# taz.de -- Fußball in Corona-Zeiten: Die wollen nur Spiele | |
> Spiele absagen will die Deutsche Fussball-Liga inmitten der | |
> Coronavirus-Ausbreitung nicht. Was fernab der Stadien passiert, ignoriert | |
> sie gern. | |
Bild: Blick auf die Zuschauerränge beim Spiel AC Mailand gegen FC Genua in Mai… | |
Gerade wurde noch über Spielabbrüche diskutiert, schon weiß | |
Fußballdeutschland, dass trotz Corona [1][weiter gekickt werden] muss: Die | |
Meisterschaft findet statt, der enge Terminplan wird gehalten! Auf Fans | |
können die Klubs vielleicht verzichten, aber ansonsten gilt: „The games | |
must go on!“ Dieser Satz wurde hierzulande schon immer als eine Art | |
moralischer Imperativ verstanden. | |
Mit dem, was außerhalb des Stadions, der Turnhalle oder des Schwimmbeckens | |
passiert, will und wollte der deutsche Sport noch nie viel zu tun haben: | |
Wir sind unpolitisch, wir geben uns selbst die Regeln. So sieht man sich | |
selbst, so hat man jahrzehntelang jede Beschäftigung mit gesellschaftlichen | |
Phänomenen wie Rassismus und Rechtsextremismus verweigert, und als das | |
Coronavirus schon so verbreitet war, dass bereits die großen Handelsmessen | |
abgesagt wurden, kickte die Bundesliga weiterhin ihren Spielplan runter, | |
als habe es außer Plakaten gegen Hoffenheims Finanzier nichts gegeben. | |
Noch am Wochenende waren viele Fußballklubs der Meinung, dass auf den Klos | |
ausgehängte Zettel, wie man sich die Hände wäscht, genügen, wenn | |
Zehntausende Menschen auf engstem Raum zusammenkommen. Die Deutsche Fußball | |
Liga (DFL) diskutiert gerade über mögliche Geisterspiele, also Partien ohne | |
Zuschauer. Damit könnte sich die DFL sogar anfreunden, denn das Problem der | |
Fanproteste wäre verschoben: Wo [2][keine Zuschauer] rein gelassen werden, | |
können auch keine frechen oder rassistischen Transparente entrollt werden. | |
So ärgerlich vielleicht der Verzicht auf – relativ betrachtet, gar nicht | |
mehr so wichtige – Zuschauereinnahmen wäre: Zwei Vorteile hätte eine solche | |
Anordnung für DFL und Klubs schon: Zum einen wären sie selbst nicht schuld, | |
es wären ja behördliche Anweisungen; zum anderen flössen die übrigen Gelder | |
weiter. | |
[3][In Italien], wo aufgrund der hohen Zahl der Erkrankten sich der Staat | |
gar nicht mehr leisten kann, nur noch Empfehlungen à la Jens Spahn | |
abzugeben, hat sich die Profiliga auf Geisterspiele geeinigt. Der | |
Spielbetrieb findet also statt, die Gelder fließen. Weder in Italien noch | |
in Deutschland denkt man daran, Spiele abzusagen – wie es in der Schweiz | |
geschehen ist. Dass weiter gekickt wird, wenn auch vor leeren Tribünen, | |
empört Italiens Sportminister: Die Funktionäre hätten wohl den Ernst der | |
Lage nicht begriffen, auch Profifußballer könnten sich infizieren: „Worauf | |
warten wir denn noch? Auf den ersten Infektionsfall in der Serie A?“ | |
Hierzulande ist es ähnlich: Auf Fans kann der Fußballbetrieb verzichten, | |
aber doch nicht auf Fernseh- und Sponsorengelder. | |
9 Mar 2020 | |
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## AUTOREN | |
Martin Krauss | |
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