| # taz.de -- Gewalt im Westjordanland: Oscars, Olivenbäume, Ohnmacht | |
| > In Masafer Yatta fürchten Palästinenser*innen die Siedlergewalt. | |
| > Einen berühmten Filmemacher traf es bereits. Eine Reise durch ein | |
| > zerrissenes Land. | |
| Bild: Militante Siedler haben die Weinreben und Bewässerung im Dorf Susya bei … | |
| Acht Kameras hat Jihad Nawaja angebracht. Acht Rechtecke leuchten auf dem | |
| Bildschirm zwischen dem surrenden Ventilator und den islamischen | |
| Inschriften an der Wand. Acht Augen, die die dürren Felder rund um sein | |
| Haus bewachen. Draußen hört man laut Kampfjets dröhnen, immer und immer | |
| wieder. | |
| Nawaja lebt in einem viereckigen Bau aus Grobspanplatten mit polierten | |
| Fliesen und einem Blechdach. Das Haus steht auf einer Schotter- und | |
| Sandlichtung in der kleinen Ortschaft Susja im Westjordanland, am südlichen | |
| Rand von Masafer Yatta in den Hebronhügeln. Ein Dutzend Häuser aus | |
| Steinklötzen stehen hier neben offenen Ziegenställen und einem eingezäunten | |
| Spielplatz mit verwaisten Rutschen und Schaukeln. An einem bröckelnden Bau | |
| am Dorfeingang haben Kinder ihre Hände in bunten Farben aufgedrückt und den | |
| Namen Susja in Pastelltönen gemalt. | |
| Nawaja, 57 Jahre alt, graue Haare und grauer Schnurrbart, ist | |
| Dorfratsvorsitzender. Trotz der Hitze trägt er ein langärmeliges | |
| gestreiftes Hemd. Seit 40 Jahren lebt er hier – aber nicht in Frieden. | |
| „Unsere Nachbarn wollen das Land besitzen, sie wollen nicht gemeinsam hier | |
| leben. Sie wollen keinen Frieden“, beklagt er. Vor zwei Jahren ließ das | |
| Dorfoberhaupt die Kameras installieren. So muss er nachts nicht mehr | |
| hinaus, um zu filmen, wenn Siedler randalieren. Zu gefährlich sei das. Und | |
| sie seien bewaffnet. | |
| Susja ist ein neues Dorf an einem alten Ort mit einer noch älteren | |
| Geschichte. Vor mehr als einem Jahrhundert errichtet, steht es dort, wo vor | |
| über tausend Jahren Menschen lebten. Mitte der 1980er Jahre konfiszierte | |
| der israelische Staat das Land. Die Behörden erklärten das Gebiet zur | |
| archäologischen Zone und vertrieben den damals 18-jährigen Nawaja und die | |
| anderen Palästinenser*innen, die in Susja seit Jahrzehnten Schafe | |
| züchteten. | |
| Die Palästinenser zogen ein Stück weiter. Doch auch dort wurden sie | |
| mehrfach vertrieben. 1983 entstand nahe den Ruinen eine israelische | |
| Siedlung, ebenfalls Susja genannt. Illegale Außenposten wie Mitzpe Yair | |
| wurden ausgebaut. 2012 beantragten die Bewohner des neuen Susja bei der | |
| israelischen Verwaltung die Genehmigung, ihr Dorf offiziell aufzubauen. Die | |
| Verwaltung ist im Gebiet C des Westjordanlands für zivile und militärische | |
| Angelegenheiten zuständig. Seit 1967 steht das Westjordanland unter | |
| israelischer Besetzung und ist in drei Zonen unterteilt. Zone C, die mehr | |
| als 60 Prozent des Landes umfasst, steht vollständig unter israelischer | |
| Kontrolle. International gilt die Besetzung als unrechtmäßig. | |
| Die Verwaltung lehnte den Antrag ab. Die israelische | |
| Menschenrechtsorganisation B’tselem nennt die Entscheidung | |
| ungerechtfertigt. Sie sieht darin einen Versuch, das Gebiet C schrittweise | |
| zu annektieren. Die israelische Politik in der Region bezeichnet sie als | |
| „Landraub“. Laut den Vereinten Nationen hat die Verwaltung bisher weniger | |
| als ein Prozent des Gebiets C für den Bau palästinensischer Gebäude | |
