# taz.de -- Höchste Sicherheitsstufe in Peking: Schwarze Gefängnisse | |
> Sicher ist sicher: Hunderttausende Polizisten und weitere 1,4 Millionen | |
> Freiwillige sollen für einen reibungslosen KP-Parteitag in Peking sorgen. | |
Bild: Kein Protest soll den Parteitag in Peking stören – Sicherheitsbeamter … | |
PEKING taz | Taxifahrer Chen nimmt die Anweisung der Pekinger | |
Sicherheitsbehörden gelassen: In sämtlichen Taxen der Hauptstadt dürfen ab | |
Donnerstag die Scheiben nicht mehr geöffnet werden. Wer in seinem Fahrzeug | |
noch über Fensterkurbeln verfügt, muss sie abschrauben. „Natürlich ist die | |
Maßnahme absurd“, sagt Chen. „Aber Befehl ist eben Befehl.“ | |
Chinas gigantischer Sicherheitsapparat bereitet sich auf den 18. Parteitag | |
von Chinas regierenden Kommunisten vor, der am 8. November beginnt. Auf | |
dieser Sitzung mit rund 2.200 Delegierten soll erstmals seit zehn Jahren | |
eine neue Führung bestimmt werden. | |
Die Behörden sind besonders nervös. Nie zuvor stand ein Generationswechsel | |
so sehr im Blickpunkt der Weltöffentlichkeit. Korruptionsskandale und | |
interne Machtkämpfe sorgen für Unruhe bis ganz oben in die Spitze. | |
Hinzu kommen landesweit soziale Spannungen und Massenproteste, die in den | |
vergangenen Wochen Zehntausende Bürger auf die Straßen brachten. Seit | |
vergangener Woche gilt in Peking die höchste Sicherheitsstufe. | |
Vor jedem größeren Gebäude, an jeder Kreuzung und auf jeder Brücke | |
patrouillieren bewaffnete Polizisten und Soldaten. Zusätzlich zu den | |
Hunderttausenden von Sicherheitskräften hat die Stadtverwaltung weitere 1,4 | |
Millionen Bürger als „Freiwillige“ angeheuert. Die sollen, heißt es, für | |
Ordnung sorgen, den Verkehr regeln und sich um Touristen kümmern. | |
Seit September wurden zudem mindestens 130 Personen verhaftet oder unter | |
Hausarrest gestellt, berichtet Amnesty International. Zahlreiche | |
Menschenrechtsverteidiger seien „bis zum Ende des Parteitags in sogenannten | |
schwarzen Gefängnissen eingesperrt“. | |
## Inoffizielle Haftzentren | |
Das bedeutet: Regierungskritiker und Leute, die sich über Behördenwillkür | |
beschwert haben, werden in Kellern oder Hotels festgehalten die kurzfristig | |
zu inoffiziellen Haftzentren umfunktioniert werden. | |
Die Liste der Sicherheitsvorkehrungen ist bunt: Taubenzüchter dürfen ihre | |
Vögel nicht mehr aus dem Schlag lassen – so können sie keine subversiven | |
Botschaften transportieren. | |
In vielen Läden sind keine Küchenmesser mehr erhältlich. | |
Gefahrenguttransporte wie Tankwagen mit brennbarer Flüssigkeit sind in | |
Peking derzeit verboten. Und der Kurbelerlass in den Taxen soll verhindern, | |
dass Fahrgäste Flugblätter oder Pingpongbälle mit unerwünschten Botschaften | |
aus dem Fenster werfen. | |
## Virtuelle Aufrüstung | |
Auch virtuell rüsten die Behörden auf: Netzexperten vermuten, dass die | |
Zensoren spezielle Filter aktiviert haben, die den Datenfluss hemmen. Die | |
Kontrolleure gehen nun auch gegen Nutzer vor, die bislang über | |
Entsperrdienste aus dem Ausland (VPN) die „Große Firewall“ umgangen haben. | |
Diese VPN werden gezielt attackiert. | |
Waren beim letzten Parteitag 2007 erst 200 Millionen Chinesen online und | |
die sozialen Netzwerke noch wenig verbreitet, stieg die Zahl der Nutzer auf | |
über eine halben Milliarde. Blogs und Twitter-ähnliche | |
Kurznachrichtendienste werden – trotz der Zensuranstrengungen – eifrig zum | |
Austausch kritischer Botschaften genutzt. | |
Ein Gericht in der Stadt Kunming hat am Donnerstag den 27-jährigen | |
Betreiber eines Internetcafés zu acht Jahren Haft verurteilt: Er habe ein | |
Onlineforum organisiert, in dem unter anderem über Reformen und Demokratie | |
diskutiert wurde. Die Richter werfen ihm „Untergrabung der Staatsgewalt“ | |
vor. | |
6 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
## TAGS | |
China | |
Parteitag | |
China | |
China | |
China | |
China | |
China | |
Bo Xilai | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Debatte Chinas neue Mittelschicht: Sie wollen mehr als Wohlstand | |
Ein Viertel der Chinesen hat in den vergangenen 20 Jahren aus der Armut | |
herausgeschafft. Dennoch wächst die Unzufriedenheit. | |
Parteitag in China: Wohlstand für alle | |
KP-Chef Hu Jintao verspricht den 1,34 Milliarden Chinesen auf dem Parteitag | |
die „Verdoppelung“ der Einkommen bis 2020. Wie, das bleibt seinem | |
Nachfolger überlassen. | |
Kommentar Parteitag in China: Partei des Durchwurstelns | |
Flugerbot für Brieftauben und Modellflugzeuge: Ein Parteitag mit solch | |
absurden Vorschriften zeugt von der Nervosität des autoritären Regimes. | |
Großdemonstration in China: Protest gegen Petrochemie | |
Zehntausende demonstrieren in der Hafenstadt Ningbo gegen den Bau einer | |
Raffinerie. Bei der gewaltsamen Räumung kommt es zu Randale. | |
Die neuen Parteichefs in China: Prinz und Bauernjunge | |
Xi Jinping und Li Keqiang werden vermutlich die künftig mächtigsten Männer | |
in China. Der eine ist der Sohn eines prominenten Parteikaders, der andere | |
ist Bauernsohn. | |
Milliardenvermögen für Parteidynastie: Chinas Premier hat reiche Verwandte | |
Die Regierungszeit hat sich gelohnt: Die Familie von Chinas Premier Wen | |
Jiabao soll ein Vermögen von 2,7 Milliarden Euro angehäuft haben. Sie sind | |
keine Ausnahme. | |
Politskandal in China: Bo Xilai verliert Immunität | |
Der in Ungnade gefallene chinesische Politiker Bo Xilai verliert nach dem | |
Parteibuch auch seinen Parlamentssitz. Der Prozess soll offenbar nach dem | |
Parteitag stattfinden. |