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# taz.de -- Gutachten zu geplantem Bau: Zwischenlager unnötig
> Ein geplantes Atommüllzwischenlager in Würgassen ist nicht erforderlich,
> sagt ein TÜV-Gutachten. Initiativen fordern ein Ende der Planungen.
Bild: Bereits abgeschaltet: AKW Würgassen im Dreiländereck von NRW, Niedersac…
Göttingen taz | Im Streit über den Bau eines Atommüllzwischenlagers auf dem
Gelände des stillgelegten Atomkraftwerks [1][Würgassen] im Dreiländereck
von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen gibt es eine
überraschende Wende. Denn das riesige Lager, das die bundeseigene
Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) dort errichten will, ist wohl gar
nicht notwendig. Das geht aus dem Entwurf eines Gutachtens hervor, das
Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen beim TÜV Nord in Auftrag gegeben
haben. Der Entwurf wurde in einer Sondersitzung im Umweltausschuss des
niedersächsischen Landtags vorgestellt.
Nach den Plänen der BGZ soll das Lager ab 2027 sukzessive alle in
Deutschland [2][anfallenden schwach und mittelradioaktiven Abfälle]
aufnehmen, die für eine Endlagerung im Schacht Konrad in Salzgitter
vorgesehen sind – insgesamt rund 300.000 Kubikmeter. In Würgassen soll der
Atommüll in einer 325 Meter langen, 125 Meter breiten und 16 Meter hohen
Halle aus Stahlbeton gesammelt und gebündelt werden. Die Kosten für das
sogenannte [3][Logistikzentrum Konrad] (LoK) werden auf 450 Millionen Euro
geschätzt. Der Einlagerungsbetrieb in Schacht Konrad soll ebenfalls 2027
beginnen.
Viele Gemeinden und Landkreise aus den angrenzenden Bundesländern,
Anti-Atom-Initiativen und weitere Organisationen wehren sich vehement gegen
das Vorhaben in Würgassen. Sie verweisen unter anderem auf eine mögliche
Gefährdung des für den Bau geplanten Areals durch Hochwasser und eine
Vielzahl zusätzlicher Atomtransporte auf Straßen und Schienen.
Schon in der Bauphase würde die Region durch die Anlieferung von Beton mit
mehr als 40.000 Lkw-Fahrten belastet. Die Standortauswahl sei „wenig
qualifiziert und willkürlich“ erfolgt, ein umfangreicher Kriterienkatalog
des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) zur Standortidentifikation von
Zwischenlagerstätten für schwach und mittelradioaktive Stoffe sei
unberücksichtigt geblieben, Kriterien der Entsorgungskommission des Bundes
seien missachtet worden.
## Endgültige Fassung der Studie in zwei Wochen
Der rund 160 Seiten umfassende Entwurf des Gutachtens positioniert sich
nicht zum Standort Würgassen, wie Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies
(SPD) im Anschluss an die Ausschusssitzung sagte. Er enthalte aber „erste
Erkenntnisse“, dass das Endlager Konrad auch ohne ein Bereitstellungslager
betrieben werden könne. Ein solches Bereitstellungslager im Umkreis von bis
zu 200 Kilometern um Salzgitter sei also keine Voraussetzung für das
Endlager. Die Studie in ihrer endgültigen Fassung soll in etwa zwei Wochen
vorliegen.
Die örtliche Bürgerinitiative „Atomfreies 3-Ländereck“, deren Vorsitzend…
Dirk Wilhelm bei der Umweltausschusssitzung dabei war, begrüßte das
Gutachten. Das Bundesumweltministerium müsse das Vorhaben nun unverzüglich
stoppen. „Andernfalls würde deutlich, was die Bürgerinitiative schon lange
befürchtet: die Errichtung eines gigantischen Bundeszwischenlagers zur
zentralen Ablage eines Großteils aller schwach-/mittelradioaktiven Abfälle
Deutschlands unter dem Deckmantel der Logistik“, schreibt Wilhelm in einer
Pressemitteilung.
Auch Bürgermeister im Drei-Länder-Eck fühlen sich bestätigt. „Im
Logistikstandort Deutschland muss es möglich sein, mithilfe intelligenter
Lösungen eine dezentrale Anlieferung an den Schacht Konrad so zu
organisieren, dass die dortigen Erfordernisse erfüllt werden“, so die
parteilosen Ortsvorsteher Marcus Dittrich (Bad Karlshafen), Martin Lange
(Trendelburg), Tino Wenkel (Boffzen) und Hubertus Grimm (Beverungen).
Nach ihrer Ansicht hätte ein solches Gutachten allerdings am Anfang des
Prozesses stehen und vom Bundesumweltministerium in Auftrag gegeben werden
müssen. Auch die Bürgermeister appellieren an das Ministerium, nun alle
Planungen für den Standort Würgassen einzustellen. Ein Sprecher des
Bundesumweltministeriums teilte mit, „sobald uns das Gutachten übermittelt
wird, werden wir es gewissenhaft prüfen“.
## „Belieferung des Endlagers ohne LoK möglich“
Die BGZ erklärte auf taz-Anfrage, sie kenne das vorläufige Gutachten nicht.
Die Aussage von Lies, der Betrieb des Endlagers Konrad sei auch ohne LoK
möglich, komme indes nicht überraschend. Auch die BGZ selbst habe immer
deutlich gemacht, „dass eine Belieferung des Endlagers ohne LoK möglich
ist“.
Es sei jedoch nur mit dem LoK möglich, einen störungsfreien
Einlagerungsbetrieb in Konrad mit passgenauen Chargen „just in time“
abzusichern und die Einlagerungszeit um zehn Jahre zu verkürzen.
Dies bedeute „nicht nur einen Sicherheitsgewinn für uns alle, es stellt
auch eine zügige Leerung von Zwischenlagern an mehr als 30 Standorten in
Deutschland sicher“. Ohne das LoK, so die BGZ, müssten diese Zwischenlager
deutlich länger in Betrieb bleiben als notwendig.
6 Jul 2022
## LINKS
[1] /Moegliche-Koalition-mit-CDU-in-NRW/!5854928
[2] /CDU-kritisiert-Atomlager-an-der-Weser/!5708402
[3] /Protest-gegen-Atomlager-Wuergassen/!5671461
## AUTOREN
Reimar Paul
## TAGS
Schwerpunkt Atomkraft
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Schwerpunkt Klimawandel
Atomausstieg
Endlagersuche
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