# taz.de -- Energieprojekt in Namibia: Zoff um Wasserstoff | |
> Die Bundesregierung treibt die Pläne für Wasserstoffproduktion in Namibia | |
> voran. Kritiker:innen beklagen Intransparenz. | |
Bild: Ein Wasserstoffprojekt in Namibia könnte KZ-Gedenkstätte schaden | |
BERLIN taz Weiter auseinanderliegen können die Sichtweisen auf das große | |
Vorhaben für [1][grünen Wasserstoff im afrikanischen Staat Namibia] kaum. | |
Während deutsche Regierungsvertreter die Industrieansiedlung bei einer | |
Konferenz in der namibischen Hauptstadt Windhoek vorantreiben wollen, | |
äußern Umwelt- und Bürgerrechtsorganisationen grundsätzliche Kritik. Das | |
ganze Projekt sei „intransparent“, heißt es unter anderem. | |
Mit Unterstützung der deutschen und der namibischen Regierung plant das | |
Unternehmen Hyphen, an der die hiesige Firma Enertrag und der | |
Kapitalinvestor Nicholas Holdings beteiligt sind, eine Anlage zur | |
Produktion von Wasserstoff mittels Sonnen- und Windenergie. | |
Im Südwesten Namibias sollen Pipelines, Elektrolyseure, bis zu 600 | |
Windräder, Solarparks, eine Entsalzungsanlage, eine Ammoniakfabrik und ein | |
neuer Hafen entstehen. Ammoniak und Wasserstoff sind unter anderem in | |
Deutschland als [2][Treibstoffe der künftigen klimaneutralen | |
Energieversorgung] gedacht. | |
Die namibische Gesellschaft werde jedoch kaum über das Vorhaben informiert, | |
kritisierte der namibische Aktivist Jimmy Areseb am Montag in einer | |
Pressekonferenz, die unter anderem die globalisierungskritische | |
Organisation Attac organisiert hatte. | |
Die namibische Regierung solle erst einmal ordentlich analysieren und | |
öffentlich darstellen, welche Effekte die Industrieansiedlung für das Land | |
habe. „Wird sich dadurch die Stromversorgung in Namibia verbessern?“, | |
fragte Areseb. Man lehne das Projekt nicht rundheraus ab, wolle aber nicht | |
die Katze im Sack kaufen. | |
Die Regierung in Windhoek betont, die Kooperation mit Deutschland und | |
Hyphen werde dem Land Arbeitsplätze, Technologie, Kapital und saubere | |
Energie bringen sowie einen Entwicklungsschub auslösen. Das Unternehmen | |
will in diesen Wochen eine Untersuchung der Umwelt- und | |
Sozialverträglichkeit starten. Vor deren Abschluss in zwei Jahren werde | |
nichts gebaut, erklärte ein Hyphen-Manager. | |
## Profit statt Wiedergutmachung? | |
Eine weitere Kritik bezieht sich darauf, dass „lokale Gemeinden“ an den | |
Planungen beteiligt werden müssten, sagte Tjipura Tjipura von der | |
namibischen Organisation für sozialökologische Gerechtigkeit. Wobei auf dem | |
fraglichen Territorium anscheinend niemand lebt, unter anderem weil es | |
während der deutschen Kolonialherrschaft ab den 1880er Jahren als | |
„Sperrgebiet“ definiert wurde. | |
Die Kritiker:innen erklären außerdem, die Deutschen hätten damals große | |
Flächen enteignet, die vom Volk der Nama genutzt worden seien. „Anstatt | |
sich mit der grundlegenden Frage einer Wiedergutmachung für den von | |
Deutschland an den Nama und Ovaherero begangenen Völkermord zu befassen, | |
nutzt Deutschland erneut seine privilegierte Stellung, um Ressourcen aus | |
demselben Land zu gewinnen, das es dem Volk der Nama gewaltsam und in | |
unrechtmäßiger Weise geraubt hat“, sagte Nama-Vertreter Paul Thomas. | |
Schließlich geht es um ein ehemaliges [3][Gefangenenlager der deutschen | |
Kolonialherren bei der Stadt Lüderitz]. Der Ausbau des dortigen Hafens | |
werde Teile des historischen Orts begraben und verhindern, sterbliche | |
Überreste ehemaliger Gefangener zu bergen. Währenddessen betont die | |
Bundesregierung, das habe mit dem Hyphen-Vorhaben nichts zu tun, denn der | |
neue, große Hafen werde einige Kilometer entfernt errichtet. | |
Dies sind komplizierte Themen für Rainer Baake, den Abgesandten von | |
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), und | |
Entwicklungsstaatssekretär Jochen Flasbarth, die in Windhoek auch Gespräche | |
mit Kritiker:innen führen wollen. Sie besuchen dort den Afrikanischen | |
Wasserstoffgipfel, den Namibia ausrichtet. | |
3 Sep 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Wasserstoff-aus-Namibia/!5975163 | |
[2] /Deutsche-Importstrategie-fuer-Wasserstoff/!6022723 | |
[3] /Archaeologin-ueber-koloniale-KZs/!5960709 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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