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# taz.de -- Elon Musk hat Twitter gekauft: Musk überweist die 44 Milliarden
> Twitter hat die Übernahme bestätigt und den Kurznachrichtendienst von der
> Börse genommen. Den Chefposten will Elon Musk haben.
Bild: Als „chief twit“, „der Chef von Twitter“, bezeichnete sich Elon M…
„Der Vogel ist befreit worden“, [1][tweetete der Multimillionär Elon Musk]
am Freitagmorgen (deutscher Zeit). Die vom Gericht verordnete Frist für die
Übernahme des Kurznachrichtendiensts lief am Freitag aus. Kurz nach 6 Uhr
in San Francisco (GMT-7), kurz nach 15 Uhr deutscher Zeit, hat Twitter den
Vollzug der Übernahme bestätigt. Auch die US-Wertpapieraufsicht (SEC) wurde
von Twitter über den Rückzug von der Börse informiert. 44 Milliarden Dollar
(44,2 Mrd Euro) hat Musk überwiesen. Musk hat Twitter nun tatsächlich
gekauft.
Mehrere Nachrichtenagenturen und US-Medien, wie dpa und [2][Washington
Post], berichteten am Donnerstag und Freitag davon, dass Musk bereits
Mitglieder auf der Chefetage gefeuert habe. Konzernchef Parag Agrawal,
Finanzvorstand Ned Segal und die leitende Rechtsberaterin Vijaya Gadde
seien entlassen worden. Laut [3][Bloomberg] möchte Musk nun selbst erst mal
den Chefposten übernehmen.
Als „Chief Twit“, also „der Chef von Twitter“, bezeichnete sich Elon Mu…
schon Mittwoch in seiner Selbstbeschreibung auf seinem Twitter-Account. Den
großen Einzug bei Twitter inszenierte Musk dann am Donnerstag: Er teilte
mehrere Beiträge, unter anderem ein Video, in dem er ein Waschbecken in die
Twitter-Zentrale trug.
## Botschaft an die Werbung
Am Donnerstagnachmittag veröffentlichte er dann auf Twitter einen [4][Brief
an Werbekund*innen], in dem er sagte, dass er die Plattform gekauft
habe – und warum. Zu diesem Zeitpunkt gab es jedoch noch keinerlei
Bestätigung von Twitter für den Kaufabschluss.
„Der Grund, warum ich Twitter gekauft habe, ist, dass es für die Zukunft
der Zivilisation wichtig ist, einen digitalen Marktplatz zu haben, auf dem
eine große Bandbreite an Meinungen auf eine gesunde Art diskutiert werden
kann, ohne dass sie sich in Gewalt wandelt.“ Aktuell gäbe es eine große
Gefahr, dass Soziale Medien in sehr rechte und sehr linke Echokammern
zersplittern, die mehr Hass erzeugen und „unsere“ Gesellschaft spalten
würden. Twitter dürfe aber trotzdem kein Ort werden, an dem „alles gesagt
werden kann ohne Konsequenzen“. So Tesla-Chef Musk.
Zudem bekräftigte der Unternehmer, er habe Twitter nicht gekauft, um Geld
zu machen. Danach pries er die Vorteile von Werbung auf der Plattform. „Es
ist grundlegend wichtig, Twitter-Usern Werbung zu zeigen, die für ihre
Bedürfnisse so relevant wie möglich ist. Werbung mit niedriger Relevanz ist
Spam, aber hoch-relevante Werbung ist tatsächlich Inhalt.“ Ausgehend von
dieser Äußerung lässt sich mutmaßen, dass Musk die Werbung noch mehr an den
Usern ausrichten möchte – was besonders durch noch genauere Sammlung und
Auswertung von nutzer*innen-bezogenen Daten geschehen müsste.
Musk versucht mit dieser Nachricht offensichtlich, Werbekund*innen zu
beruhigen. Denn Twitter gehen wohl die aktivsten User*innen verloren.
[5][Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete am Mittwoch unter Berufung
auf Twitter-interne Dokumente], dass die sogenannten Heavy User, also jene
Nutzer*innen, die sich sechs- bis siebenmal pro Woche einloggen und drei
bis vier Tweets (oder auch mehr) absetzen, wegbrechen würden. Sie machen
zwar weniger als 10 Prozent aller Nutzer*innen aus, generieren aber 90
Prozent der Inhalte. Zudem könnte Twitter für Werbekund*innen weniger
attraktiv geworden sein, weil sich die Interessen der aktivsten
englischsprachigen User*innen in den letzten zwei Jahren verschoben
hätten: weg von Sport und Unterhaltung, die sich gut für Werbung eignen,
hin zu Kryptowährung und expliziten Inhalten wie Nacktheit und Pornografie.
