Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Finanzforscherin über Wirecard-Skandal: „Alarmglocken hätten l�…
> Bei Wirecard waren kriminelle Schaumschläger am Werk. Die Verantwortung
> liegt bei den Wirtschaftsprüfern, sagt Bankenexpertin Dorothea Schäfer.
Bild: Die Bilanzen von Wirecard wurden jahrelang einfach so durchgewunken
taz: Hätten Sie gedacht, dass ein Fall Wirecard in Deutschland möglich ist,
Frau Schäfer?
Dorothea Schäfer: Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass ein
Unternehmen in den DAX 30 aufgenommen wird – und sich dann herausstellt,
dass alles nur heiße Luft ist. Es ist nicht die deutsche Finanzaufsicht
Bafin allein, die einiges übersehen hat. Es ist auch die Deutsche Börse,
die bei der Aufnahme in den DAX nicht genug geprüft hat.
Im Bundestag wird über einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss
nachgedacht. Ist das sinnvoll?
Ehrlich gesagt finde ich das abwegig. Was soll die Politik machen? [1][Sie
kann nicht die Bilanzen von Konzernen kontrollieren]. Die Wirtschaftsprüfer
von EY sind keine Klitsche. Wenn die testieren, dass die Bilanzen in
Ordnung sind, ist das schwer anzuzweifeln.
Kann der zuständige [2][Finanzminister Olaf Scholz] noch Kanzlerkandidat
der SPD werden?
Ja, daran soll es nicht liegen. Da waren Schaumschläger mit krimineller
Energie am Werk. Man muss nun darüber nachdenken, wie ihnen das gelungen
ist. Die Politik hat Regeln und Gesetze zu entwickeln, sie hat doch keine
Bilanzen zu prüfen.
Viele fragen sich, wie die [3][Finanzaufsicht so versagen konnte]. Was
meinen Sie?
Die Finanzaufsicht war, wie andere auch, unaufmerksam, aber die erste
Schuld hat sie nicht.
Sondern?
Die liegt eindeutig bei den Wirtschaftsprüfern. Außerdem ist der
Aufsichtsrat das erste Gremium, das den Vorstand kontrolliert.
Die Wirtschaftsprüfer von EY haben die Bilanzen von Wirecard offenbar
jahrelang durchgewunken – gibt es da strukturelle Probleme?
Bei Bilanzprüfungen gibt es hierzulande sicher Interessenkonflikte. Im Zuge
der Finanzkrise nach der Lehman-Pleite hat man darüber nachgedacht, Mandate
an Wirtschaftsprüfer nur zeitlich limitiert zu vergeben, damit es keine zu
engen Verbindungen zwischen Vorstand und Prüfern gibt. Zudem sollten
Beratung und Wirtschaftsprüfung getrennt werden. Aber das ist im Sande
verlaufen.
Ist es dann nicht umso problematischer, dass sich die Bafin gar nicht für
einen Großteil von Wirecard zuständig fühlte?
Bafin und Bundesbank haben entschieden, dass Wirecard ein
Technologieunternehmen und kein Finanzkonzern ist. Im Nachhinein war das
fatal, weil der Konzern ja nichts anderes getan hat, als Geld hin und her
zu schieben.
[4][Cum Ex], Deutsche Bank, Unister und nun Wirecard – die Liste der
Finanzskandale wird immer länger. Hat die rot-grüne Bundesregierung die
Finanzbranche Anfang der nuller Jahre nicht zu weit liberalisiert?
Ich weiß nicht, ob es richtig wäre, die Bafin nun in etwas ganz anderes zu
verwandeln. Sie ist damals geschaffen worden, um sektorenübergreifend
beaufsichtigen zu können. Das halte ich immer noch für den richtigen
Ansatz. Die Deregulierung ist damals aber tatsächlich sehr weit gegangen.
Hat das Nachlässigkeit gefördert?
Ja. Hätte man nicht Bedenken bei Wirecard beiseitegewischt, das
aufstrebende Unternehmen in seiner Entwicklung zu behindern, hätte man die
Probleme entdeckt. Spätestens bei den ersten Enthüllungen der Financial
Times 2019 hätte man genau hinschauen müssen. Die Bafin hätte nicht nur ein
Ein-Mann-Rechnungsprüfungsunternehmen engagieren dürfen, sondern alles tun
müssen: Alle Alarmglocken hätten läuten müssen.
Wie groß ist der Schaden für den Finanzplatz und die Aktionärskultur in
Deutschland?
Groß. Als Wirecard-Aktionär wäre ich jetzt ziemlich verzweifelt. Ich würde
mich fragen, wie es sein kann, dass man nicht auf der sicheren Seite ist,
wenn man in die 30 besten Werte in Deutschland investiert. Auf der anderen
Seite gab es Enron, Bernie Madoff oder WorldCom in den USA – und trotzdem
investieren dort weiterhin sehr viele in Aktien.
24 Jul 2020
## LINKS
[1] /Insolvenz-von-Wirecard/!5695767
[2] /Rolle-der-Regierung-bei-Wirecard-Pleite/!5695743
[3] /Versagen-der-Finanzaufsicht-bei-Wirecard/!5693367
[4] /Cum-Ex-Steuerskandal/!5678448
## AUTOREN
Kai Schöneberg
## TAGS
Wirecard
Wirtschaftsprüfer
Olaf Scholz
Deutsche Bank
Wirecard
Wirecard
Wirecard
Wirecard
Wirecard
Wirecard
## ARTIKEL ZUM THEMA
Geldwäsche bei Großbanken: Der nächste Finanzskandal
Wieder steht die Deutsche Bank im Mittelpunkt eines Skandals: Ein
Reporternetzwerk hat Daten über Geldwäschemeldungen ausgewertet.
Der Finanzminister im Wirecard-Skandal: Wer ohne Scholz ist …
Wer Fehler nicht zugibt, wiederholt sie. Olaf Scholz macht erneut eine
schlechte Figur in einem Betrugsskandal. Das wird ihm und der SPD schaden.
Bilanzexpertin über Wirecard-Skandal: „Es gab sehr viele Warnzeichen“
Beim Wirecard-Betrug haben viele Stellen versagt. Der Schaden daraus ist
Politikern nicht bewusst, glaubt Carola Rinker, Expertin für
Bilanzfälschung.
Sondersitzung zum Wirecard-Skandal: Nur die Spitze des Eisbergs
Bei einer Sondersitzung des Finanzausschusses müssen die Minister Scholz
und Altmaier Rede und Antwort stehen. Opposition fordert Aufklärung.
Die Wahrheit: Pornobalken im Laborversuch
Wirecard-Skandal und kein Ende: Was läuft falsch, was wird endlich viel
besser in den restlichen 29 deutschen DAX-Großkonzernen?
FAQ zum Wirecard-Skandal: EY, was soll das?
Die Prüfer von EY wollen für den Wirecard-Betrug nicht zuständig gewesen
sein. Zocker haben es hier leicht. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Betrug bei Dax-Konzern: Wirecard-Chef wieder in U-Haft
Die Staatsanwaltschaft erweitert ihre Vorwürfe gegen den
Zahlungsdienstleister Wirecard. Drei Manager wurden festgenommen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.