# taz.de -- Gesetzentwurf im Kabinett: Ampel will Whistleblower schützen | |
> Lob für den Gesetzesentwurf kommt aus der Wirtschaft. | |
> Unterstützer:innen von Hinweisgebenden fordern aber Nachbesserungen. | |
Bild: Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) | |
FREIBURG taz | Wer in seinem Unternehmen einen Skandal aufdeckt, soll vor | |
Kündigung und anderen Nachteilen geschützt sein. Das sieht der Entwurf für | |
ein [1][Hinweisgeberschutzgesetz] vor, den die Bundesregierung am Mittwoch | |
auf den Weg gebracht hat. | |
Vielen Verbänden geht der Entwurf aber noch nicht weit genug. Das Gesetz | |
soll in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst gelten. Es sieht | |
vor, dass Hinweisgebende (Whistleblower) vor Repressalien geschützt sind, | |
wenn sie sich an interne Meldestellen des Unternehmens oder eine externe | |
Meldestelle beim Bundesamt für Justiz in Bonn wenden. So sollen die | |
Arbeitgebenden Missstände abstellen können, ohne gleich am öffentlichen | |
Pranger zu stehen. | |
Das für den Gesetzentwurf verantwortliche Justizministerium betonte denn | |
auch den Nutzen für die Unternehmen: „Eine Kultur des Schweigens und | |
Vertuschens ist brandgefährlich: Denn ohne Aufklärung gibt es oft keine | |
Besserung“, erklärte Justiz-Staatssekretär Benjamin Strasser (FDP). | |
Minister Marco Buschmann (FDP) sagte: „Durch frühzeitiges Einschreiten | |
lassen sich Haftungsansprüche und Reputationsschäden vermeiden, die mit | |
einer späteren externen Aufdeckung möglicherweise verbunden wären.“ Einen | |
[2][ersten Entwurf] hatte Buschmann im April vorgestellt. Seitdem haben | |
rund fünfzig Verbände Stellung genommen. Der nun vom Kabinett beschlossene | |
Gesetzentwurf weicht aber nur in Details von Buschmanns Vorlage ab. | |
## Knackpunkt: Anonyme Meldungen | |
Wirtschaftsverbände wie der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) | |
begrüßen den Gesetzentwurf der Bundesregierung grundsätzlich. Sie | |
kritisieren vor allem, dass die deutsche Regelung weit über die | |
zugrundeliegende EU-Whistleblower-Richtlinie hinausgehen soll. | |
Denn nach dem Regierungsentwurf sollen Hinweisgebende nicht nur geschützt | |
werden, wenn sie Verstöße gegen EU-Recht aufdecken, sondern auch wenn sie | |
auf Straftaten nach deutschem Recht hinweisen und auf sonstige | |
Rechtsverstöße in wichtigen Gebieten wie dem Umwelt- und Lebensmittelrecht. | |
Andere Verbände, die eher aus der Sicht der Hinweisgebenden argumentieren, | |
halten den Regierungsentwurf noch für halbherzig, weil er nur auf die | |
Aufdeckung von rechtswidrigem Verhalten abstellt. Whistleblower müssten | |
aber auch geschützt werden, wenn sie Missstände aufdecken, die „noch nicht�… | |
verboten sind, fordert etwa das Whistleblower-Netzwerk und verweist auf den | |
Koalitionsvertrag. Dort geht es auch um den Schutz von Hinweisen auf | |
„sonstiges erhebliches Fehlverhalten, dessen Aufdeckung im besonderen | |
öffentlichen Interesse liegt“. | |
Ein Beispiel ist die Altenpflegerin Brigitte Heinisch, die auf die | |
Unterversorgung in Pflegeheimen hingewiesen hat. „Dies gefährdete zwar die | |
Gesundheit der Pflegebedürftigen, erfüllte aber keinen Straftatbestand“, | |
heißt es in der Stellungnahme des Whistleblower-Netzwerks. | |
Auch Transparency International, die Gesellschaft für Freiheitsrechte und | |
die ehemalige EuGH-Richterin Ninon Colneric fordern hier eine Nachbesserung | |
des Regierungsentwurfs. Die GFF verweist etwa auf die Aufdeckung | |
rechtsextremer Chats bei der Polizei. | |
Zweiter großer Kritikpunkt war der Umgang mit anonymen Meldungen. In | |
Buschmanns erstem Entwurf hieß es nur: „Es besteht keine Verpflichtung, die | |
Meldekanäle so zu gestalten, dass sie die Abgabe anonymer Meldungen | |
ermöglichen.“ Die Verbände hielten dies für unzureichend: „Die Erfahrung | |
zeigt, dass viele Whistleblower gerade bei internen Meldestellen zunächst | |
Vertrauen zum Ansprechpartner aufbauen wollen, bevor sie im Verlauf des | |
weiteren Prozesses bereit sind, ihre Identität preiszugeben“, betonte das | |
Whistleblower-Netzwerk. | |
Buschmann hat an diesem Punkt leicht nachgegeben. Im Regierungsentwurf | |
heißt es nun: „Die interne Meldestelle sollte auch anonym eingehende | |
Meldungen bearbeiten, soweit dadurch die vorrangige Bearbeitung | |
nicht-anonymer Meldungen nicht gefährdet wird.“ Eine Verpflichtung zur | |
Bearbeitung plausibler anonymer Meldungen ist aber immer noch nicht | |
vorgesehen. Umstritten ist auch die generelle Ausnahme für die | |
Nachrichtendienste und der besondere Schutz für staatliche | |
Verschlusssachen. | |
27 Jul 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Schutz-von-Whistleblowerinnen/!5831329 | |
[2] /Neues-Gesetz-der-Ampel-Koalition/!5843523 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
Whistleblower | |
Ampel-Koalition | |
Gesetzentwurf | |
Whistleblower | |
EU-Richtlinien | |
Whistleblower | |
Whistleblower | |
Whistleblower | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kompromiss im Vermittlungsausschuss: Einigung bei Whistleblower-Gesetz | |
Bundesrat und Bundestag haben beim Schutz von Hinweisgeber*innen einen | |
Kompromiss geschlossen. Teile des Gesetzes wurden deutlich abgeschwächt. | |
NGOs geben sich Selbstverpflichtung: Schutz für Whistleblower:innen | |
Mehrere Verbände haben eine Selbstverpflichtung unterzeichnet. Damit wollen | |
sie auch Druck auf die Regierung ausüben. | |
Schutz von Whistleblower:innen: Mit Luft nach oben | |
Whistleblower:innen werden in der eigenen Firma künftig besser | |
geschützt. Gut so. Doch der Gesetzentwurf nimmt noch zu viel Rücksicht auf | |
die Unternehmen. | |
Schutz von Whistleblower:innen: Die alte Angst vor Fehlern | |
Menschen, die auf Missstände hinweisen, gehen enorme Risiken ein. Die | |
Ampelkoalition sollte mit einem neuen Gesetz für besseren Schutz sorgen. | |
Bundesregierung verschleppt Gesetz: Whistleblower müssen warten | |
Die Regierung hat ein Gesetz zum Schutz von Whistleblower:innen noch | |
nicht umgesetzt. Nun hat die EU-Kommission ein Verfahren eingeleitet. |