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# taz.de -- Großdemonstration in China: Protest gegen Petrochemie
> Zehntausende demonstrieren in der Hafenstadt Ningbo gegen den Bau einer
> Raffinerie. Bei der gewaltsamen Räumung kommt es zu Randale.
Bild: Die chinesische Mittelschicht auf der Demo gegen eine Fabrik in Ningbo.
PEKING taz | Wütende Bürger, umgekippte Autos, ein Großaufgebot an
Sicherheitskräften - und alles festgehalten und weiter verschickt über
Tausende von Smartphones. Bereits zum vierten Mal in diesem Jahr sind in
den vergangenen Tagen mehrere Zehntausend Demonstranten auf die Straße
gegangen, um gegen den Bau eines Großprojekts zu protestieren. Dieses Mal
trifft es die Stadt Ningbo in der ostchinesischen Provinz Zhejiang, keine
100 Kilometer von Schanghai entfernt.
Online-Berichten zufolge setzte die Polizei in der Nacht zu Sonntag
Wasserwerfer und Tränengas ein, um den Massenprotest aufzulösen. Daraufhin
eskalierte die Situation. Augenzeugen berichten von umgekippten Fahrzeugen
und Demonstranten, die mit Steinen eine Polizeiwache bewarfen. Die Polizei
wiederum schlug mit Knüppeln zu. Es ist von Dutzenden von Verletzten die
Rede.
Fast eine Woche lang haben die Demonstranten friedlich gegen eine geplante
Raffinerie in dem dicht besiedelten Stadtteil Zhenhai protestiert, in der
unter anderem das krebserregende Äthylen hergestellt werden soll. Dabei
handelt es sich um ein Grundstoff unter anderem zur Herstellung von
Plastik. Für den Bau der Anlage wollen die Behörden zudem einige Tausend
Menschen umsiedeln. Auch dagegen richtet sich der Protest.
## Nervöse Behörden vor dem Parteitag
Gerade wenige Tage vor dem 18. Parteikongress der regierenden
Kommunistischen Partei sind die Behörden landesweit besonders nervös. Doch
vor allem die zunehmende Zahl von großen Umweltprotesten wissen die
Behörden offensichtlich nicht zu verhindern. Das weiterhin rasante
Wirtschaftswachstum geht immer stärker auf Kosten der Umwelt. Erst Anfang
des Monats kam es wegen des Baus eines Kohlekraftwerks auf der chinesischen
Südseeinsel Hainan zu schweren Zusammenstößen. Im Juli mussten die Behörden
den Bau einer Metallfabrik in der Stadt Shifang im südlichen Sichuan
stoppen, nachdem es dort tagelang zu gewaltsamen Protesten kam. Und
ebenfalls im Sommer gingen in Qidong in der Nähe von Schanghai Zehntausende
gegen eine Papierfabrik auf die Straße.
Was die Proteste in Ningbo so besonders macht: Die Bewohner der Hafenstadt
in der prosperierenden Provinz Zhejiang gelten zu den Wohlhabendsten in
ganz China. Und den Bildern im chinesischen Internet ist deutlich zu
entnehmen, dass es sich bei den meisten Demonstranten um Angehörige der
Mittelschicht handelt. Das unterscheidet Ningbo, Qidong und auch Shifang
von den üblichen Protesten, von denen es nach Angaben der Akademie der
Sozialwissenschaften in Peking jährlich Zehntausende gibt. Während
normalerweise zumeist arme Bauern und Arbeiter spontan aufbegehren, sind
Chinas neue Wutbürger aus der Mittelschicht professioneller vernetzt und
wissen sich auch sehr viel besser zu wehren.
Die Behörden wissen das. Bei einer Krisensitzung der Kommunistischen Partei
am Samstagabend räumten örtliche Funktionäre von Ningbo ein, dass das
Fabrikprojekt noch gar nicht formell genehmigt wurde. Sie erklärten sich
bereit, die Bedenken der Gegner anzuhören.
28 Oct 2012
## AUTOREN
Felix Lee
Felix Lee
## TAGS
China
Umwelt
Protest
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Ai Weiwei
EU
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