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# taz.de -- Griechenland investiert in Aufrüstung: Vom Euro-Sorgenkind zur Mil…
> Griechenland beschließt ein milliardenschweres Rüstungsprogramm. Die
> Regierung in Athen sendet damit auch ein Signal an die Türkei.
Bild: Griechenland rüstet auf: Bei einer Militärparade zum Unabhängigkeitsta…
Athen taz | Unverhohlen offenbart der ältere Herr, Schirmmütze, halbvoller
Einkaufswagen, an diesem nasskalten Samstag in der Warteschlange im
Supermarkt im nördlichen Athener Vorort Halandri, wovor er sich wirklich am
meisten fürchtet. Nein, es seien nicht die steigenden Lebensmittelpreise.
„Ich habe Angst vor einem Krieg.“ Griechenland brauche „starke
Streitkräfte“, antwortet er. Und dies auch dann, wenn er den Gürtel wegen
seiner schmalen Rente noch enger schnallen müsse.
So ticken die meisten Griechen. Kaum bis gar kein Widerspruch regte sich,
schon gar nicht Proteste wurden laut, als Griechenlands konservative
Regierung unter Premier Kyriakos Mitsotakis am Mittwoch im Athener
Parlament ein neues, gewaltiges Rüstungsprogramm verkündete. Bis 2036
werden dafür 25 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Das entspricht rund
10 Prozent von Hellas erwarteter diesjähriger Wirtschaftsleistung.
Dank der [1][Aktivierung der Ausweichklausel] des EU-Stabilitäts- und
Wachstumspakts könne Athen Schulden für die Verteidigung aufnehmen, ohne
ein EU-Defizitverfahren auszulösen, betonte Mitsotakis. Dennoch: Für das
einstige Euro-Sorgenkind, im Frühjahr [2][2010 faktisch bankrott], ist die
Aufrüstung kein Pappenstiel. Die griechische Staatsschuld betrug per Ende
2024 fulminante 154 Prozent in Relation zur hiesigen Wirtschaftsleistung –
weiter die höchste Schuldenquote in Europa.
Die jedoch durch die 2018 erzielte Schuldenregelung niedrig verzinst ist.
Die haushaltspolitische Flexibilität werde „kein Grund für Exzesse sein“,
beteuerte Mitsotakis. Zugleich wies er die eher verhaltene Kritik der
linken Opposition zurück, wonach seine Regierung „Geld für Kanonen statt
für Butter“ ausgebe. Hellas werde eine der „fortschrittlichsten Armeen“ …
EU bekommen und so zu einem „Schlüsselfaktor“ für die Verteidigung Europas
avancieren, die „vor neuen Herausforderungen“ stehe.
## Regierung erhöht Verteidigungsausgaben seit Jahren
Fest steht: Griechenland ist schon jetzt eine militärische Macht. In der
Weltrangliste 2025 des Fachportals Global Firepower (GFP) belegt Hellas in
puncto Militärstärke Rang 30. Hatten die Athener Verteidigungsausgaben 1951
laut dem Stockholmer Forschungsinstitut SIPRI ein Allzeithoch von 6,6
Prozent in Relation zum BIP erreicht, dümpelten sie in den 2010er Jahren um
die Marke von 2,5 Prozent. Die Regierung Mitsotakis gab abermals Gas: Die
Verteidigungsausgaben erhöhten sich auf bis zu 3,2 Prozent im Jahr 2023 –
deutlich höher als der europäische Mittelwert.
Bereits Ende 2024 hatte Athens Verteidigungsminister Nikos Dendias unter
dem Titel „Agenda 2030“ einen Sieben-Punkte-Plan zur Reform der
Landesverteidigung vorgestellt: Dieser umfasst Strukturreformen, die
Aktualisierung und Priorisierung der Rüstungsprogramme, die Stärkung der
einheimischen Rüstungsfirmen, die Ausbildung, den Wohnungsbau (für das
Militärpersonal) sowie soziale Aktivitäten der Streitkräfte.
Die Griechen sparen auch: Dendias kündigte dabei die „schnellstmögliche“
Schließung von 137 der 800 Militärkasernen an. Obendrein schickte Dendias
rund 2.000 Offiziere in den Ruhestand. „Welche Armee auf diesem Planeten
weist ein Verhältnis von Offizieren zu Unteroffizieren von eins zu eins
auf? Das normale Verhältnis beträgt 1 zu 9“, begründete Dendias seinen
Schritt.
Dafür sollen neue Kampfjets, neue Hubschrauber, neue Fregatten und eine
völlig neue Luftabwehr unter dem Namen „Schutzschild Achilles“ beschafft
werden. Bereits vorhandene Waffensysteme werden zudem modernisiert. Sowohl
Mitsotakis als auch Dendias vermieden es öffentlich zwar tunlichst, an
dieser Stelle [3][die Türkei zu erwähnen,] was auf die zuletzt von den USA
vorangetriebene Annäherung zwischen Athen und Ankara zurückzuführen sein
dürfte.
## Signal an die Türkei
Dennoch konnte es sich Dendias in seiner 15-minütigen Einlassung am
Mittwoch in Athens Parlament nicht verkneifen, das gigantische
Rüstungsprogramm unmissverständlich zu begründen: „Wir stehen einer
nachweislich existierenden Gefahr mit einer zehnfachen Stärke im Vergleich
zu uns gegenüber.“ Diese Beschreibung trifft haargenau auf den Nachbarn und
Nato-Partner Türkei zu – im globalen GFP-Ranking die Nummer neun.
6 Apr 2025
## LINKS
[1] /Militaerhilfe-aus-der-EU/!6070362
[2] /Nachbeben-der-griechischen-Finanzkrise/!5382427
[3] /Tuerkei-und-Griechenland-im-Dauerkonflikt/!5861508
## AUTOREN
Ferry Batzoglou
## TAGS
Griechenland
Rüstungspolitik
Aufrüstung
Nato
Türkei
Sipri
Schwerpunkt Krise in Griechenland
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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