# taz.de -- Happy Birthday, „Simpsons“: Die gelbste Serie der Welt | |
> Vor 30 Jahren sind Homer, Marge & Co. auf Sendung gegangen. Damit | |
> etablierten sie das Format Zeichentrick auch für Erwachsene. | |
Bild: 1989 erschien die erste Folge mit den „Simpsons“ im (und vorm) TV | |
Seltsam, wie die Zeit vergeht. Eben war noch 1989, nun ist schon fast 2020. | |
Vor 30 Jahren fiel nicht nur die Mauer, am 17. Dezember 1989 wurde auch die | |
erste Episode von „[1][Die Simpsons]“ auf dem US-Sender Fox gesendet. | |
Mittlerweile sind es 671 Episoden geworden. | |
Eigentlich hatte alles schon ein bisschen früher begonnen, im April 1987, | |
mit den 48 Kurzauftritten – vor und nach der Werbung – in der Show der | |
Komödiantin Tracey Ullman. In Deutschland gingen „Die Simpsons“ ab | |
September 1991 im [2][ZDF] auf Sendung; seit 1994 sind sie bei | |
[3][ProSieben] zu sehen. Während zurzeit in den USA die 31. Staffel läuft, | |
läuft hier die 30. | |
„[4][Die Simpsons]“ wurden in 71 Ländern ausgestrahlt. Unter anderem auch | |
im arabischen Raum – ohne Bier und Moe. 1997 überholten „Die Simpsons“ d… | |
„Flintstones“, als bis dahin am längsten gesendete US-TV-Serie. 2007 kam | |
der „Simpsons“-Film mit guten Kritiken in die Kinos und spielte umgerechnet | |
473 Millionen Euro ein. Es gibt acht „Simpsons“-Videospiele und allen | |
möglichen Krimskrams. Allein mit Fanartikeln haben die „Simpsons“ mehr als | |
4,9 Milliarden Euro verdient. | |
In den Neunzigern waren die „Simpsons“ so groß wie die Beatles sozusagen, | |
die auch ihre Gastauftritte hatten. Bis zur zehnten Staffel erhielten die | |
sechs Originalsprecher jeweils 27.000 Euro pro Episode. 2011 waren es | |
36.000 Euro. Danach wurden die Honorare wieder kleiner. | |
## Liz Taylor sprach Maggies erste Worte | |
Die „Simpsons“, die seit der Einführung von HD noch bunter geworden sind, | |
wenden sich mit zahllosen doppelbödigen Zitaten aus Politik, Gesellschaft, | |
Pop- und Hochkultur an alle Altersgruppen und bereiteten den Boden für | |
Serien wie „[5][Beavis and Butt-Head]“, „[6][South Park]“ und „Futura… | |
Es gab Crossover-Episoden mit vier anderen erfolgreichen Fernsehshows, | |
Marge Simpson als Covergirl des Playboy (2009), berühmte Gaststars, wie | |
[7][Liz Taylor], die das erste Wort von Maggie sprach, und [8][Barack | |
Obama]. | |
Am Ende der Verwertungskette stehen Schriftsteller wie Falko Hennig, die | |
Vorträge über die psychedelischen „Simpsons“ etwa halten. Seit den | |
„Simpsons“ geht man jedenfalls nicht mehr davon aus, dass sich nur Kinder | |
Zeichentrickserien angucken. Zum 30. Jubiläum der „Simpsons“ ist das Buch | |
„Springfield Condidential“ von Mike Reiss und Matthew Klickstein | |
erschienen. | |
Reiss hat 28 Jahre als Autor für „Die Simpsons“ gearbeitet und war zusammen | |
mit Al Jean Showrunner der vierten Staffel, Klickstein ist Autor und | |
Filmemacher mit eklektischem Œuvre. Das fast 400-seitige „inoffizielle | |
Fanbuch“ erzählt unterhaltsam die Hinter-den-Kulissen-Geschichte der | |
„gelbsten Serie der Welt“ als Berufsgeschichte von Mike Reiss und ist, wie | |
die einzelnen „Simpsons“-Episoden, in vier Akte aufgebaut: „Exposition, | |
Durchführung, Auflösung und Schlussakt“. | |
Man liest das Buch wie eine Making-of-Film-Dokumentation über eine | |
vertraute Gegend, aus einer bestimmten Perspektive, mit blinden Flecken. | |