| freigegeben, während Tausende Hektar Land an Siedlungen gingen. | |
| Seit die heutige israelische Regierung im Amt ist, hat sie laut der NGO | |
| Peace Now 25.500 Dunam Land – 2.550 Hektar – im Westjordanland als | |
| staatliches Gebiet deklariert. Das entspricht der Fläche von 3.200 | |
| Fußballfeldern und ist eine erhebliche Steigerung in nur zwei Jahren. Zum | |
| Vergleich: Von 1998 bis 2022 waren es insgesamt 28.500 Dunam. Mindestens | |
| 8,5 Prozent des Gebiets C sind laut den Vereinten Nationen von Siedlungen | |
| bedeckt. Zwischen Januar und Juli rissen die israelischen Behörden dort 840 | |
| palästinensische Häuser ab – mehr als doppelt so viele wie im selben | |
| Zeitraum des Vorjahres. | |
| Doch nicht nur Bulldozer bedrohen Nawajas Gemeinde, sondern auch die | |
| Nachbarn. Nawaja sitzt auf der Couch seines Gästezimmers. Eine Steppdecke | |
| mit arabischen Mustern bedeckt die Polster. Seine Frau bringt Reis mit | |
| Lamm, Salat und Joghurt auf einem Tablett herein. Videos von NGOs und | |
| Aktivisten zeigen immer wieder junge Männer, die sich den Häusern in und um | |
| Susja nähern, die Bewohner*innen bedrohen, teils mit Waffen, und | |
| schubsen. Manchmal begleiten Soldaten sie, verhaften tun sie die Männer | |
| dann nicht. | |
| Seit dem Hamas-Angriff vom 7. Oktober hat Sicherheitsminister Itamar | |
| Ben-Gvir Tausende Gewehre an Zivilist*innen im Westjordanland verteilt. | |
| Und über 5.500 Siedler*innen wurden seit Kriegsbeginn in Gaza in die | |
| regionalen Hagmar-Einheiten eingezogen. Berichte von Drohungen und Gewalt | |
| gegen Palästinenser*innen durch Uniformierte Personen häufen sich. | |
| Das israelische Militär (IDF) schreibt dazu, seine Soldat*innen seien | |
| für den Schutz aller Bewohner*innen in der Region tätig. Sie müssten | |
| auch von Israelis begangene Verbrechen stoppen und Verdächtige festnehmen. | |
| Falls das nicht geschehe, würden Untersuchungen eingeleitet und Strafen | |
| verhängt. Wie oft das in den letzten zwei Jahren geschah, beantwortet das | |
| Militär nicht. „Die Siedler sagen uns, dass sie uns hier nicht haben | |
| wollen“, sagt Nawaja. Vor zwei Tagen seien sie nachts gekommen, hätten | |
| Steine auf das Haus des Nachbarn geworfen. Die Polizei sei gerufen worden, | |
| doch nichts sei passiert. Die Siedler rannten weg und kamen dann noch mal. | |
| Unklar ist, von welchem Außenposten oder welcher Siedlung. | |
| Rund um Susja gibt es mindestens eine Siedlung und fünf Außenposten, | |
| darunter einige Farmen. Die Siedlung, nach internationalem Recht illegal, | |
| nach israelischem Gesetz jedoch legal, zählt etwa 1.600 Einwohner. Seit | |
| 1983 leben sie dort. Während der Zweiten Intifada wurde ein Bewohner Opfer | |
| eines palästinensischen Terrorangriffs. Die Siedler produzieren | |
| Ziegenmilch, Wein, betreiben Unterkünfte und organisieren Touren zu den | |
| archäologischen Stätten. Dort finden sich die Überreste einer antiken | |
| Synagoge, die vor Jahrhunderten mit einer Moschee überbaut wurde. Auf den | |
| touristischen Webseiten fehlt jedoch jeder Hinweis auf die religiös | |
| gemischte Vergangenheit von Susja. Leider war es nicht möglich, mit den | |
| Einwohner*innen oder mit Vertreter*innen des regionalen Siedlerrats | |
| zu sprechen. | |
| Draußen brennt die Mittagssonne auf die vertrocknete Erde und die knorrigen | |
| Olivenbäume rund um Nawajas Haus. Eine Drohne summt am Himmel. Masafer | |
| Yatta ist ein heißes Gebiet – nicht nur wegen der Temperaturen. „Jeder hat | |
