# taz.de -- Folgen des Klimawandels: „Nothilfe reicht nicht“ | |
> Wenn sich Krise an Krise reiht: Dem Klimawandel begegnet Thandie Mwape | |
> vom Roten Kreuz Afrika in ihrer Arbeit immer häufiger. | |
Bild: Das Welternährungsprogramm der UN verteilt Weizen in Äthiopien im Janua… | |
taz: Frau Mwape, wenn es eine humanitäre Katastrophe in Afrika gibt, | |
springt Ihre Organisation ein. Wie oft haben Sie mit dem Klimawandel zu | |
tun? | |
Thandie Mwape: Wir erleben zum Beispiel in manchen Regionen intensive | |
Dürren, dann wieder regelmäßig Überschwemmungen. Daran schließen sich | |
Probleme an, Hunger, Krankheit, Pandemie, Mangelernährung, vor allem bei | |
Kindern und Frauen. Der Klimawandel ist ein starker Treiber für humanitäre | |
Probleme in Afrika. Soll ich Beispiele nennen? | |
Ja, bitte. | |
Jetzt gerade gibt es in Kenia, Somalia und Äthiopien zum Beispiel 20 | |
Millionen Menschen, die dieses Jahr wohl die humanitäre Hilfe in einer | |
Hungerkrise brauchen. Das ist ein Resultat wiederholter Dürreperioden. Die | |
Leute haben nach einer Dürre nicht die Zeit, sich zu erholen, bevor die | |
nächste Dürre beginnt. Kenia hat schon im vergangenen Jahr einen | |
Hunger-Notstand ausgerufen. Madagaskar wurde eine Zeit lang sogar als das | |
erste Land bezeichnet, das eine richtige Klima-Hungersnot erleidet, … | |
… bis eine Studie ergab, dass ausgerechnet in diesem Fall [1][nicht der | |
Klimawandel an der Trockenheit Schuld war]. | |
Aber die Krisen überschlagen sich. Anfang dieses Jahres wurde Madagaskar | |
innerhalb von drei Wochen von drei tropischen Stürmen getroffen. Dem | |
mussten sich dieselben Menschen stellen, die immer noch mit dem Hunger | |
wegen der Dürre kämpfen. Und natürlich auch mit der Coronapandemie. In | |
Westafrika hingegen ist Bodendegredation ein großes Problem. Oder ein | |
anderes Beispiel: Im Jahr 2020 mussten wir beim IFRC elf afrikanische | |
Länder gleichzeitig unterstützen, die gerade mit Überschwemmungen zu | |
kämpfen hatten. | |
Diese Komplexität und Vielfalt der Krisen spielt auch im [2][neuen Bericht | |
des Weltklimarats eine Rolle]. Wer ohnehin schon viele Baustellen hat, zum | |
Beispiel auch Armut, kann die negativen Folgen des Klimawandels schlechter | |
abfedern und hat ein höheres Risiko, warnen die Wissenschaftler:innen. | |
Ja, den Klimawandel kann man nicht mit Tunnelblick betrachten. Er | |
verschärft Verwundbarkeit, sowohl auf dem sozialen, als auch auf dem | |
wirtschaftlichen Level. Klimawandelbedingte Schäden und Verluste nehmen | |
definitiv zu und es sind die ärmsten Menschen, die vor allem mit diesen | |
Grenzen der Anpassung zurechtkommen müssen. | |
Um ihnen zu helfen, sind Sie davon abhängig, dass andere Menschen | |
freiwillig Geld spenden. Reicht das? | |
Gerade bei langanhaltenden Problemen ist das schwierig, die Aufmerksamkeit | |
schwindet. Da müssen wir sehr innovativ arbeiten. Natürlich sind wir da, um | |
Leben zu retten, wenn Menschen akut hungern oder überflutet werden. | |
Nothilfe reicht aber generell nicht aus beim Klimawandel. Wir versuchen | |
deshalb auch, langfristige Projekte aufzubauen, die Menschen langfristig | |
ein sicheres Leben und einen Lebensunterhalt ermöglichen. | |
Sollten die Industrieländer dem globalen Süden Geld zahlen, nicht als | |
Spende im Notfall, sondern regelmäßig als Kompensation von Schäden und | |
Verlusten? | |
Ja, ich denke schon. Es gibt eine internationale Vereinbarung, dass der | |
globale Norden aktuell jedes Jahr 100 Milliarden US-Dollar an den globalen | |
Süden zahlt. | |
Das Geld darf aber nur für Klimaschutz genutzt werden und für die Anpassung | |
an den Klimawandel, [3][nicht für eingetretene Schäden]. | |
Und es ist bisher bei Weitem nicht geliefert worden. Noch fließt davon auch | |
nicht genug in die Anpassung, aber das nimmt an Fahrt auf. | |
Klimafinanzierung muss dem globalen Süden helfen, sich anzupassen – aber | |
auch auf Katastrophen reagieren zu können. | |
Ich will aber auch noch Aufmerksamkeit darauf lenken, dass diese Menschen | |
nicht hilflos sind. Sie haben eigene Lösungen. Ich war auf der Messe Dubai | |
Expo und war beeindruckt, zum Beispiel von Frauen, die in der Sahel-Zone | |
Unternehmen aufbauen wollen – einer Region, die oft einfach nur als | |
vulnerabel gesehen wird. | |
1 Mar 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Hungersnot-in-Madagaskar/!5816026 | |
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## AUTOREN | |
Susanne Schwarz | |
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