| # taz.de -- Haushaltsplan von CDU und SPD: Straßen sanieren, Kultur rasieren | |
| > Der Aufschrei über den Haushaltsentwurf ist bisher klein geblieben. Mehr | |
| > Geld gibt es für Infrastruktur und Polizei, weniger für Kultur und | |
| > Bildung. | |
| Bild: Ist das schon die Zukunftsidee? | |
| Berlin taz | Insgesamt 8.000 Seiten stark ist der Entwurf für den | |
| Doppelhaushalt 2026/2027, der seit Freitag öffentlich ist. Unter Bergen von | |
| Zahlen verstecken sich darin die Prioritäten des schwarz-roten Senats | |
| ebenso wie die Bereiche, die er für überfinanziert oder gar überflüssig | |
| hält. Auf der einen Seite stehen Mehrausgaben etwa für den Bereich Inneres | |
| und die Sanierung von Straßen und Brücken. Weiter gespart wird dagegen bei | |
| Kultur, Bildung, Klimaschutz oder ÖPNV-Infrastruktur. | |
| [1][Mit 43,8 Milliarden Euro für 2026 und 44,6 Milliarden für 2027 steht | |
| dabei so viel Geld zur Verfügung wie nie zuvor]. Noch 2020 waren es mehr | |
| als 10 Milliarden weniger. | |
| Dass der Haufen anwächst, vor allem auch im Vergleich zu noch im März | |
| kolportierten deutlich niedrigeren Eckwerten, hat gleich mehrere Ursachen: | |
| Zum einen fiel die jüngste Steuerschätzung besser aus als erwartet, zum | |
| anderen bekommt Berlin mehr Bundesmittel: etwa aus dem | |
| Investitionssondervermögen sowie unerwartete Kompensationen für Maßnahmen | |
| des Bundes, die zu Einnahmeverlusten der Länder führen. Hinzu kommt die | |
| Möglichkeit, trotz Schuldenbremse neue Kredite aufzunehmen. | |
| Dass es dennoch zu Einsparungen quer durch die Ressorts kommt, liegt vor | |
| allem daran, dass ein Großteil der zusätzlichen Gelder in steigende | |
| Personalkosten fließt. So hatten etwa die 16.000 Beschäftigten der BVG im | |
| Frühjahr eine [2][Erhöhung ihrer Einkommen um 430 Euro monatlich | |
| herausgehandelt]. Ein Großteil der 100 Millionen Euro, die die | |
| Verkehrsbetriebe mehr erhalten sollen, wird in die Gehälter fließen. | |
| Weniger Geld bleibt dann etwa für die Planung von Neubauvorhaben übrig. | |
| ## Ein „chaotisches Verfahren“ | |
| Im Vergleich zu der Kürzungsorgie des letzten Haushalts geht es diesmal | |
| eher moderat zu. Verlierer gibt es dennoch genügend. Zu Wort gemeldet hat | |
| sich bisher etwa die Verbraucherzentrale, die circa ein Drittel ihrer | |
| Mittel und die Stellen von 40 Prozent des Personals gefährdet sieht. Auch | |
| der Tierschutz sei elementar gefährdet, warnt die Linksfraktion. Bislang | |
| aber ist das Konzert der Entrüsteten noch nicht so vielstimmig, was | |
| vielleicht auch an der Sommerpause liegt. | |
| Einer, der sich schon zu Wort meldet, ist André Schulze, | |
| haushaltspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. Gegenüber der taz | |
| spricht er von einem „chaotischen Verfahren“ seit der ersten Ankündigung | |
| zum Haushalt im März. Verhältnismäßig gut schnitten jetzt die Ressorts ab, | |
| die „am lautesten gemeckert“ hätten. Schulze sagt: „Eine gemeinsame Visi… | |
| fehlt dem Haushalt völlig.“ | |
| Berlin nutze seine Möglichkeiten, aus dem Sondervermögen des Bundes zu | |
| investieren, vor allem dazu, Straßen und Brücken zu bauen, etwas Geld | |
| fließe zudem in Krankenhäuser. Was dagegen fehlt: Investitionen in den | |
| öffentlichen Personennahverkehr, in Wissenschaft, Kultur sowie den Jugend- | |
| und Bildungsbereich, wie Schulze kritisiert. | |
| ## Schwächung des Parlaments? | |
| Im Bildungsbereich hat sich bereits kurz nach Bekanntwerden des | |
| Haushaltsentwurfs Protest formiert – aber nicht nur in der Opposition, | |
| sondern auch in der SPD-Fraktion. Die spricht in einer Pressemitteilung von | |