| Angst vor jenem Moment: Wenn sie kommen werden.“ Das sagt Hamdan Ballal, | |
| Aktivist und Filmemacher, [1][der dieses Jahr einen Oscar gewonnen hat]. | |
| „No Other Land“, Kein anderes Land, heißt der Film, den er mit einem | |
| israelischen Journalisten und weiteren Aktivist*innen produziert hat. | |
| Eine Dokumentation über den Kampf der Anwohner*innen von Masafer Yatta | |
| um ihr Zuhause. | |
| Drei Wochen nach der Preisverleihung in Los Angeles schlug ein Siedler | |
| Ballal vor seinem Haus auf den Kopf. Anschließend nahmen ihn israelische | |
| Soldaten blutend fest. 24 Stunden später ließen sie ihn frei. Der Siedler, | |
| der aus einem illegalen Außenposten auf den Ruinen des alten Susja stammt, | |
| läuft offenbar noch frei herum. | |
| Videos zeigen Teile des Angriffs: Vermummte Jugendliche schubsen filmende | |
| Aktivist*innen, werfen Steine auf Schutzscheiben. Das Militär erklärt, es | |
| habe versucht, die Steinewerfer zu stoppen, sei selbst beworfen worden und | |
| habe drei Personen festgenommen. Übermäßige Gewalt habe man nicht | |
| angewandt. | |
| Ballal sagt, er habe in Handschellen und mit Augenbinde auf dem Boden einer | |
| Militärbasis gesessen. Eine medizinische Behandlung habe er nicht erhalten. | |
| Heute steht er in schwarzem T-Shirt und Jeans auf einem Hof, die Hände in | |
| den Hosentaschen, und lächelt. Vor fünf Monaten hielt er noch eine goldene | |
| Statuette vor klatschendem Publikum in Hollywood in der Hand. | |
| Seine fünfjährige Tochter hat bis heute Albträume, weil sie den Angriff | |
| miterlebte. Sie lebt jetzt in einem anderen Dorf, doch der Blick auf die | |
| Straße nach Susja versetzt sie in Panik. Ballal will sein Haus trotzdem | |
| nicht aufgeben. „Viele hier leben in Zelten oder einfachen Bauten. Aber | |
| diese sind ein Zuhause. Es gibt Erinnerungen hier. Ein Leben. Wenn man die | |
| Menschen von hier rauskickt, werden sie sterben. Wie Fische ohne Wasser. Du | |
| kannst die Fische nicht aus dem Wasser rausnehmen.“ | |
| Kurz nach unserem Gespräch kam es zu einem weiteren Angriff in Masafer | |
| Yatta. Dieses Mal starb jemand: Awdah Hathalin, ein Mitwirkender bei „No | |
| Other Land“. Er wurde erschossen, mutmaßlich von einem Siedler, Yinon Levi. | |
| Dieser besitzt eine illegale Farm in der Nähe. | |
| Levi, der wegen Gewalt unter EU-Sanktionen steht, wurde festgenommen – | |
| zusammen mit fünf Palästinensern und zwei Ausländern – und später wieder | |
| freigelassen, da die Beweislage zu schwach sei. Offenbar fand man die | |
| Patrone, die Hathalins Brust durchbohrte, nicht. Doch ein Video, das | |
| Hathalin aufnahm, als er starb, zeigt Levi, wie er die Waffe lädt, auf ihn | |
| zielt und abdrückt, bevor die Kamera zu Boden fällt. Die IDF sagten damals | |
| zu der Tat, Terrorist*innen hätten Steine auf Israelis geworfen. Auf | |
| eine aktuelle Nachfrage hieß es, neun Personen seien festgenommen und der | |
| Polizei übergeben worden. Eine Anfrage an die Polizei blieb unbeantwortet. | |
| Levi betreibt den illegalen Außenposten Meitarim, etwa 20 Kilometer | |
| westlich. Die Farm wurde 2021 mit Unterstützung einer Firma des Siedlerrats | |
| Har Hevron und des Siedlervereins Amana gegründet. Siedlerräte verwalten | |
| die Siedlungen und das Land in ihrem Bezirk. NGOs werfen ihnen vor, | |
| illegale Außenposten zu fördern. | |
| [2][Amana ist ein Siedlerverein und steht unter britischen Sanktionen]. Der | |
| Verein unterstützt Siedler finanziell und hilft über eine mit ihm | |
