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# taz.de -- Elektronische Fußfessel: Täter getürmt - oder Batterie leer?
> Entlassene Schwerverbrecher sollen künftig mit der elektronischen
> Fußfessel kontrolliert werden. Aber: Der eingebaute GPS-Sender muss
> täglich aufgeladen werden.
Bild: Braucht viel Strom und ist daher fehleranfällig: die elektronische Fußf…
FREIBURG taz | Ab kommendem Jahr wird die elektronische Fußfessel
bundesweit zur Überwachung entlassener Häftlinge eingeführt. Hierzu wird
eine Gemeinsame elektronische Überwachungsstelle der Länder (GÜL) in Hessen
geplant. Als drittes Land nach Hessen und Bayern hat am Dienstag
Baden-Württemberg den Beitritt zum entsprechenden Staatsvertrag
beschlossen, die anderen Länder werden folgen.
Die elektronische Fußfessel kommt für Straftäter in Frage, die aus der
Sicherungsverwahrung entlassen wurden oder mindestens drei Jahre Haft
verbüßt haben. Im Rahmen der anschließenden Führungsaufsicht kann für sie
künftig auch eine elektronische Überwachung angeordnet werden. Damit soll
die Einhaltung konkreter Weisungen überwacht werden. So kann etwa einem
Sexualtäter verboten werden, sich Spielplätzen oder Kindergärten zu nähern.
Tut er es dennoch, wird er durch einen Vibrationsalarm gewarnt. Bleibt er
dann in der verbotenen Zone, wird die Überwachungszentrale aktiv und
alamiert die Polizei.
Die gemeinsam Überwachungszentrale der Länder soll zentral in Hessen
eingerichtet werden. Daneben wird es, ebenfalls in Hessen, eine Gemeinsame
elektronische Überwachungsstelle der Länder (GÜL) geben. Dort wird geprüft,
ob ein Alarm auf einen technischen Defekt zurückzuführen ist oder ob
wirklich ein Alarmfall vorliegt. Dies soll die Polizei entlasten.
## Fußfessel war Wunsch der Länder
Die neuen elektronischen Fußfesseln brauchen wegen der benutzten
GPS-Technik viel Strom und sind daher fehleranfällig. Mit dem Projekt
befasste Beamten gehen davon aus, dass der GPS-Sender täglich aufgeladen
werden muss. Wenn der Überwachte vergisst, den Sender vor dem Schlafengehen
an die Steckdose anzuschließen, gibt es am nächsten Tag ein Problem.
Deshalb wird der Überwachte bei Kontakabbruch zunächst von der GÜL
angerufen, und gefragt, ob er vergessen hat, die Batterien aufzuladen.
Meldet er sich nicht, gehen die Überwacher davon aus, dass er die Fußfessel
durchschnitten hat, um sich der Kontrolle zu entziehen.
Der präventive Nutzen der Maßnahme ist umstritten. Schließlich können nicht
alle Spielplätze Deutschlands als verbotene Zone markiert werden. Außerdem
trifft man Kinder ja auch anderswo. Eine Diskussion über den Sinn ist aber
hinfällig, sind die Länder doch ab 2012 verpflichtet, die Technik
anzuschaffen und vorzuhalten, falls ein Richter die elektronische Fußfessel
anordnet. Um Kosten zu sparen haben die Länder beschlossen, gemeinsam zu
agieren. Baden-Württemberg rechnet mit jährlichen Kosten für das Land in
Höhe von 420 000 Euro pro Jahr und geht davon aus, dass rund 60 Personen
mit der Fußfessel überwacht werden.
Die neue Überwachungs-Möglichkeit wurde im Gesetz über die Reform der
Sicherungsüberwachung eingeführt. Federführend war Justizministerin
Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), die damit einem Wunsch der Länder
entsprach.
In Hessen wird die elektronische überwachung schon seit dem Jahr 2000
eingesetzt. In Baden-Württemberg wird seit 2010 ein Modellversuch
durchgeführt. Für die anderen Bundesländer ist die elektronische Fußfessel
völlig neu. Mehrfach gab es auf Bundesebene Vorstöße, den elektronisch
überwachten Hausarrest als alternative Strafe einzuführen. Bisher fand dies
im Bundestag aber keine Mehrheit.
19 Jul 2011
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
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