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# taz.de -- Gericht entscheidet über Glyphosat: Eine halbe Tonne Honig verseuc…
> Ein Imker verlangt von einer Agrarfirma Schadenersatz für Glyphosat in
> seinem Produkt. Wer ist verantwortlich? Das entscheidet nun ein
> Pilotprozess.
Bild: Bienenkästen im Rapsfeld
Frankfurt/Oder taz | Wer ist dafür verantwortlich, dass sich im Honig keine
Pflanzenschutzmittel finden? Muss der Imker seine Stände weit entfernt von
der Landwirtschaft aufstellen? Oder müssen Landwirte Rücksicht auf Imker
nehmen? Das muss in einem Pilotprozess nun das Landgericht Frankfurt (Oder)
klären.
Der Brandenburger [1][Imker] Sebastian Seusing stellte 2018 mit Billigung
des Försters rund 90 Bienenstände für 29 Bienenvölker an einen Waldrand im
Landkreis Barnim auf. Im April 2019 bemerkte Seusing, dass der blühende
Löwenzahn, der auf einem benachbarten Feld wuchs, offensichtlich mit
Pflanzenschutzmitteln besprüht worden war und einging.
Seusing ließ vorsichtshalber den Honig testen, den seine Bienen zuletzt
produziert hatten. Tatsächlich war der [2][Grenzwert für den Wirkstoff
Glyphosat um das 150-fache überschritten]. Der Imker musste deshalb 550
Kilogramm verunreinigten Honig vernichten. Er hatte dadurch Einnahmeausfall
und Aufwand von etwa rund 14.500 Euro.
Den Schaden will Imker Seusing nun ersetzt bekommen. Er hat deshalb die
Eigentümerin des benachbarten Feldes, eine niederländische Agrarfirma,
verklagt. Diese hatte eingeräumt, dass sie den Löwenzahn mit dem
glyphosathaltigen Bayer-Herbizid Durano TF besprüht hatte. Das Feld, auf
dem bisher die Viehfutterpflanze Luzerne angebaut wurde, sollte für die
Anpflanzung von Mais vorbereitet werden.
## Durch die Instanzen
Unterstützt wird Imker Seusing von der Berliner Stiftung Aurelia, die sich
für eine bienen- und imkerfreundliche Welt einsetzt. Die Stiftung will das
Verfahren durch die Instanzen ziehen, um eine grundsätzliche Klärung der
Verantwortlichkeiten zu erreichen. Die Gerichte sollen feststellen, dass es
unzulässig ist, wenn Landwirte ihre Herbizide auf blühende Pflanzen
spritzen und diese so von Bienen in den Honig eingebracht werden.
Auch Sebastian Seusing hat einen langen Atem. Da er die Berufsimkerei
inzwischen aufgegeben hat, kann er offensiv Öffentlichkeitsarbeit betreiben
– ohne Angst vor einem Imageverlust für seinen Honig. Von der Berliner
Politik kann er ohnehin keine Hilfe erwarten. Auf Proteste von Imkern
reagierte [3][Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU)] bislang
ablehnend. Für sie sind Probleme wie die von Imker Seusing „bedauerliche
Einzelfälle“.
Die Stiftung Warentest fand jedoch 2018 in jedem dritten untersuchten Honig
Spuren von Glyphosat, wenn auch unterhalb des Grenzwerts. Das
niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
wies 2016 sogar in über 3 Prozent der untersuchten Honigproben
Überschreitungen des Glyphosatgrenzwerts nach.
## Verstoß gegen „gute fachliche Praxis“
Für Rechtsanwalt Georg Buchholz, der den Imker vertritt, ist das Besprühen
von blühenden Pflanzen ein Verstoß gegen die „gute fachliche Praxis“ des
Pflanzenschutzrechts. Der Imker habe daher Anspruch auf Schadenersatz, weil
die Agrarfirma das Pflanzenschutzgesetz verletzt habe.
Das Gericht diskutierte nach Darstellung des Anwalts aber vor allem einen
Schadenersatz-Anspruch wegen Verletzung des Eigentumsrechts des Imkers. In
der Verhandlung sei es nicht zuletzt um die Frage gegangen, ob den Imker
ein Mitverschulden trifft, weil er die Agrarfirma nicht über den Standort
seiner Bienenvölker informierte. Nach Ansicht von Anwalt Buchholz hätte
dagegen die Agrarfirma den Imker zumindest über die geplante Spritzaktion
informieren müssen. Die Bienenstände seien „nicht zu übersehen“ gewesen.
Das Landgericht Frankfurt (Oder) will Mitte September entscheiden.
Möglicherweise müssen aber auch noch weitere Beweise erhoben werden.
10 Aug 2021
## LINKS
[1] /Film-Regisseurin-ueber-das-Imkern/!5615513
[2] /Glyphosat-im-Honig/!5653996
[3] https://www.deutschlandfunk.de/glyphosatbelastung-von-honig-imker-fuehlen-s…
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
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