# taz.de -- Deutsche Importstrategie für Wasserstoff: Importierter Hoffnungstr… | |
> Ein großes Pipelinesystem, Transporte per Schiff: Die Bundesregierung | |
> legt einen Plan vor, wie der Bedarf an Wasserstoff künftig gedeckt werden | |
> kann. | |
Bild: Neue Energieinfrastruktur: Auf einer Baustelle werden Rohre für eine Pip… | |
Berlin taz | Die Bundesregierung erwartet, dass Deutschland in Zukunft nur | |
einen kleinen Teil des Bedarfs an Wasserstoff selbst decken kann. Im Jahr | |
2030 werden zwischen 50 und 70 Prozent des benötigten Wasserstoffs aus dem | |
Ausland eingeführt werden müssen. Danach wahrscheinlich noch mehr. Das geht | |
aus der [1][Wasserstoffimportstrategie] hervor, die das Kabinett am | |
Mittwoch verabschiedet hat. | |
Der Hintergrund: Wasserstoff ist ein wichtiger Hoffnungsträger für den | |
klimaneutralen Umbau, vor allem von der Industrie. Wird Wasserstoff aus | |
erneuerbaren Energien erzeugt, ist er klimaneutral und wird als „grün“ | |
bezeichnet. Er soll fossile Energieträger etwa bei der Stahlproduktion oder | |
in der Chemieindustrie ersetzen. | |
Bis jetzt wird in Deutschland aber nur wenig Wasserstoff in kleinen | |
Pilotprojekten erzeugt. Künftig sollen sogenannte Elektrolyseanlagen gebaut | |
werden, die aus erneuerbaren Energien Wasserstoff erzeugen. | |
Das Kabinett hat am Mittwoch auch Änderungen auf den Weg gebracht, durch | |
die der Bau dieser Elektrolyseure einfacher wird. Die Bundesregierung | |
rechnet aber nicht damit, dass die Produktionskapazitäten hierzulande | |
reichen werden. „Ein Großteil des deutschen Wasserstoffbedarfs wird mittel- | |
bis langfristig durch Importe aus dem Ausland gedeckt werden müssen“, sagte | |
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). | |
Mit der Importstrategie schaffe die Regierung Investitionssicherheit für | |
die Wasserstoffproduktion in Partnerländern, die deutsche Industrie und den | |
Aufbau notwendiger Importinfrastruktur. | |
## Erste Pipeline-Lieferungen aus dem Norden | |
Ein großer Teil der Lieferungen soll über Pipelines kommen. Dazu sollen im | |
Nordsee- und Ostseeraum, in Südeuropa und in Südwesteuropa große | |
Leitungskorridore entstehen. Entlang dieser Strecken sollen Kooperationen | |
mit den Anrainerstaaten aufgebaut werden. Teilweise können Erdgaspipelines | |
umgewidmet werden. | |
Das ist zum Beispiel bei der Leitung von Nordafrika über Italien nach | |
Deutschland vorgesehen. Die ersten Lieferungen sollen aus dem Norden | |
kommen. Bis Ende 2028 könnte die erste grenzüberschreitende Pipeline, die | |
zwischen Deutschland und Dänemark geplant ist, in Betrieb gehen. Ab 2030 | |
könnten Lieferungen aus Norwegen kommen. | |
Ist der Pipelinetransport nicht möglich, wird Wasserstoff vor Ort in | |
sogenannte Derivate wie Ammoniak zerlegt und per Schiff transportiert. Die | |
Bundesregierung hat mit einer ganzen Reihe von Ländern Lieferabkommen | |
geschlossen, etwa mit Australien, Chile, [2][Namibia], Saudi-Arabien, | |
Südafrika und den Vereinigten Arabischen Emiraten. [3][Dort kann | |
Wasserstoff] mit Hilfe von Solarkraft günstig hergestellt werden. | |
Fehlende Priorisierung von Maßnahmen | |
Wirtschaftsverbände begrüßten die Strategie, halten sie aber für zu | |
unkonkret. Der [4][Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft] (BDEW) | |
moniert eine fehlende Priorisierung von Maßnahmen und Zielen. Die Strategie | |
erscheine überfrachtet. „Aus Sicht des BDEW sollte sie sich auf ihr | |
Kernziel fokussieren: in kurzer Zeit große Mengen Wasserstoff und Derivate | |
zu möglichst wettbewerbsfähigen Preisen importieren zu können“, sagte | |
BDEW-Chefin Kerstin Andreae. | |
Auf Kritik von Umweltverbänden stößt, dass Deutschland nicht nur grünen | |
Wasserstoff importieren will. „Damit die Strategie einen wirklichen Beitrag | |
für den Klimaschutz leisten kann, muss die Bundesregierung den Ausstieg aus | |
fossilem Wasserstoff wie Erdgas verbindlich benennen und das Ziel von 100 | |
Prozent grünem Wasserstoff klar definieren“, forderte Tobias Pforte-von | |
Randow vom Deutschen Naturschutzring. „Dabei muss sichergestellt werden, | |
dass grüner Wasserstoff beim Import immer Vorrang vor anderen Arten von | |
Wasserstoff hat.“ | |
[5][Der WWF kritisiert], dass die Strategie keine konkreten | |
Nachhaltigkeitskriterien für die Erzeugung des Wasserstoffs benennt. | |
„Nachhaltigkeitskriterien müssen gemeinsam mit den relevanten | |
Akteursgruppen aus Deutschland und den Partnerländern erarbeitet werden“, | |
sagte Viviane Raddatz vom WWF Deutschland. | |
24 Jul 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2024/07/20240724-import… | |
[2] /Wasserstoff-aus-Namibia/!5975163 | |
[3] /Deutsche-Importstrategie-fuer-Wasserstoff/!6025859 | |
[4] https://www.bdew.de/media/documents/6000_BDEW-Positionspapier_H2-Importstra… | |
[5] https://www.wwf.de/2024/juli/pressestatement-zur-wasserstoff-importstrategie | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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