| verbundene Firma beim Landkauf und Aufbau von Projekten, auch bei illegalen | |
| Außenposten auf palästinensischem Boden. Das belegen Recherchen der | |
| israelischen NGO Peace Now! und der [3][BBC]. Einige Außenposten listet | |
| Amana sogar auf ihrer Website, andere wurden später von der Regierung | |
| legalisiert. Eine Anfrage an Amana blieb unbeantwortet. | |
| In Umm al-Chair, einem 600-Seelen-Dorf südöstlich von Hebron, herrscht elf | |
| Tage nach der Tat angespannte Stille. Am Vortag begrub die Familie | |
| Hathalins Leichnam, den die israelischen Behörden zurückgaben. Die Orte zum | |
| Trauern sind nach Geschlechtern getrennt. | |
| In einem schlichten Raum sitzen Frauen in schwarzen Kleidern und | |
| Kopftüchern mit Kindern auf Matratzen entlang der Wände. Ein Ventilator | |
| surrt vergeblich gegen die Hitze. Unter ihnen ist Hathalins Mutter, 65 | |
| Jahre alt. Sie seufzt unter ihrem schwarzen Tschador, die Haut von Sonne | |
| und Zeit gezeichnet, und fragt: „Wo ist das Gesetz? Wo ist ihre | |
| Menschlichkeit?“ | |
| Awdah habe nicht an den Auseinandersetzungen teilgenommen, beteuert sie wie | |
| alle Dorfbewohner*innen, mit denen die taz sprach. Er filmte aus dem | |
| Jugendzentrum, was eine ausgetrocknete Blutlache belegt. Der Streit begann, | |
| als ein Bulldozer das Land des Dorfes durchquerte. Dorfbewohner*innen | |
| warfen Steine auf die Maschine. Jetzt steht diese hinter den Toren der | |
| Siedlung Carmel, nur einen Katzensprung entfernt. | |
| Umm al-Chair ist von der Siedlung umgeben. Ein westlich anmutendes Haus mit | |
| Stacheldraht und Kinderspielzeug steht fast Schulter an Schulter mit den | |
| palästinensischen Zelten. Davor eine Hühnerfarm, die laut einem | |
| israelischen Aktivisten mehr Strom erhält als die palästinensischen | |
| Nachbarn, die meist Solarpanels nutzen. Um die Ecke liegt das Jugendzentrum | |
| mit verstaubten Rutschen, wo Awdah Hathalin starb. | |
| Im Dorf leben vor allem vertriebene beduinische Familien, die nach der | |
| Gründung Israels ihre Häuser nahe Beer Scheva verlassen mussten und das | |
| Land hier kauften. Nach dem Oslo-Abkommen wurde das Areal dem Gebiet C | |
| zugeteilt, und der Staat eignete sich das Land an, um die Siedlung Carmel | |
| zu errichten. Immer wieder riss man palästinensische Häuser ab und | |
| genehmigte neue Wohneinheiten für die Siedlung. | |
| Die Menschen im Dorf und in der Siedlung leben dicht beieinander, kennen | |
| sich kaum und meiden einander. Die größten Konflikte gebe es mit Siedlern | |
| aus den Außenposten. Einige Namen fallen immer wieder in Gesprächen in Umm | |
| al-Chair. Leider war es nicht möglich, die Siedlung zu besuchen und mit den | |
| Einwohner*innen zu sprechen. | |
| Ahmad Hathalin, ein Mann mit T-Shirt und Baseballcap, zeigt eine helle | |
| Narbe auf seiner Schulter. Er trägt eine Armschiene und wirkt mit seinen | |
| blutunterlaufenen Augen niedergeschlagen. Viel niedergeschlagener als vor | |
| einem Monat, als die taz ihn erstmals traf. Ahmed sitzt im selben | |
| Jugendzentrum wie damals und erzählt, der Baggerarm habe ihn am Tag von | |
| Hathalins Tod verletzt. Er bestreitet, Steine geworfen zu haben. | |
| Als die taz Ahmed zum ersten Mal traf, war er wegen Abrissbefehlen im Dorf | |
| besorgt. Immer mehr Land wurde in den letzten Jahren zu „staatlichem | |
| Gebiet“ erklärt. Er berichtete von täglichen Schikanen durch Siedler, die | |
| das Vieh am Weiden hinderten und Olivenbäume zerstörten. Kinder spielten | |
