiß, wovon sie spricht. Bis vor Kurzem
leitete sie die Aktivitäten des Welternährungsprogramms in Syrien. Heute
ist sie WFP-Regionaldirektorin für den Nahen Osten und Nordafrika.
## Geldquellen versiegen
Neben Krieg und Bankenkrise macht vielen Syrern auch die
[3][Coronapandemie] sowie der Verlust von Arbeit und Einkommen zu schaffen,
erläutert Fleischer. Fast 50 Prozent der Menschen in Syrien berichten, dass
sie eine oder mehrere Einkommensquellen seit Ausbruch der Pandemie verloren
haben. „Läden lagern weniger Nahrungsmittel, weil die Menschen weniger
kaufen, das führt dazu, dass weniger produziert wird und noch mehr Menschen
ihre Arbeit verlieren.“
In der WFP-Studie heißt es: „Eltern müssen verzweifelte Entscheidungen
treffen, selbst weniger zu essen, damit genug für die Kinder vorhanden ist,
sich verschulden oder ihr Vieh verkaufen, um genug Geld zur Verfügung zu
haben.“ Die Menschen würden weniger essen, ließen Mahlzeiten ausfallen oder
kauften nur noch Grundnahrungsmittel, also weder Obst noch Milch oder
Fleisch, erläutert Fleischer. „Am Schluss werden die Menschen in Syrien nur
noch Brot kaufen und Tee trinken.“
Derweil ist das UN-Welternährungsprogramm in der Region nicht nur für
Syrien zuständig. Auch im Jemen ist die Not groß. Insgesamt werden 30
Millionen Menschen in der Region unterstützt. Das Budget jedoch ist
angespannt, „denn die meisten Geberländer sind wegen der Pandemie mit
Unterstützungszahlungen für ihre eigenen Bevölkerungen beschäftigt“, sagt
Fleischer. Für das nächste halbe Jahr benötige ihre Organisation allein 920
Millionen US-Dollar, um die Menschen in Syrien und Jemen über Wasser zu
halten.
23 Feb 2021
## LINKS
[1] https://www.wfp.org/news/twelve-million-syrians-now-grip-hunger-worn-down-c…
[2] /Arabischer-Fruehling-in-Syrien/!5734007
[3] /Schwerpunkt-Coronavirus/!t5660746
## AUTOREN
Karim El-Gawhary
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