# taz.de -- Fossile Rohstoffe und Klimawandel: Öl bleibt Öl | |
> Bei Ölkonzernen ist es gerade en vogue, Klimaschutzpläne zu schmieden. | |
> Expert*innen haben indes nachgewiesen, dass sie weiter in fossile | |
> Rohstoffe investieren. | |
Bild: Die Konzerne investieren nicht weniger, sondern mehr in die Erschließung… | |
BERLIN taz | Bernard Looney pries im August in einem Interview mit der | |
Nachrichtenagentur Bloomberg ein Produkt seines Hauses an: „Wir haben im | |
vergangenen Jahr 150 Millionen Tassen Kaffee verkauft. Das ist ein starkes | |
Geschäft. Es ist ein Wachstumsmarkt.“ | |
Nun ist Looney der Chef des britischen Ölmultis BP, der rund 280 Milliarden | |
Dollar Umsatz mit fossilen Rohstoffen macht. Der Satz war trotzdem kein | |
Witz, er sollte illustrieren, dass der Konzern es ernst meint mit neuen | |
Geschäftsfeldern jenseits von Öl- und Gasförderung. Vergangene Woche legte | |
BP als erster Konzern seiner Branche [1][mit der Vermutung] nach, dass der | |
globale Ölverbrauch 2019 sein historisches Maximum erreicht habe und nach | |
Corona unweigerlich sinken könnte. | |
BP ist nur das jüngste Beispiel im Bemühen vor allem europäischer Öl- und | |
Gaskonzerne, so etwas wie Klimaschutzpläne aufzustellen. Wie ernst die | |
gemeint sind, hat die amerikanische NGO Oilchange International nun | |
erstmals systematisch untersucht. Und obwohl einige Konzerne tatsächlich – | |
wie eben BP, die italienische Eni oder auch die spanische Repsol – erste | |
Schritte machen, ist das Ergebnis ernüchternd. „Der Beste unter den | |
Schlechtesten zu sein ist nicht gut. | |
Es gibt absolut nichts zu feiern“, sagt die Mitautorin der Studie, Hannah | |
McKinnon, der taz. Selbst die weniger Ambitionierten lassen sich überall | |
Schlupflöcher offen: BP und Repsol versprechen zwar, bis 2050 klimaneutral | |
zu sein, doch BP nimmt seinen Anteil an der russischen Rosneft einfach | |
komplett aus. Repsol behält sich ebenfalls noch ein paar fossile Kraftwerke | |
vor. | |
## Konzerne investieren weiter in Öl und Gas | |
Equinor, Shell und Total wollen lediglich die CO2-Intensität ihrer Produkte | |
senken, es soll also irgendwie weniger CO2 pro Öl- oder Gaseinheit in die | |
Atmosphäre gelangen. Katastrophal sind die US-Konzerne, die keinerlei | |
Klimaziele haben. | |
Staatskonzerne aus Russland, China oder den Golfstaaten sind in der | |
Untersuchung nicht enthalten, weil nicht oder nur teilweise am | |
Kapitalmarkt notierte Konzerne wesentlich intransparenter sind. Von | |
Klimaschutzambitionen ist dort allerdings ohnehin nichts bekannt, sagt | |
Studienautorin McKinnon. | |
Statt weniger Öl und Gas wollen die untersuchten Konzerne sogar kräftig | |
weiter in die Erschließung neuer Quellen investieren. Obwohl allein die | |
erschlossenen Ölvorräte ausreichen, um das Weltklima um mehr als 1,5 Grad | |
aufzuheizen, die Emissionen aus Kohle und Gas nicht mitgerechnet. | |
Untersuchungen der norwegischen Analysefirma Rystad Energy zeigen, dass | |
allein ExxonMobil nach derzeitigen Investmentplänen seine Ölproduktion bis | |
2030 um 50 Prozent erhöhen könnte, BP um 8 Prozent, sollte das Unternehmen | |
seine neuen Klimapläne nicht umsetzen. | |
Die Investitionen in den Öl- und Gassektor könnten sich bald, ähnlich wie | |
zuvor im Kohlebereich, als Stranded Assets, also wertlose Geldanlagen | |
erweisen. Der britische Thinktank Carbon Tracker [2][warnte kürzlich], dass | |
die Konzerne in ihren Analysen für mehr Ölverbrauch maßgeblich auf eine | |
Ausweitung der Plastikproduktion setzen, ein möglicherweise 400 Milliarden | |
Dollar schwerer Irrtum. McKinnon fordert ein staatliches Eingreifen: Keine | |
neuen Förderlizenzen mehr und ein Ende der Subventionen für fossile | |
Energien. „Es muss viel mehr viel schneller passieren.“ | |
23 Sep 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bp.com/en/global/corporate/energy-economics/energy-outlook.html | |
[2] /Finanzrisiko-neue-Produktionsanlagen/!5712090 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
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