| einem „Angriff auf außerschulische Bildung“. Kern der Kritik ist, was sich | |
| zunächst nach einer Formalie anhört: Im aktuellen Entwurf habe | |
| Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) nicht mehr einzelne zu | |
| fördernde Projekte benannt, sondern sogenannte „Themen-Töpfe“ gebildet, in | |
| denen die Förderungen für verschiedene Projekte zusammengefasst sind. | |
| Die SPD-Fraktion sieht darin eine Schwächung des Parlaments zugunsten der | |
| Senatsbildungsverwaltung. Denn Haushalte werden vom Parlament | |
| verabschiedet. Doch nun, so fürchtet die SPD-Fraktion, könnte die | |
| Bildungssenatorin künftig im Alleingang die Förderung von Projekten | |
| streichen, wenn sie ihr politisch nicht in den Kram passen. | |
| Tatsächlich hatte die Bildungssenatorin im Zusammenhang mit dem wohl wegen | |
| seiner Homosexualität gemobbten Grundschullehrer Oziel Inácio-Stech [3][von | |
| einem „Dickicht“ gesprochen], das es etwa an Beschwerdestrukturen gebe – | |
| und damit angekündigt, aufzuräumen. Auch betont die Senatorin gerne, dass | |
| ihr das „Lesen, Schreiben, Rechnen“ wichtig ist. Was dabei herunterfällt, | |
| sind laut der bildungspolitischen Sprecherin der Linksfraktion etwa die | |
| politische, queere oder kulturelle Bildung, die Sprachförderung für | |
| Geflüchtete oder die Antisemitismusprävention. Viele Zuwendungen in dem | |
| Bereich würden „komplett gestrichen“, so Franziska Brychcy. | |
| „Die Politik der CDU setzt sich fort: Die Schwächsten haben keine Lobby, | |
| während Politik für die Gymnasien gemacht wird“, sagt Brychcy weiter. Fatal | |
| sei, dass trotz steigender Schüler:innenzahlen im Jahr 2026 zunächst | |
| 60 Millionen Euro weniger für die Bildung eingeplant sind, bevor der Etat | |
| dann 2027 wieder leicht steigt. Vor allem stört sie aber der „soziale | |
| Kahlschlag“ gegen all die Projekte, die der CDU nicht in den Kram passen. | |
| „Das ist vor allem absurd, weil es hier oft um kleine Fördersummen geht. | |
| Das wäre vermeidbar gewesen“, so Brychcy. | |
| ## Abgeordnetenhaus entscheidet | |
| Dieses Muster setzt sich auch in der Kultur fort. Die ist ohnehin ein | |
| großer Verlierer, wie schon beim Haushalt 2025. Nach 130 Millionen Euro in | |
| diesem Jahr soll der Etat um weitere 90 Millionen reduziert werden. Zwar | |
| werden auch hier Tarifsteigerungen finanziert, gleichzeitig aber sinken die | |
| Etats der großen Bühnen um etwa 3 Prozent. Am härtesten trifft es | |
| allerdings die Freie Szene: zusammengestutzt wird etwa das | |
| Arbeitsraumprogramm für Künstler:innen. | |
| Laut Senat verfolgt der Haushaltsentwurf das Ziel, „durch klare | |
| Prioritätensetzung die Handlungsfähigkeit des Landes auch unter engen | |
| finanziellen Spielräumen zu gewährleisten und Berlin zukunftsfest | |
| aufzustellen“. | |
| Auf Anfrage der taz nennt ein Sprecher der Finanzverwaltung als erste | |
| Priorität den Bereich Innere Sicherheit mit Investitionen in Bodycams, | |
| Videoüberwachung und Sanierung von Polizeiwachen. Daneben liege der | |
| Schwerpunkt auf einer „umfassenden Sanierung von Straßen und Brücken“. In | |
| Stein gemeißelt sind diese Pläne noch nicht: Erst kurz vor Weihnachten soll | |
| das Abgeordnetenhaus den Plan verabschieden. Und Ende des kommenden Jahres | |
| könnte ein neuer Senat mit einem Nachtragshaushalt die Pläne bereits wieder | |
| umwerfen. | |
| 25 Aug 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Berliner-Landeshaushalt-2026-und-2027/!6098982 | |
| [2] /Einigung-im-BVG-Tarifstreit/!6081708 | |
| [3] /Carl-Bolle-Grundschule-in-Berlin/!6088704 | |
| ## AUTOREN | |
| Timm Kühn | |
| Erik Peter | |
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