# taz.de -- Große schwedische Tageszeitung: Weniger fossile Werbung | |
> Die große schwedische Zeitung „Dagens Nyheter“ schränkt Anzeigen von | |
> fossilen Unternehmen ein – auch nach öffentlichem Druck. | |
Bild: Für einen Tag übernahm Greta Thunberg als Chefredakteurin – mit Folgen | |
STOCKHOLM taz | Greta Thunberg musste einige Häme ertragen, als sie sich im | |
letzten Jahr bereit erklärt hatte, als „Chefredakteurin“ Aushängeschild f… | |
eine Klima-Spezialausgabe von Dagens Nyheter zu werden. Denn was | |
veröffentlichte die Stockholmer Tageszeitung just in dieser | |
„Greta-Ausgabe“? Eine ganzseitige Anzeige, in der sich eine bayerische | |
Automarke als „der Weltbeste für das Klima“ präsentieren durfte. | |
Sie habe die Anzeige vorher gesehen und darüber lachen müssen, erklärte die | |
Klimaaktivistin. Denn sie sei ja geeignet, die globale Nachhaltigkeitskrise | |
zu illustrieren. Und da ständig Unternehmen ihren Namen für Werbezwecke | |
ausnützen würden, „dachte ich, da ist auch okay, wenn Dagens Nyheter und | |
BMW die mithaben wollen“. Auf ihrem Instagram-Account wurde sie später | |
deutlicher: „Es gab von mir ein Feedback und ich habe Vorschläge gemacht, | |
dass man keine seriöse Klima- und Umweltberichterstattung haben kann, wenn | |
man gleichzeitig klima- und umweltschädliche Werbung zulässt.“ | |
Dagens Nyheter, das sich natürlich auch den Vorwurf von Doppelmoral | |
einhandelte, kündigte bereits damals an, man werde „unsere Anzeigenpolitik | |
unter Klimagesichtspunkten überarbeiten“. Ein erstes Resultat präsentierte | |
das Blatt nun. | |
## Nicht mehr an „prominenter Stelle“ | |
So konsequent wie die linke Tageszeitung Dagens ETC, die schon [1][seit | |
2019 keine Annoncen für fossile Produkte und Dienste mehr akzeptiert], ist | |
man nicht. Und es gibt auch keinen grundsätzlichen Stopp für Werbung von | |
Firmen der Erdöl- und Erdgasbranche, [2][wie ihn der britische Guardian im | |
vergangenen Jahr einführte]. Aber Fossilanzeigen sollen nicht mehr an | |
„prominenter Stelle“ erscheinen. | |
Grundsätzlich müsse außerdem der Inhalt aller Anzeigen zum Thema „seriös | |
sein und eine nachvollziehbare Faktengrundlage“ haben. Konkret dürfe | |
beispielsweise der angebliche Nutzen oder Vorteil eines Produkts für das | |
Klima nicht übertrieben dargestellt werden, und man werde im Zweifelsfall | |
die Nennung von Quellennachweisen für dort verbreitete Behauptungen | |
verlangen. | |
## Thema mehr in den Mittelpunkt | |
Redaktionschefin Anna Åberg will nicht ausschließen, dass man damit | |
Anzeigenkunden verlieren werde. Man erwarte dafür aber, neue zu gewinnen. | |
Die Neuausrichtung der Anzeigenpolitik des Blattes sei im Zusammenhang mit | |
der künftigen redaktionellen Arbeit zu sehen. Man wolle das Thema | |
Nachhaltigkeit mehr in den Mittelpunkt der Berichterstattung rücken: „Die | |
Klimakrise ist die wichtigste Frage unserer Zeit. Damit werden bei uns auch | |
die Bereiche Wissenschaft und Technik zentraler werden.“ | |
Chefredakteur Peter Wolodarski verwies bei der Präsentation der neuen | |
Policy auf Wünsche seitens der LeserInnen: „Eine der häufigsten | |
Leserreaktionen, die wir in den letzten Jahren erhalten haben, war, dass | |
wir die Klimakrise besser beobachten sollen und keine Werbebotschaften | |
haben sollten, die in die entgegengesetzte Richtung gehen.“ Und | |
Anzeigenchef Paul Brandenfeldt ergänzt: Von der Anzeigenbelegung her | |
[3][sei die Thunberg-Ausgabe vom 6. Dezember] eine der besten | |
Sonntagsnummern des letzten Jahres gewesen, „was beweist, dass unsere | |
Kunden einen glaubwürdigen und nuancierten Kontext für ihre Werbung | |
wünschen“. | |
## Wichtiger Schritt, aber nicht genug | |
Als „wichtigen ersten Schritt“, der aber „natürlich nicht genug“ sei, | |
kommentiert Julia Dittmann, Sprecherin der deutschen Initiative | |
„Fossilfreie Medien“ die neue Anzeigenpolitik von Dagens Nyheter gegenüber | |
der taz: „Wir fordern, dass die Verlage klare Regeln für ihre Anzeigen | |
definieren und transparent machen. Das kann zum Beispiel über eine schwarze | |
Liste für bestimmte Unternehmen laufen, deren Geschäftsmodell zu einem | |
Großteil auf der Nutzung fossiler Energieträger beruht und deren | |
Treibhausgasausstoß besonders hoch ist.“ | |
Unter der Überschrift „Weg mit fossiler Werbung“ hatte [4][die Initiative, | |
der beispielsweise Fridays for Future, BUND und Verdi angehören], im | |
Februar einen Aufruf veröffentlicht: „Deutsche Medienhäuser werdet | |
klimaneutral!“ Laut Dittmann sei das Echo bislang gering: „Wir stehen mit | |
der taz und dem Spiegel im Gespräch, die ja die Klimakrise auch in ihrer | |
Berichterstattung ernst nehmen. Inwiefern sie unsere Forderungen umsetzen | |
werden, wissen wir noch nicht. Das Nichtmelden der anderen großen | |
Medienhäuser werten wir als Zeichen, dass sie sich dem Problem nicht | |
stellen wollen.“ | |
11 Mar 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Verzicht-auf-fossile-Werbung/!5630656 | |
[2] https://www.theguardian.com/media/2020/jan/29/guardian-to-ban-advertising-f… | |
[3] /Thunberg-als-Gastchefredakteurin/!5731024 | |
[4] https://fossilfreiemedien.de/ | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
## TAGS | |
Zeitung | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Werbung | |
Fossile Brennstoffe | |
Schweden | |
Klima | |
Fossile Brennstoffe | |
Schwerpunkt Fridays For Future | |
Medienpolitik | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Klage gegen australische Regierung: Klimapolitik vor Gericht | |
Um einen Präzedenzfall zu schaffen, wollen Jugendliche den Ausbau einer | |
Kohlemine stoppen. Eine Studentin fürchtet den Wertverlust von | |
Kapitalanlagen. | |
Studie zu Luftverschmutzung: Kohle kann tödlich sein | |
Das Verbrennen fossiler Energieträger ist nicht nur schlecht für das Klima, | |
sondern auch für die Gesundheit. Wie schlecht, zeigt eine neue Studie. | |
Fridays for Future zum Klima-Aktionstag: „Die Masse ist auf unserer Seite“ | |
Fridays for Future will nach der Corona-Pause zurück auf die Straße. Ein | |
Gespräch mit den Aktivist:innen Pia Haase und Riva Morel. | |
Verzicht auf „fossile“ Werbung: Flüge fliegen raus | |
Die schwedische Zeitung „Dagens ETC“ will keine Werbeanzeigen mehr für | |
Flugreisen und Verbrenner-Autos annehmen. |