Über das Wirtschaftsimperium der „Simpsons“ erfährt man nur Allgemeines, | |
die Gehälter der Sprecher muss man selber recherchieren. | |
## Matt Groening und der vergessene Vater | |
Der Aufbau der Serie, den man als gewöhnlicher Zuschauer kaum noch | |
wahrnimmt, wird akribisch beschrieben – vor allem geht es auch um den | |
kollektiven Charakter der Arbeit. Es ist ja nicht so, dass [9][Matt | |
Groening] allein der Schöpfer der „Simpsons“ ist: „Es ist eine Serie mit… | |
Autoren, Dutzenden von Animationen, 47 Produzenten, zehn mehr oder weniger | |
regelmäßigen Sprechern.“ | |
Das Buch zeichnet ein positives Bild; eigentlich gibt es nur einen braunen | |
Fleck an der Banane, allerdings schon ganz am Anfang, als Matt Groening von | |
der Presse als Vater der Serie gefeiert und Sam Simon (bis heute in den | |
meisten Texten) vergessen wurde, weil das ein besseres Narrativ war. | |
So gab die Story mehr her: „Fernsehunterhaltung neu erfunden von | |
Underground-Cartoonisten, der mit sämtlichen Regeln bricht“, klingt besser | |
als „Fernsehunterhaltung neu erfunden von Underground-Cartoonisten, der mit | |
sämtlichen Regeln bricht, und einem altgedienten Produzenten“. | |
[10][Sam Simon], der sämtliche „Simpsons“-Autoren ausgesucht, sämtliche | |
Storys ausgearbeitet, sämtliche Skripts redigiert hatte, „staunte nicht | |
schlecht, dass Matt Groening sämtliche Anerkennung dafür bekam“. Das | |
Betriebsklima war vergiftet. Groening und Simon sprachen nicht mehr | |
miteinander. Die Folge „Fleming Moe’s“ illustriert den Konflikt. Nach zwei | |
Staffeln wurde Sam Simon jedenfalls die Leitung der Sendung entzogen. Er | |
betrat zwar nie mehr das Studio, wurde aber weiterhin in Vor- und Abspann | |
genannt und bis an sein Lebensende, 2015, weiter bezahlt, ohne etwas tun zu | |
müssen. | |
## Ein Jahr für eine Folge | |
Die Produktion der „Simpsons“ ist immens aufwendig. Es braucht ein Jahr, um | |
eine Episode zu realisieren. Die Arbeit der Autoren ist oft frustrierend: | |
Nur ein kleiner Bruchteil der ausgedachten Gags schafft es in die Sendung. | |
„Zu 95 Prozent besteht die Arbeit bei den,Simpsons' nicht aus Schreiben – | |
sie besteht aus Umschreiben.“ Und wenn man in den USA fertig ist, werden | |
die einzelnen Bilder bekanntlich in Südkorea handgefertigt. | |
„Springfield Confidential“ berichtet von den Hintergründen der beteiligten | |
Autoren, die auch via MAD-Magazin ihren Humor entwickelten und in Harvard | |
für eine altgediente Satirezeitschrift – den Harvard Lampoon – gearbeitet | |
hatten. | |
Es geht um die Entstehung der einzelnen Namen, Vorder- und Hintergrundgags | |
und Papst Benedikt als „Simpsons“-Fan. Nach der Lektüre schaut man „Die | |
Simpsons“ jedenfalls sorgfältiger, freut sich an den Details und will mal | |
wieder eine unsynchronisierte Folge sehen, denn viele Gags gehen in der | |
Übersetzung verloren. | |
Einen gewichtigen Satz hatte man fast überlesen. Nachdem die Darstellung | |
des indischen Kwike-Markt-Betreibers [11][„Apu“ als rassistisch] | |
gebrandmarkt worden war, scheint seine zukünftige Existenz jedenfalls | |
gefährdet zu sein: „Vielleicht ist nach drei Jahrzehnten,Apus' Zeit einfach | |
um.“ | |
16 Dec 2019 | |
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## AUTOREN | |
Detlef Kuhlbrodt | |
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