# taz.de -- „Emoji – Der Film“: Leider 👎 | |
> Es hätte ein Film über das Vernetztsein werden können – bei dem sogar | |
> Emojis in die Krise geraten. Dazu fehlt den Ideogrammen aber der | |
> Tiefgang. | |
Bild: Wer bin ich? – Emojis in der Sinnkrise | |
Warnung an Kulturpessimisten: Diesen Film sehen Sie auf eigenes Risiko. | |
Auch wenn er nicht viel mehr wird anrichten können, als vorhandene | |
Abneigungen gegen Smartphones und ihre sozialen Auswirkungen zu verstärken. | |
Andererseits: Kann „Emoji – Der Film“ das wirklich? Und was will dieser | |
Animationsversuch im besten Sinne des Wortes überhaupt? | |
Von vorne: „Emoji – Der Film“ aus dem Hause Sony erzählt als Film im | |
Telefon, wenn man so will, vom Leben innerhalb der Apps. Seine | |
Protagonisten sind Emojis, also die Figuren, die man zunächst als Emoticons | |
in E-Mails verwendete, mit dem Klassiker „:–)“. Als Emojis gestaltete man | |
die schlichten Zeichenfolgen dann zu eigenen Ideogrammen aus, die längst | |
zum Zeichengrundschatz heutiger Telekommunikation gehören. | |
Jedes dieser Bildchen hat genau eine Funktion: lächeln 😊, weinen 😢, grim… | |
gucken 😠, Daumen hochhalten 👍. Und das ist im Grunde alles, worum es im | |
Film geht. In der App der Emoji erfüllen alle dort versammelten Figürchen | |
ihre eine Aufgabe, ganz wie in Platons „Staat“. Nur Gene ist aus der Art | |
geschlagen, kriegt seinen gelangweilt-apathischen Blick nie so ganz hin, | |
weil er zu viele „Gesichter“ hat. Und das wird für ihn zum Problem. | |
Denn eine Rahmenhandlung gibt es auch, da sind Schüler, die | |
selbstverständlich (fast) nur noch per Smartphone kommunizieren. Alex, in | |
dessen Telefon Gene und seine Leidensgenossen wohnen, wählt dummerweise | |
eines Tages die vermeintlich coole Mimik von Gene aus, um der von ihm | |
verehrten Mitschülerin Addie zu antworten. Die bekommt aber nur höchst | |
uneindeutige Botschaften, weil Gene die Züge entgleiten. Alex beschließt: | |
Das Gerät muss zur Reparatur. | |
Von da an wissen die Emoji, dass ihre letzte Stunde geschlagen hat, wenn | |
Kevin Ernst macht und sie den Update-Tod sterben lässt. Um die anderen zu | |
retten, muss Gene gelöscht werden, lautet der Beschluss der | |
Emoji-Anführerin Smiler. Darauf haut Gene ab aus der App, unterstützt von | |
seinem Kumpel Hi-5, einer Hand, die dauernd alle fünfe von sich streckt. | |
Unterwegs begegnen sie Trollen, Viren und der Hackerin Jailbreak, immer auf | |
der Flucht vor den Bots, die Gene killen sollen. | |
Diese Welt ist bunt, keine Frage. Wobei sich die Oberfläche des | |
Smartphones, auf der sie sich bewegen, als stadtplanerisch wenig einladende | |
Ansiedlung von gleichmäßig verteilten Würfeln darstellt. Interessanter sind | |
die Bildwelten in den einzelnen Apps, die mal als finstere Spelunke der | |
Darknet-Welt oder als Kaskadenlandschaft mit Datenströmen (Musik-Streaming) | |
ausgemalt wird. | |
Der Zeichentrickfilm hat eigentlich ja eine schöne Tradition des | |
medienimmanenten Animismus, der jedes Ding zum Leben erwecken kann. Im | |
vergangenen Jahr gelang das Greg Tiernan und Conrad Vernon mit „Sausage | |
Party“, der das Warensortiment eines Supermarkts zu seinem Personal machte, | |
in einigermaßen sinnbefreiter Anarchie ziemlich gut. | |
Sinnbefreit ist auch „Emoji – Der Film“, aber eher unfreiwillig. Seine | |
Geschichte ist einfach zu blöd, um ihr recht zu folgen. Und was ihm so ganz | |
und gar nicht gelingen will, ist die Erweckung seiner Protagonisten zum | |
Leben. Das Drama von Gene, mit dem ein diffuses Plädoyer für Vielfalt | |
verbunden zu sein scheint, ist zu abstrakt und statisch, als dass man allen | |
Ernstes mit ihm bangen würde. Und das Leben in einer App, wo alle im | |
Dienste ihres Nutzers nur das tun, was sie sollen, ergibt keinen | |
Handlungsrahmen, der die Sache tragen würde. Animation ist etwas anderes. | |
3 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Tim Caspar Boehme | |
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Schwerpunkt Rassismus | |
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