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# taz.de -- Facebook sperrt prominente Hetzer: Frühjahrsputz bei Facebook
> Die Plattform sperrt die Konten von rechten Ideologen und
> Verschwörungstheoretikern. Klingt gut, aber so einfach ist das nicht.
Bild: Daumen runter: Louis Farrakhan und Alex Jones
Die Zeiten sind lange vorbei, in denen sich Facebook mit einem
Schulterzucken herausreden konnte: „Noja, wir sind doch nur die Plattform“.
Inzwischen ist klar, dass die Betreiberinnen sozialer Netzwerke
verantwortlich sind für ihre Inhalte. Und dieser Verantwortung kommen sie
sogar immer mal wieder ein bisschen nach. Dumm nur, wenn man ein Medium
geschaffen hat, das die schlimmsten Auswüchse menschlicher Kommunikation
nicht nur gestattet, sondern auch befördert – und wenn man dann versuchen
möchte, das ganze möglichst elegant wieder zu reparieren.
Am Donnerstag wurde bekannt, dass Facebook sowie sein Anhängsel Instagram
die Konten einiger politischer Krawallbrüder in den USA gesperrt haben. Im
Folgenden kurz zur aktuellen Parade des Grauens: Alex Jones gehört dazu,
Betreiber der Seite „InfoWars“, [1][bekannt für Verschwörungstheorien und
für Onlinevideos, in denen er stundenlang mit hochrotem Kopf in ein
Mikrofon schreit]. Bei ihm holen sich die mittelalten bis älteren Herren im
rechten bis voll-irren Spektrum des US-amerikanischen Diskurses ihre
tägliche Dosis „Ja genau, hab ich ja schon immer gesagt“ ab.
Die jüngeren, etwas hipperen, etwas schwuleren Rechtsneurotiker hingegen
landen bei Milo Yiannopoulos – Dandy, Entrepreneur-Provocateur und, nach
allem was man weiß, mittlerweile ziemlich pleite. Und dann ist da noch
Louis Farrakhan, der nicht rechts ist, sondern ein politisch-religiöser
Prediger, sein Content mischt Antisemitismus, politischen Islam und Black
Power mit Segregationsfantasien.
All diese Typen waren bisher auf Facebook aktiv, aber nein, Facebook wirft
sie nicht zum ersten Mal raus. Alex Jones erhielt im vergangenen Jahr eine
90-tägige Sperre wegen des Verbreitens von „Hassrede“, nutzte aber andere
Accounts um seine Inhalte zu verbreiten. Facebook spielt mit ihm und
anderen ein Spiel, das in den USA als Whac-A-Mole bekannt ist und bei dem
man mit einem Hammer auf aus Löchern hüpfende Tierchen einschlägt, die
immer wieder neu an einer anderen Ecke des Spielfelds auftauchen.
## Das Problem
Es gibt dabei ein Problem, denn Facebook hat nur eine Möglichkeit, Inhalte
wie die von „InfoWars“ nachhaltig zu entfernen: Uploadfilter. Der Konzern
verfügt durchaus über Tools, die bestimmte Formen von Hassrede und
Verschwörungstheorien erkennen kann. Besonders bei Quellen wie „InfoWars“,
bei denen sich die Erzählung letztlich immer wiederholt (der Anschlag auf
die Twin Towers: inszeniert; der Amoklauf an der Grundschule in Sandy Hook:
erfunden; die Mainstreammedien: gekauft). Aber Facebook will diese Tools
nicht einsetzen, erstens weil es Usern ermöglichen will, der rechten Hetze
etwas entgegenzusetzen, andererseits weil die Uploadfilter bekanntermaßen
sehr ungenau arbeiten.
Deswegen hat der Plattformkonzern schon im Februar eine eher softe Regel
ausgesprochen. Damals sperrte Facebook mal wieder Alex Jones, und auch da
bereits Milo Yiannopoulos und Louis Farrakhan neben anderen. Dazu gab
Facebook bekannt, dass Inhalte dieser Blogger*innen von niemandem mehr
geteilt werden dürfen, es sei denn man bezieht sich kritisch auf sie. Das
alles hat mit dem großen Aufräumen zu tun, das Facebook Anfang des Jahres
in Gang gesetzt hat. Dazu gehört [2][das Versprechen, mehr Datenschutz
umzusetzen], diverse Lecks aufzuarbeiten, sowie der Versuch, den Ruf
abzustreifen, dass man ein Netzwerk für laute Irre ist.
Funktioniert aber nicht. Zwar dürften Uploadfilter-Gegner*innen Verständnis
haben für die Weigerung Facebooks, maschinell gegen Leute wie Alex Jones
vorzugehen. Im Umkehrschluss bedeutet das aber: Man braucht entweder genug
humanes Personal, um die aufploppenden „InfoWars“-Accounts schnell zu
identifizieren und zu löschen. Oder man muss auf die Macht der Gegenrede im
Netz vertrauen – eine Haltung, die selbst bei Facebook inzwischen out of
date sein dürfte.
Heißt: Wenn Facebook wirklich aufräumen will, wie es verspricht, müsste es
sich eigentlich von einer Plattform in eine Diskursverwaltung verwandeln,
und immer wieder aufs Neue Vollidioten sperren und dafür gewaltiges
Personal aufbieten. Wenn sie das tatsächlich tun, dann gebührt ihnen dafür
auch mal eine großes Lob. Dann allerdings wäre die Frage, ob sich das
Geschäftsmodell Facebook so überhaupt noch lohnen würde.
3 May 2019
## LINKS
[1] /Alex-Jones-in-Sozialen-Medien-gesperrt/!5524125
[2] /Facebook-will-Datenschutz-verbessern/!5573171
## AUTOREN
Peter Weissenburger
## TAGS
Schwerpunkt Meta
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Schwerpunkt Rassismus
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