| # taz.de -- Frauenfußball im Sudan: Die Herausforderinnen | |
| > Sudans ältestes Frauenfußballteam kickt jetzt bei den zweiten nationalen | |
| > Meisterschaften. Mit der Revolution erkämpften sich die Frauen Akzeptanz. | |
| Bild: Die Kapitänin Nidal Fadlada sagt, Frauenfußball sei weiter ein „sozia… | |
| Sie dribbeln, üben Finten, und die Torhüterin taucht nach Bällen, die mit | |
| hoher Geschwindigkeit auf das Tor abgefeuert werden. Selbst die sengende | |
| Mittagssonne bremst die energiegeladenen Spielerinnen von Eltahadi (die | |
| Herausforderung), Sudans ältestem Frauenfußballteam, nicht. Sie trainieren | |
| dreimal pro Woche dort, wo jetzt seit Januar zum zweiten Mal die nationalen | |
| Meisterschaften angefangen haben. Wegen Corona werden nur wenige Zuschauer | |
| zugelassen. | |
| „Es war so eine Freude, als wir Ende 2019, kurz nach der Revolution, zum | |
| ersten Mal eine nationalen Frauenmeisterschaft anfingen. Damals mit 21 | |
| Teams, und mittlerweile sind es schon 23. Endlich können wir | |
| Wettbewerbsfußball spielen. Wir sind voriges Jahr Zweite geworden, aber in | |
| diesem Jahr werden wir den Pokal heimbringen“, sagt Kapitänin Nidal Fadlala | |
| zuversichtlich. | |
| Was Sudanesen ihre Revolution nennen, begann Ende 2018 mit massiven | |
| Demonstrationen, [1][die im April im Jahr darauf zum Sturz des Diktators | |
| Omar al-Bashir führten]. Frauen spielten eine wichtige Rolle, sie liefen | |
| vorne bei den Protesten und ließen sich nicht einschüchtern von schwer | |
| bewaffnetem Militär und Polizei. Jetzt hat das Land [2][eine hybride | |
| Regierung von Zivilisten und Militär]. | |
| Die kleine,schlanke Fadlala ist nicht nur der Star des Teams, sondern mit | |
| 33 Jahren auch die erfahrenste Spielerin. Wie die anderen trägt sie das | |
| grüne Shirt von Eltahadi, aber da endet die Einheit in der Kleidung der | |
| Spielerinnen auch. Einige tragen Leggins und langärmelige T-Shirts unter | |
| ihrer Uniform, manche haben ein Kopftuch auf und andere zeigen ihre nackten | |
| Beine und Arme. | |
| ## „Die Gesellschaft passt sich nur langsam an“ | |
| Sudan ist ein überwiegend islamisches Land, in dem nach der Revolution | |
| [3][Gesetze mit strengen Kleidungsvorschriften für Frauen abgeschafft | |
| wurden]. „Seitdem gibt es persönliche Freiheit in der Kleidung. Wie jemand | |
| sich kleidet, ist Privatsache, aber ich muss sagen, die Gesellschaft passt | |
| sich nur langsam an“, meint Fadlala, die nur Shirt und Shorts bevorzugt. | |
| Sie spielt Fußball seit 2011, als sie und andere Frauen und Mädchen | |
| Eltahadi gründeten. Sie versammelten sich auf staubigen Feldern in der | |
| Hauptstadt Khartum und spielten gegeneinander. Sie mussten regelmäßig | |
| umziehen, wenn die Anwohner nicht konfrontiert werden wollten mit Frauen, | |
| die Fußball spielten. Bashirs diktatorisches Regime bestand aus Militärs | |
| und islamistischen Fundamentalisten, die jeden zwangen, ihre moralischen | |
| Gesetze zu befolgen. „Ich habe nie verstanden, was Religion mit Sport zu | |
| tun hat. Ich habe den Koran gelesen und nirgends heißt es, dass | |
| Frauenfußball verboten ist. Es ist vielmehr ein soziales Tabu“, glaubt | |
| Fadlala. | |
| ## Hass in den sozialen Medien | |
| Fast alle Spielerinnen von Eltahadi wurden wegen ihrer Leidenschaft für | |
| Fußball kritisiert. Als das Team vor einigen Jahren ein Freundschaftsspiel | |
| gegen eine Herrenmannschaft spielte, war das den Behörden zu viel. Fadlala | |
| als Anführerin wurde verhaftet. Ihr Foto in Fußballkleidung wurde in den | |
| sozialen Medien verbreitet, wo sie eine Lawine des Hasses erntete. Zwei | |
| Wochen lang musste sie sich täglich bei der inzwischen abgeschafften | |
| Moralpolizei melden. | |
| Das Team trainiert heute auf dem Kunstrasen eines Übungsplatzes der | |
| Fußballakademie direkt gegenüber dem internationalen Stadion von Khartum, | |
| in dem die meisten Spiele in der Stadt stattfinden. Das Training wird alle | |
| 20 Minuten unterbrochen, damit die Spielerinnen im Schatten einer Wand | |
| Wasser trinken können. | |
| ## Hoffnung auf Länderspiele | |
| Huda Ali, 28 Jahre alt, kann mit ihren bemerkenswert langen Armen und | |
| Beinen auch während der Wasserpause nicht stillstehen und hüpft von einem | |
| Bein auf das andere. