# taz.de -- Geoengineering und UN-Umweltprogramm: Geh mir in die Sonne | |
> Die Schweiz will ein Dimmen der Sonne debattieren. Die Idee: Die Folgen | |
> der Klimakrise temporär abzumildern. Wissenschaftler*innen warnen. | |
Bild: Die Sonne abdimmen? Projekt mit unabsehbaren Folgen | |
BERLIN taz | Bisher ist es ein Tabu-Thema: Die Schweiz will, dass die | |
Vereinten Nationen sich stärker mit Geoengineering beschäftigen. Dafür will | |
sich die Eidgenossenschaft bei der Jahrestagung des UN-Umweltprogramms Unep | |
einsetzen, die Ende Februar beginnt. Speziell geht es der Eidgenossenschaft | |
um die Beeinflussung der Sonneneinstrahlung zur Senkung der Temperaturen | |
auf der Erde, die als Folge der menschlichen Treibhausgasemissionen bereits | |
massiv angestiegen sind. | |
Die Schweiz will mit ihrem Vorstoß erreichen, dass Folgen und vor allem | |
Risiken der Technologien ausgewertet werden. Sie werde sich dafür | |
einsetzen, „dass die Unep einen Bericht über die Technologien zur | |
Veränderung der Sonneneinstrahlung (sog. Solar Radiation Modification) | |
erstellt“, [1][heißt es von der Regierung]. „Ziel ist, dass die Staaten | |
über diese Technologien informiert sind, insbesondere über mögliche Risiken | |
und grenzüberschreitende Auswirkungen.“ | |
Eine Idee zum Dimmen der Sonne ist, Militärjets in die Stratosphäre zu | |
schicken und dort Aerosole wie Schwefeldioxid auszubringen. Es wäre | |
sozusagen die künstliche Nachahmung eines gigantischen Vulkanausbruchs, | |
etwa dem des Pinatubo auf den Philippinen 1991. Der dabei in die | |
Stratosphäre geschleuderte Schwefel senkte die globale | |
Durchschnittstemperatur im Folgejahr um ein halbes Grad. | |
Wie nach einem Vulkanausbruch würden sich auch Aerosole, die der Mensch | |
aktiv in die Stratosphäre bringt, wieder absenken – der dimmende und damit | |
kühlende Effekt wäre also nur temporär vorhanden. An der Ursache der | |
zunehmenden Extremhitze, den Treibhausgasen, ändert das solare | |
Geoengineering nichts. Von ökologischen Nebenwirkungen ist bei so einem | |
starken Eingriff zudem auszugehen. | |
## Die Wissenschaft warnt | |
Wissenschaftler*innen hatten vor zwei Jahren in der Fachzeitschrift | |
Wires Climate Change ein [2][internationales Verbot von solarem | |
Geoengineering gefordert]. Sie schlugen einen Staatsvertrag vor, mit dem | |
sich die Länder dazu verpflichten, derartige Technologien nicht zu | |
unterstützen – weder den praktischen Einsatz noch die Erforschung. | |
Ihre Argumente: Es sei im internationalen politischen System nicht möglich, | |
„solares Geoengineering auf planetarer Ebene inklusiv und gerecht zu | |
regeln“. Schließlich stehen brisante Fragen im Raum, bei denen viele Länder | |
je unterschiedliche Interessen haben. Schon allein: Auf welche globale | |
Temperatur einigt man sich? Ist dafür die Statistik über Hitzetote in | |
Indien maßgeblich oder die über die Weinernte in Deutschland? | |
Wahrscheinlich wäre das Dimmen der Sonne billig genug, dass größere | |
Volkswirtschaften dafür nicht auf internationale Partner angewiesen wären. | |
Denkbar ist also der Fall, dass mehrere Parteien durcheinander am | |
Thermostat der Erde drehen würden – mit unabsehbaren Folgen. | |
Zudem warnen die Wissenschaftler*innen davor, dass zu wenig für den | |
eigentlichen Klimaschutz getan werde, solange solares Geoengineering als | |
vermeintliche Lösung im Raum stehe. | |
Schon einmal hatte die Schweiz probiert, eine ähnliche Resolution der | |
Vereinten Nationen zum Geoengineering anzustoßen – erfolglos. Der Versuch | |
scheiterte 2019 am Widerstand von Saudi-Arabien und den USA, damals unter | |
der Trump-Regierung. Die beiden Ölstaaten wollten internationale | |
Regulierung verhindern. Die Erwähnung des Vorsorgeprinzips etwa, auf die | |
die Europäische Union und Bolivien gedrungen hatten, ging ihnen zu weit. | |
## Folgen der steigenden Temperaturen | |
Die Erde hat sich im langjährigen Mittel schon stark aufgeheizt. In den | |
vergangenen [3][zwölf Monaten lag die globale Temperatur im Schnitt | |
erstmals um mehr als 1,5 Grad über dem Niveau, das vor der | |
Industrialisierung typisch gewesen wäre]. Neben der menschengemachten | |
Klimakrise hat dabei auch das natürliche Klimaphänomen El Niño eine Rolle | |
gespielt, das alle paar Jahre vorübergehend auftritt und erhitzend wirkt. | |
Die hohen Durchschnittstemperaturen führen heute schon zu zahlreichen | |
Schäden, Krankheits- und Todesfällen, weil extremes Wetter zunimmt. Allein | |
in Deutschland sind zum Beispiel im vergangenen Sommer [4][mehr als 3.000 | |
Menschen in Verbindung mit Hitze gestorben]. | |
16 Feb 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-1… | |
[2] https://wires.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/wcc.754 | |
[3] /EU-Klimadienst-Copernicus/!5991185 | |
[4] https://www.rki.de/DE/Content/GesundAZ/H/Hitzefolgekrankheiten/Bericht_Hitz… | |
## AUTOREN | |
Susanne Schwarz | |
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