| damals um ihn herum. Heute wirkt alles düsterer. | |
| Vor wenigen Tagen war Levi offenbar wieder im Dorf. Der Bulldozer zerstörte | |
| eine Wasserleitung, die ein Dutzend Familien versorgte. Videos von | |
| Aktivist*innen zeigen zerbrochene Rohre auf einer Lichtung. | |
| Im Trauerzelt der Männer herrscht plötzlich Aufregung. Mehrere glänzende | |
| Autos fahren vor. Der Gouverneur von Hebron, Chaled Dudin, Mitglied der | |
| Palästinensischen Autonomiebehörde, hält eine Rede und kondoliert der | |
| Familie. Viel mehr kann er nicht tun. Im Gebiet C hat die palästinensische | |
| Behörde keine Autorität. „Wir können unsere Leute nur unterstützen, | |
| hierzubleiben gegen das Projekt der Siedler“, sagt er. Er appelliert noch | |
| an die internationale Gemeinschaft, die Palästinser*innen zu | |
| unterstützen, steigt dann wieder in seinen Wagen und düst davon. | |
| Etwa vier Kilometer westlich, im Dorf Tuwani, steht ein Anwohner zwischen | |
| Steinbrocken. Wenige Meter weiter beginnt das palästinensische Dorf, | |
| während auf der Hügelspitze auf der anderen Seite eine israelische Flagge | |
| über einem Holzhäuschen weht. „Das ist ein Außenposten. Jetzt haben sie das | |
| Holz gebracht, siehst du die Säcke, das ist neu. Sie wollen ihn ausbauen. | |
| Und das ist unser privates Land.“ | |
| Sami H. blickt missmutig. Seine Familie kann keine Oliven mehr ernten oder | |
| das Vieh grasen lassen. „Das ist Landraub“, sagt er und fährt weiter. Jetzt | |
| sind wir in der Firing Zone 918, einem kargen Abhang mit Felsen. Ein Kind | |
| rennt zwischen zwei Schuppen aus Stein und Plastik. Trümmer und verbogenes | |
| Blech liegen herum. Die Firing Zone, sprich: militärisches Trainingsgebiet, | |
| hat eine lange Geschichte. | |
| In den 1980er Jahren erklärte Israel 3.000 Hektar in Masafer Yatta zur | |
| Firing zone 918. Dreizehn Hirtengemeinschaften, die dort lebten, bekamen | |
| Evakuierungsbefehle. Zu Hunderten wurden die Menschen in den Jahren | |
| vertrieben, viele Häuser und Zelte wurden von den Baggern eingeebnet. Im | |
| Jahr 2022 entschied das Oberste Gericht, dass die Umsiedlung rechtens sei. | |
| Seitdem ist das Risiko, dass auch die verbliebenen Bewohner*innen | |
| vertrieben werden, noch größer. Ziel der Firing Zone ist es, das Land in | |
| israelischer Hand zu halten. Dokumente von 1981 belegen das. Fast 20 | |
| Prozent des Westjordanlands sind heute Firing Zones. | |
| Zurück in Tuwani versperrt ein gelber Metallzaun den kürzesten Weg nach | |
| Yatta. Menschen steigen aus ihren Autos und überqueren die Straße zu Fuß. | |
| Ein Wagen versucht sich in einer Geländefahrt quer über den Abhang, um die | |
| Absperrung zu umgehen. Staubwolken wirbeln auf. Wieso das Tor geschlossen | |
| wurde, ist unklar. Das Militär spricht von „operativen Überlegungen“. | |
| H. schüttelt den Kopf. Neben ihm trinken Männer Tee unter Bäumen. Sein | |
| Blick schweift über die Hügel von Masafer Yatta, als die untergehende Sonne | |
| den Himmel orange färbt. Etwa fünf Kilometer wird Dorfvorsteher Jihad | |
| Nawaja jetzt wahrscheinlich seine acht Kameras checken, ehe er sich für die | |
| Nacht bereit macht. | |
| 14 Nov 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Oscar-fuer-No-Other-Land/!6070162 | |
| [2] https://www.gov.uk/government/news/new-uk-sanctions-target-illegal-outposts… | |
| [3] https://www.bbc.com/news/articles/c207j6wy332o | |
| ## AUTOREN | |
| Serena Bilanceri | |
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