# taz.de -- Gleichstellung im Landtag: Thüringer Paritätsgesetz wackelt | |
> FDP, CDU und AfD wollen das erst im Januar in Kraft getretene Gesetz | |
> wieder abschaffen. Auch bei schnellen Neuwahlen gäbe es ein Problem. | |
Bild: Abgeordnete im Plenarsaal während einer Aktuellen Stunde im Dezember | |
BERLIN taz | Das Thüringer Paritätsgesetz steht auf der Kippe. Im Juli | |
hatte das Land als zweites Bundesland nach Brandenburg beschlossen, die | |
Listenplätze aller Parteien für Landtagswahlen künftig abwechselnd mit | |
Frauen und Männern zu besetzen. Nun allerdings könnte ein Antrag der | |
FDP-Fraktion von Ende Januar – noch vor der Wahl Thomas Kemmerichs – Folgen | |
haben: Die Fraktion will das Gesetz rückgängig machen. „Wir haben ein | |
echtes Problem“, sagte die Grünen-Abgeordnete Madeleine Henfling der taz. | |
Denn beide Wege, die nun möglich sind, heißen entweder für das Gesetz oder | |
das Bundesland Thüringen nichts Gutes. | |
Falls sich der Landtag nicht vorher auflöst, steht Anfang März die | |
Annullierung des Gesetzes auf der Tagesordnung. Seit der Wahl haben Union, | |
AfD und FDP dort eine Mehrheit. AfD und Union stimmten bereits im Juli | |
gegen das Gesetz von Rot-Rot-Grün, von beiden Fraktionen sind Klagen vor | |
dem Landesverfassungsgericht anhängig. „Die FDP bringt ein Gesetz ein, von | |
dem sie genau weiß, dass sie es nur mit Union und AfD durchbekommt“, | |
kritisierte Henfling. | |
Problematisch wäre aber auch, wenn es vor der Abstimmung über den | |
FDP-Antrag zu Neuwahlen käme. Denn das Gesetz ist zwar seit dem 1. Januar | |
in Kraft, die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts steht aber noch | |
aus. Und tatsächlich ist die Parität verfassungsrechtlich umstritten – auch | |
in anderen Bundesländern gibt es [1][noch keine Entscheidung] über die | |
Rechtmäßigkeit von derlei Gesetzen. | |
In dieser Situation hat keine Partei in Thüringen Rechtssicherheit, wie | |
eine Landesliste aufzustellen ist. Eine Entscheidung des | |
Landesverfassungsgerichts kann sich im ungünstigsten Fall aber Monate | |
hinziehen. Und solange eine parlamentarische Aufhebung im Raum stehe, werde | |
das Gericht ohnehin keine Entscheidung treffen, sagte der frühere Thüringer | |
Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke). Sollte es schnelle Neuwahlen geben, | |
laufe das Land auf einen „katastrophalen Stillstand“ zu, warnte er. | |
## Die Wahl könnte annulliert werden | |
Sollte das Paritätsgesetz angewandt werden und das Gericht dann | |
entscheiden, dass es nicht verfassungskonform ist, könnte die Wahl | |
annulliert werden. Der „Keim der Niederlage, nämlich der Nichtigkeit“ sei | |
dann in den Wahlen angelegt, sagte Ramelow. Denn im schlechtesten Fall | |
müsste ohne Parität noch mal neu gewählt werden. | |
Henfling sagte, wolle man nun mit der Union über eine Wahl Ramelows ins | |
Gespräch kommen, sei für sie wichtig, dass die Union nicht mit AfD und FDP | |
gegen die Parität stimme. Wie wahrscheinlich das wiederum ist, ist | |
ebenfalls nicht absehbar. | |
Für die Thüringer Wahlen im vergangenen Herbst hatte das Gesetz noch nicht | |
gegriffen. Das spiegelt sich im Landtag: Zwar erfüllen Linkspartei, SPD, | |
Grüne und FDP die Parität ohnehin. Für die AfD allerdings sind bei 22 | |
Abgeordneten ganze drei Frauen vertreten, bei der Union sind es zwei von | |
21. | |
11 Feb 2020 | |
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## AUTOREN | |
Patricia Hecht | |
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