# taz.de -- Europas Rechte und die AfD: Krah spaltet die Rechten der EU | |
> Uneins reagieren die rechtsextremen Parteien Europas auf die Causa Krah. | |
> Für die Liaison von Meloni und Co. mit den Bürgerlichen ist die Affäre | |
> Gold. | |
Bild: AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah | |
Ermittlungen, Auftrittsverbot, Rücktritt aus dem Parteivorstand – schlimmer | |
hätte es für Maximilian Krah, den AfD-Spitzenkandidaten für die EU-Wahl, | |
kaum kommen können. Dann beendete auch noch das französische Rassemblement | |
National (RN) unter anderem wegen Krah die Zusammenarbeit mit der AfD – | |
eine für diese zweifellos echte PR-Katastrophe. | |
Im rechtsextremen Lager jedoch mehrten sich die Stimmen, die nicht Krah als | |
Problem sahen, sondern vielmehr die „Melonisierung“ unter den europäischen | |
Rechtsparteien. Diese würden sich – wie Italiens Ministerpräsidentin | |
Giorgia Meloni – dem bürgerlichen Lager anbiedern, damit die gemeinsame | |
Sache der „patriotischen Opposition“ verraten und dafür Krah fallen lassen, | |
so der Tenor. | |
Eva Vlaardingerbroek etwa, reichweitenstarke rechtsextreme | |
Politik-Influencerin aus den Niederlanden, schrieb am Donnerstag, Krah habe | |
„nichts falsch gemacht“, ganz im Gegensatz zu seinen Kritikern [1][Marine | |
Le Pen] und Matteo Salvini. „Das ist alles so dumm, und das ist der Grund, | |
warum wir nie gewinnen.“ Da wusste Vlaardingerbroek noch gar nicht, dass | |
nicht nur Krah, sondern gleich die gesamte [2][AfD aus der ID-Fraktion im | |
Europäischen Parlament rausgeflogen] war – auf Antrag von Matteo Salvinis | |
Lega und mit den Stimmen des Rassemblement National. | |
Auch deutsche Rechtsextreme sahen in Le Pen, Salvini, Meloni und der in der | |
Causa Krah angeblich umgefallenen AfD-Parteiführung nur einen Haufen | |
Opportunisten. Diskreditierungsversuche folgten prompt: „Wie schwul ist die | |
Le-Pen-Partei?“, fragte etwa ein deutscher Rechtsextremer, verbreitete eine | |
Statistik, laut der „bis zu 25 der 89 RN-Abgeordneten vom anderen Ufer“ | |
sein sollen und insinuierte, dass Le Pen lesbisch sei. | |
## Auf Du und Du mit CDU und CSU | |
Frank Franz, Vorsitzender der NPD-Nachfolgepartei „Die Heimat“, sah die | |
AfD-Führung wegen ihrer Kritik an Krah „melonisiert“ und somit „in einer | |
Front mit dem antideutschen System und gegen die Lebensinteressen unserer | |
Nation“. Tatsächlich wendet sich vor allem Meloni, die sich als große | |
europäische Führungsfigur sieht, schon länger der konservativen | |
Volkspartei EVP zu, die bei den EU-Wahlen am besten abschneiden wird. | |
Der [3][EVP-Parteivorsitzende Manfred Weber] (CSU) macht der Postfaschistin | |
seinerseits seit Monaten politische Avancen. Und diese Woche erklärte der | |
CDUler Jens Spahn, „[4][die Brandmauer in Europa verläuft rechts von | |
Meloni]“, denn die sei „proeuropäisch, pro Nato, pro Rechtsstaat und pro | |
Ukraine“. Dabei zeigt sich in Italien zuletzt immer deutlicher, welche | |
[5][antidemokratischen Reformen] Meloni auf den Weg bringt. | |
Zahlreiche Linke glauben nicht an eine bürgerliche Wandlung von Le Pen, | |
Meloni und Salvini. Le Pen hatte die AfD nach den [6][Correctiv-Berichten] | |
über die „Remigrations“-Konferenz Ende vergangenen Jahres in Potsdam scharf | |
kritisiert. Das, so die Kritik, sei nur ein taktischer Zug der von der | |
RN-Parteiführung unter Marine Le Pen verstärkten Politik einer | |
Entdämonisierung, die auf Anschlussfähigkeit für bürgerliche Milieus zielt. | |
Wenn die Wahlen erst einmal gewonnen seien, würden die Rechten ihre | |
Differenzen nur allzu schnell wieder hinter sich lassen und die EU nach | |
ihren gemeinsamen Vorstellungen umzubauen versuchen, so die verbreitete | |
Überzeugung. Tatsächlich aber sind auch die politischen Differenzen | |
innerhalb des rechtsextremen Lagers in der EU erheblich. | |
## Kein Konsens über Putin | |
Der wichtigste Streitpunkt ist Russland. Die FPÖ, die AfD, die Fidesz, die | |
Lega und lange auch Le Pen unterhalten entweder enge Verbindungen mit | |
Russland oder zumindest einen sonnigen Blick auf Putin und wollen möglichst | |
wenig amerikanischen Einfluss in Europa. Andere, wie Meloni oder | |
Rechtsextreme aus Skandinavien und dem Baltikum, stehen strikt auf der | |
Seite der Ukraine. | |
Die zuletzt immer wieder sichtbar gewordenen offenen NS-Bezüge bei der AfD | |
etwa stoßen Nationalisten aus Ländern, in denen Wehrmacht und SS wüteten, | |
ab. Unvereinbar sind auch Vorstellungen zur Umverteilung innerhalb der EU. | |
Die FPÖ und die AfD etwa wollen die Subventionierung ärmerer EU-Staaten so | |
weit wie möglich eindämmen. Die AfD will die EU gar auflösen. Für die | |
Fidesz oder die italienische Rechtskoalition sind die Milliarden aus | |
Brüssel indes unverzichtbar. | |
Dass diese Differenzen zumindest partiell überwunden werden könnten, etwa | |
zugunsten konsensfähigerer Themen, wie Migrationspolitik, Muslime, | |
LGBTIQ, Klimaschutz, EU-Renationalisierung oder auch Medienfreiheit, sobald | |
reale Machtoptionen auf dem Tisch liegen, ist nicht unwahrscheinlich. Fürs | |
Erste aber bleiben viele der Gräben zwischen Europas Nationalisten tief. | |
24 May 2024 | |
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[3] https://www.tagesschau.de/inland/evp-weber-meloni-italien-101.html | |
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## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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