# taz.de -- Habecks CO2-Speicherpläne: Meeresboden soll CO2-Lager werden | |
> Die Ampel will das Speichern des klimaschädlichen Gases ermöglichen. Die | |
> Wirtschaft findet’s prima, Umweltschützer nicht. | |
Bild: Minister Habeck hat den Klimaforscher Edenhofer und den Manager von Achte… | |
BERLIN taz | Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will das | |
Abfangen von CO2 in Deutschland und die Speicherung im Nordseeboden | |
ermöglichen. Weil die Technik auch an Gaskraftwerken einsetzbar sein soll, | |
sind Umweltschützer:innen über die Pläne empört. Aus der am Montag von | |
Habecks Ministerium veröffentlichten Carbon-Management-Strategie (CMS) geht | |
hervor, dass die CO2-Abscheidung nicht nur in Industrie und | |
Abfallwirtschaft, sondern auch an Gaskraftwerken möglich sein soll. | |
Mit dem Abfangen und Speichern von CO2 kann verhindert werden, dass das | |
klimaschädliche Gas in die Atmosphäre gelangt. Die Technik wird CCS | |
(Carbon Capture and Storage – Kohlenstoffabscheidung und -speicherung) | |
genannt. „Ohne CCS können wir unmöglich die Klimaziele erreichen“, sagte | |
der Bundeswirtschaftsminister bei der Vorstellung seiner Pläne vor | |
Journalist:innen in Berlin. Zum Einsatz kommen soll die Technik vor | |
allem in Bereichen, die nicht oder nur sehr schwer ohne CO2-Produktion | |
arbeiten können, wie die Zementindustrie. | |
Habecks Pläne sehen einen Regulierungsrahmen für das erforderliche | |
Pipelinesystem vor. Gespeichert werden soll das Gas im Boden in der | |
ausschließlichen deutschen Wirtschaftszone in der Nordsee, die bis zu 200 | |
Seemeilen von der Küste entfernt ist. Dabei sind Meeresschutzgebiete | |
ausgenommen, betonte Habeck. Eine Lagerung an Land ist bislang nicht | |
vorgesehen. Sollten Bundesländer das wünschen, könnte sich das ändern. Die | |
Bundesregierung will CCS-Projekte von Unternehmen fördern, aber nur in | |
Industrie und Abfallwirtschaft und nicht im Energiebereich. Die Kosten für | |
Pipeline-Infrastruktur muss die Industrie tragen. In anderen europäischen | |
Ländern wie Norwegen, Dänemark, den Niederlanden oder Großbritannien haben | |
solche Projekte längst Fahrt ausgenommen. | |
CCS ist umstritten. Klimaschützer:innen fürchten, dass die | |
CO2-Lagerung für ein Festhalten an fossilen Energien sorgt. Der | |
Weltklimarat sieht in CCS allerdings einen wichtigen Baustein zum Erreichen | |
der Klimaneutralität. Die Grünen haben CCS lange abgelehnt, | |
[1][mittlerweile aber einen Öffnungsbeschluss gefasst.] Der bezieht sich | |
allerdings nur auf den Einsatz der CO2-Abscheidung bei unvermeidbaren | |
Emissionen. Dass er auch bei Gaskraftwerken möglich sein soll, dürfte bei | |
Habecks Parteifreund:innen für Unmut sorgen. | |
## BUND: „Büchse der Pandora“ | |
Umweltverbände sind empört. Das Wirtschaftsministerium öffne „die Büchse | |
der Pandora“, sagte der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Natur (BUND) | |
Olaf Bandt. „Mit den Planungen zu CCS an Gaskraftwerken setzt | |
Bundesminister Robert Habeck den Ausstieg aus den fossilen Energien aufs | |
Spiel“, ergänzte er. Mit dem verkündeten „Freifahrtschein für CCS werden | |
CO2-Leitungsnetze und Deponien für die Gaskonzerne zum Geschäft“, das umso | |
profitabler werde, je mehr CO2 entstehe. „Tausende Kilometer | |
CO2-Pipelinenetze sollen durch dicht besiedelte Regionen an die Nordsee | |
führen, trotz der gefährlichen Risiken, die Abscheidung, Transport und die | |
Verpressung der klimaschädlichen Abgase für die menschliche Gesundheit und | |
marines Leben mit sich bringen“, sagte er. Der BUND fürchtet, dass | |
austretendes CO2 Schaden anrichten könnte. Habeck sieht die CCS-Technik | |
nicht als gefährlich an. „Aus meine Sicht ist sie reif und sicher“, sagte | |
der Minister. | |
Auch die Umweltorganisation Greenpeace ist verstimmt. „Robert Habeck ist | |
der Industrielobby auf den Leim gegangen“, kritisierte Karsten Smid, | |
Energieexperte von Greenpeace. „Die vorgeschlagene Strategie erlaubt ein | |
‚Weiter so‘ durch den Einstieg in eine großindustrielle | |
CO2-Endlagerstrategie.“ Statt CO2 zu vermeiden, solle eine „gigantische | |
Entsorgungsinfrastruktur“ entstehen. | |
Den Klimawissenschaftler Ottmar Edenhofer vom [2][Potsdamer Institut für | |
Klimafolgenforschung] dagegen hat Habeck auf seiner Seite. Edenhofer sprach | |
bei Habecks Pressekonferenz von einem „großen Meilenstein für die | |
Klimapolitik in Deutschland und Europa“. Die Regierung lege damit die | |
Grundlage, bis 2045 klimaneutral zu werden, sagte Edenhofer. „Es ist gut, | |
dass Deutschland jetzt diesen Schritt geht.“ Die Gefahr, dass CCS zum | |
Weiterbetrieb fossiler Energieanlagen führt, sieht er nicht. Erforderlich | |
sei allerdings, das Emissionshandelssystem auszuweiten. | |
Auch die Industrie sieht in Habecks Vorstoß einen wichtigen Meilenstein, | |
sagte Dominik von Achten von Heidelberg Materials, den Habeck ebenfalls zur | |
Pressekonferenz mitgebracht hatte. Der Zementhersteller hat in Deutschland | |
sechs Werke, eines in NRW könne sofort mit CCS loslegen. Weitere Projekte | |
unterhält der Konzern in den USA, Kanada, Großbritannien, Schweden und | |
Bulgarien. „Wir lernen sehr schnell“, sagte von Achten. „Wir hoffen auf | |
einen Know-how-Transfer.“ | |
Das Wirtschaftsministerium hat das Vorhaben am Montag in die | |
Ressortabstimmung gegeben. Einzelne FDP-Politiker signalisieren | |
Zustimmung, auch FDP-Chef Christian Lindner soll seinen Segen dazu erteilt | |
haben. Wann Bundesregierung und Bundestag den möglichen Einsatz von CCS | |
beschließen werden, ist offen. | |
26 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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