| # taz.de -- FDP und D-Day: Staatstragende Partei, die von Kettensägenmassakern… | |
| > Das Problem der FDP ist größer, als wer wann was vom D-Day wusste. | |
| > Tagsüber macht sie auf Heuss, nachts träumt sie davon, den Sozialstaat zu | |
| > roden. | |
| Bild: Das neue Objekt liberaler Begierde: die Kettensäge | |
| Die FDP-Spitze führt derzeit ein für Außenstehende amüsantes Stück auf. Sie | |
| versucht dem Publikum mit halbseidenen Erklärungen nahezulegen, dass der | |
| [1][D-Day-Skandal] gar keiner war. Und weiß selbst, dass das Publikum weiß, | |
| wie dünn ihre Erklärungen sind. Das ist der Stoff für Komödien. Wer in den | |
| letzten Tagen Christian Lindners gewundenen Beteuerungen zuhörte, dem mag | |
| Kleists „Der zerbrochene Krug“ eingefallen sein, in dem ein Selbstgerechter | |
| eine unschöne Entdeckung machen muss. „Denn jeder trägt / Den leid’gen | |
| Stein zum Anstoß in sich selbst.“ | |
| Wenn man nicht zur schrumpfenden Zahl der FDP-Anhänger gehört, hat die | |
| D-Day-Affäre einigen Unterhaltungswert. Die politisch wichtigere Frage | |
| lautet: Brauchen wir eine liberale Partei, [2][und wenn ja, wie viele?] | |
| Die FDP leidet seit Langem an sich selbst. Sie ist, spätestens seit | |
| Schwarz-Gelb Ja zur Euro-Rettung sagte, zerrissen. Tagsüber tut sie so, als | |
| wäre sie noch die alte, staatstragende Partei von Heuss und Genscher. | |
| Nachts träumt sie davon, mit der Kettensäge den Sozialstaat zu roden und | |
| den Bürokratiedschungel zu lichten. Das sind schwere, drängende Träume, | |
| wenn man tagsüber mit Lisa Paus regiert. Wir müssen uns die FDP als eine | |
| unglückliche Partei vorstellen. | |
| Dieser Zwiespalt ist omnipräsent. Wenn Lindner versichert, er hätte die | |
| Ampel verlassen müssen, um als Finanzminister nicht die Verfassung brechen | |
| müssen, inszeniert er sich als Liberaler alten Schlages. Aber diese | |
| verfassungspatriotische Geste wirkt wie ein Zitat. Lindner strahlt einen | |
| flatterhaften Mangel an Ernsthaftigkeit aus, den sich liberale Granden | |
| früher nicht erlaubt hätten und den man sonst eher bei Rechtspopulisten | |
| findet. | |
| ## Die FDP steht sich selbst im Weg | |
| Das Problem ist größer als Lindner und fundamentaler als die Frage, wer | |
| wann was vom D-Day-Plan wusste. Die FDP steht sich selbst im Weg. Sie litt, | |
| wundgerieben von Wahlniederlagen, immer mehr an der Ampel. Sie kokettierte | |
| in immer schnellerer Taktung mit dem Ausstieg und gefiel sich als | |
| Opposition in der Regierung. | |
| Das wirkte etwas unerwachsen. Zumal dies eine Wiederholungstat war. 2009 | |
| beharrte sie trotzig auf radikalen Steuersenkungen, für die es keinen | |
| Spielraum gab. 2017 beerdigte Lindner mit großem Auftritt Jamaika. | |
| Brauchen wir eine liberale Partei? Sind die Grünen nicht sowieso die neue | |
| liberale Partei? Es stimmt: Liberale Grundüberzeugungen sind in viele | |
| Parteien diffundiert. Das Ausbleichen der Ideologien findet man allerdings | |
| auch bei der Sozialdemokratie und den Konservativen. Aber nur die Liberalen | |
| leiden so innig und heftig an sich selbst. | |
| Es gibt durchaus Platz für eine wirtschaftsliberale Partei, die bürokratie- | |
| und staatskritisch ist. Und die den alten Mittelstand vertritt, der den | |
| Grünen gelinde gesagt fernsteht. Eine Partei, die Freiheit authentischer | |
| formuliert als andere. [3][Die FDP, die ohne Kompass zwischen | |
| rechtspopulistischer Versuchung und staatspolitischer Verantwortung hin- | |
| und herschwankt,] ist es nicht. | |
| 7 Dec 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Stefan Reinecke | |
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