| # taz.de -- Eintracht Fankfurt und Frauenfußball: Wem weibliche Identität gut… | |
| > Wenn sich der Frauenfußball dem der Männer annähert, geht viel verloren. | |
| > Bei Eintracht Frankfurt kann man das gerade genau beobachten. | |
| Bild: Frust: Merle Frohms von Eintracht Frankfurt hat sich die Saison anders vo… | |
| Identitätspolitik ist im Fußball erst zart angekommen, aber die | |
| Klubidentität ist seit jeher eine große Sache. Da wird laut eingefordert, | |
| dass die Spielerin sich mit einem Lebensabschnittsarbeitgeber | |
| „identifizieren muss“, was alle auch immer brav beteuern, für die Fans | |
| müssen Klubs „ihre Identität“ bewahren, während andere die Plastikklubs | |
| sind, und penetrant ist von „unserer Klub-DNA“ die Rede. | |
| Die Frankfurterinnen haben nun eine neue Identität und tragen schwer daran. | |
| Im vergangenen Sommer [1][ist der traditionsreiche 1. FFC Frankfurt unter | |
| das Dach der Eintracht geschlüpft], die zunehmend fehlende | |
| Konkurrenzfähigkeit in der Frauenbundesliga wollte es so. Halblaut träumten | |
| die Frankfurterinnen mit derart professionalisierten Strukturen sowie der | |
| Verpflichtung von Nationaltorhüterin Merle Frohms vom dritten Platz, der | |
| diese Saison erstmals auch zur Champions League berechtigt. | |
| Doch das neue Leibchen wiegt offenbar schwer auf den Schultern. Ein | |
| schwacher Platz in der zweiten Tabellenhälfte steht zu Buche. Für den Klub | |
| mit seinen traditionell hohen Erwartungen ernüchternd. Die Frankfurterinnen | |
| zeigen spielerisch gute Anlagen, verloren aber auch gegen die | |
| Leverkusenerinnen zu recht und einigermaßen selbst verschuldet; sie | |
| vergaben eine Führung und einen Elfmeter und halfen mit einem Eigentor noch | |
| zur 2:3-Niederlage nach. | |
| Die Spielerinnen behaupten stets, dass es von Eintracht Frankfurt keinerlei | |
| Druck gebe, erwähnen aber auch auffällig oft die eigenen gestiegenen | |
| Erwartungshaltungen. Die sind offenbar drückend. Und wer eignet sich da | |
| überhaupt wessen Identität an? Die sogenannte Fusion, die ja eigentlich | |
| eine Übernahme war, stieß auf Kritik. Die feministische FFC-Fangruppe | |
| Nutria Bande freute sich zwar über die Kohle, befand aber, sie bringe dem | |
| Männerfußball mehr Vorteile als dem 1. FFC. „Der Männerfußballklub möchte | |
| durch diesen Deal ganz klar seinen Stand erheben.“ Anstatt das eigene | |
| Frauenteam zu fördern, springe man auf ein Erstligateam auf. Das | |
| Endergebnis der Ligatabelle dürfte wohl ziemlich dasselbe sein. | |
| ## Konzernklubs mit Hang zum Frauenfußball | |
| Der sogenannte Markenkern, die Identität der Frauenteams, wird meist | |
| schnell geschluckt. [2][Eine Ausnahme ist Wolfsburg], wo die Frauen ein | |
| recht eigenständiges Bild etablierten. Wie resistent der alte FFC ist, | |
| bleibt abzuwarten. Diese Saison dominieren jenseits des FC Bayern mit | |
| Wolfsburg, Hoffenheim und Leverkusen gleich drei Teams von Konzernklubs die | |
| oberen Ränge, die auffällig gern diese Art von Vermarktung nutzen. Hat also | |
| nun wirklich ein Traditionsverein aufgegeben und sich in Plastik gepackt? | |
| Kommerzieller Fußball ist komplizierter als ein Logo und ein Leibchen. Der | |
| FFC selbst war einst Trendsetterin der Kommerzialisierung, indem man sich | |
| aus der SG Praunheim ausgliederte. Die Frankfurterinnen halfen maßgeblich, | |
| den Frauenfußball vom unschuldigen Gegenentwurf zur kleineren Version des | |
| Männerfußballs zu machen. Das feministische Paradies einer ganz anderen | |
| Liga wird es nicht geben. Einen wie auch immer gearteten | |
| antikapitalistischen Kampf im Fußball können Männer und Frauen nur | |
| gemeinsam führen. Bisher bleibt er aus. | |
| Eher erreicht die Fetischisierung eines Splitters von Identität auch den | |
| Fußball. Wer hier aktiv ist, weiß, wie penetrant man als Frau (auch von | |
| Frauen) zu sogenannten Frauenthemen gebucht wird, Kompetenzen in anderen | |
| Feldern sind – vielleicht zunehmend – ziemlich egal. Oder man braucht „no… | |
| eine Frau, die was sagt“. Förderung wird zu Festlegung aller statt | |
| Befreiung. Für die Eintracht-Frauen, die das Ziel Champions League längst | |
| nicht mehr ausrufen, interessiert freilich eher, die Selbstfindungssaison | |
| halbwegs mit Anstand zu beenden. Und der langsame Weg ins neue Leibchen. | |
| 28 Mar 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Alina Schwermer | |
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