# taz.de -- Extinction Rebellion in Berlin: Sich sitzend widersetzen | |
> Die Bewegung Extinction Rebellion beginnt am Montag mit ihrer | |
> Protestwoche für Klimagerechtigkeit. Auch ziviler Ungehorsam ist Teil der | |
> Aktionen. | |
Bild: Beim Tanz der toten Bäume: Aktivist:innen von XR machen auf das Waldster… | |
Berlin taz | Aus Lautsprechern ertönt der Lärm einer Motorsäge, kurz darauf | |
das Krachen eines umfallenden Baumes. Drumherum wächst eine Menge aus grün | |
gekleideten Menschen, die Kopfbedeckungen in Form von Blättern, Äste und | |
Banner tragen. „Der Wald ist unsere Lunge“, verkündet ein Plakat in | |
leuchtender Schrift. | |
Zum Marsch der toten Bäume hat die Klimabewegung Extinction Rebellion (XR) | |
am Montagmorgen aufgerufen. Hunderte haben sich dafür vor dem Ministerium | |
für Ernährung und Landwirtschaft versammelt. Während der Marsch nach einer | |
kurzen Kundgebung Richtung Verkehrsministerium loszulaufen beginnt, | |
blockieren dort bereits seit Stunden Aktivist:innen sitzend Eingänge des | |
Gebäudes. Eine weitere Blockade vor dem Landwirtschaftsministerium wurde | |
bereits früh geräumt. | |
Die „rebellion wave“ hat begonnen: Mit Demonstrationen, vor allem aber | |
Massenaktionen des zivilen Ungehorsams in Berlin möchte XR in dieser Woche | |
auf Artensterben und Klimakrise aufmerksam machen, indem der normale | |
Betrieb an unterschiedlichen Stellen gestört wird. | |
## Die Wälder in der Krise | |
„Die Wälder in Deutschland sterben, die Wälder auf der ganzen Erde | |
brennen“, erklärt auf dem Marsch der toten Bäume die Aktivistin Manon | |
Gerhardt am Mikrofon. „Sie werden zerstört für kurzfristige | |
Profitinteressen der industriellen Landwirtschaft, aber auch der | |
Energiekonzerne“, so Gerhardt. | |
Sie verweist dabei auf die aktuell stattfindenden Rodungen im hessischen | |
Dannenröder Wald für eine Autobahn, was bei den Demonstrant:innen laute | |
Buh-Rufe erntet. [1][Durch Baumbesetzungen und Blockaden versuchen | |
Aktivist:innen weiterhin, die Rodungen zu stoppen.] | |
Auf der Demonstration spricht auch Ines von Keller, die zu den | |
Foresters4Future gehört. Sie berichtet von krisenhaften Zuständen der | |
Wälder in Deutschland durch die Erderwärmung. Seit 2018 erlebe man eine | |
Dürreperiode, die gepaart sei mit Extremwetterereignissen und darauf | |
folgenden massenhaften Vermehrungen bestimmter Insektenarten. | |
„Bis heute sind etwa 3.000 Hektar Wald in Deutschland abgestorben“, erzählt | |
von Keller. Sie betont außerdem die Bedeutsamkeit von Wäldern für | |
Biodiversität und sauberes Trinkwasser. „Wir müssen die Bioökonomie | |
ausbauen und die bisher auf fossilen Rohstoffen basierende Ökonomie zeitnah | |
– und wirklich zeitnah – ersetzen“, fordert von Keller. | |
## Keine klimagerechte Verkehrspolitik in Sicht | |
Mit „Klimaneutralität 2025!“ ruft Gerhardt außerdem eine der [2][zentralen | |
Forderungen von XR] aus. Des Weiteren fordert die Bewegung die Einberufung | |
einer Bürger:innenversammlung zum Thema Klima. Die Idee dahinter: Per | |
Losverfahren werden möglichst repräsentativ Bürger:innen ausgewählt. Diese | |
können sich bei Expert:innen Rat holen und entwickeln auf dieser Basis | |
Empfehlungen für die Politik. Die Bürger:innenversammlung soll dabei von | |
unabhängigen Organisationen und unter unabhängiger Aufsicht von | |
Kontrollgremien durchgeführt werden. | |
Zusätzlich zu den früh am Morgen gestarteten Sitzblockaden vor dem | |
Verkehrsministerium haben sich einige Aktivist:innen an eines der | |
Eingangstore geklebt und gekettet. Diese Form des zivilen Ungehorsams führt | |
dazu, dass eine Räumung durch die Polizei aufwändiger ist und länger | |
dauert. | |
„Obwohl wir auf eine Klimakatastrophe zurasen, plant das | |
Verkehrsministerium in den nächsten Jahren Milliardenausgaben für | |
Bundesstraßen und Autobahnen“, so das Flugblatt, das die Aktivist:innen von | |
XR an neugierige Passant:innen verteilen. Das Ministerium heize die Klima- | |
und ökologische Krise mit seiner zerstörerischen Politik weiter an, heißt | |
es zudem. | |
## Verkehrsminister soll Katastrophe anerkennen | |
Mit ihrem symbolischen Protest vor dem Verkehrsministerium fordern die | |
Aktivist:innen den sofortigen Stopp des Aus- und Neubaus von allen | |
Flughafen-, Autobahn- und Bundesstraßenprojekten. Von Verkehrsminister | |
Andreas Scheuer wollen sie, dass dieser die existenzielle Bedrohung der | |
Klimakatastrophe endlich öffentlich anerkennt. | |
„Das Problem ist, dass die Politik im Moment genau das Gegenteil von dem | |
macht, was wir brauchen“, sagt Christian Schneider, während die Polizei am | |
Vormittag die letzten Aktivist:innen räumt, die sich vor dem Ministerium | |
angeklebt haben. Schneider ist in Hamburg bei XR aktiv und für die | |
„rebellion wave“ nach Berlin gekommen. Da die Politik nicht reagiere oder | |
zu langsam reagiere, gebe es keine andere Möglichkeit, als in den zivilen | |
Ungehorsam zu gehen, meint Schneider. | |
Weitere Aktionen und Blockaden von XR folgen in den nächsten Tagen. Am | |
Dienstag soll es um die „Klimaschmutzlobby“ gehen, Mittwoch trifft der | |
Protest insbesondere die Regierungsparteien CDU und SPD. | |
5 Oct 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Protest-im-Dannenroeder-Wald/!5715870 | |
[2] https://extinctionrebellion.de/wer-wir-sind/unsere-forderungen/ | |
## AUTOREN | |
Greta Rothenpieler | |
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