## Twitter-Telenovela
Dem Twitter-Verkauf vorausgegangen war eine monatelange Telenovela: Im
April 2022 hatte Musk den Twitter-Aktionär*innen [6][53,20 US-Dollar je
Aktie] angeboten. Erst kurz zuvor hatte er einen Sitz im Verwaltungsrat von
Twitter kurzfristig ausgeschlagen – vermutlich, weil Mitglieder maximal 15
Prozent der Aktien halten dürfen und eben nicht das ganze Ding.
In den darauffolgenden Verhandlungen veränderte sich der Preis immer
wieder, doch als er gerade sicher schien, entschied sich Musk doch noch um.
Grund dafür: Laut Musk hat Twitter [7][ihm nicht genau gesagt, wie viele
Fake-Accounts es auf der Plattform gibt]. Doch weil bereits vereinbart
worden war, dass die Partei, die den Deal aufkündigt, eine Milliarde Dollar
Strafe zahlen muss, klagte Twitter gegen Musk – und der direkt zurück. Der
Prozess, der am 17. Oktober hätte stattfinden sollen, war dann allerdings
wohl doch Druck genug für Musk. Anfang Oktober ruderte er zurück, sagte, er
wolle nun doch kaufen. [8][Auch Twitter bestätigte], dass es verkaufen
wolle: „Es ist die Absicht des Unternehmens, diese Transaktion
abzuschließen.“
## Free Speech oder Hass und Hetze?
Der Kauf von Twitter durch Elon Musk ist hoch umstritten. Der Tesla-Chef
bezeichnet sich selbst als „[9][Free Speech Absolutist]“, ist der Meinung,
dass alle Meinungen auf der Plattform einen Platz finden können und
sollten. [10][Bereits im Mai erklärte Musk, dass er Ex-Präsidenten Donald
Trump zurückholen möchte], wenn er erst mal Chef ist. Der ist bisher
lebenslang von Twitter ausgeschlossen, weil er Verschwörungserzählungen
über Wahlbetrug verbreitet, Corona heruntergespielt, seine Unterstützung
für die gewaltvolle Erstürmung des Kapitols ausgedrückt und generell Hass
gesät hatte. Trump jedoch, der inzwischen sein eigenes, rechtslastiges bis
rechtsextremes Netz „Truth Social“ bespielt, hatte eine Rückkehr auf
Twitter zumindest [11][im Frühjahr noch ausgeschlossen].
Auch Twitter hat immer wieder [12][Probleme mit Hetze]. Ein Beispiel dafür
im deutschsprachigen Raum ist die Gewalt, die sich gegen [13][Lisa-Maria
Kellermayr] richtete, eine österreichische Ärztin, die auf Twitter über
eine Demonstration von Verschwörungsideolog*innen berichtete und
daraufhin besonders auf Twitter, später dann auch im Analogen bedroht und
attackiert wurde. Am Ende suizidierte sie sich.
Zwar gibt es auf Twitter die Möglichkeit, Inhalte und Accounts zu melden,
jedoch wird dieses Meldesystem immer wieder als kompliziert kritisiert.
Zudem schockte Musk vergangene Woche mit der Aussage in der Washington
Post, als Chef 75 Prozent der Stellen bei Twitter streichen zu wollen.
Darunter sind vermutlich auch tausende Stellen von Moderator*innen, was
dazu führen könnte, dass Hass-Kampagnen noch weniger eingedämmt werden.
Zudem vermuten Expert*innen, dass auch die Datensicherheit der User*innen
betroffen sein könnte. Sollte Musk diesen Schritt wirklich gehen, aber
auch, wenn er „nur“ ein „Willkommen“ gegenüber Menschenhasser*innen
ausspricht, wird das immense Auswirkungen auf Gewalt bei Twitter und im
Analogen haben.
28 Oct 2022
## LINKS
[1] https://twitter.com/elonmusk/status/1585841080431321088
[2] https://www.washingtonpost.com/technology/2022/10/27/twitter-elon-musk/
[3] https://www.bloomberg.com/news/articles/2022-10-28/musk-is-said-to-take-twi…
[4] https://twitter.com/elonmusk/status/1585619322239561728
[5] https://www.reuters.com/technology/exclusive-where-did-tweeters-go-twitter-…
[6] /Tesla-Chef-moechte-Twitter-uebernehmen/!5848862
[7] /Tech-Milliardaer-Elon-Musk/!5854515
[8] https://twitter.com/TwitterIR/status/1577380758192197632?s=20&&t=Sx…
[9] /Elon-Musks-Kauf-von-Twitter/!5882485
[10] /Musk-und-Trump-auf-Twitter/!5850254
[11] /Twitter-Verkauf-an-Elon-Musk/!5847177
[12] /Hass-im-Netz/!5870039
[13] /Tod-der-Aerztin-Lisa-Maria-Kellermayr/!5867662
## AUTOREN
Johannes Drosdowski
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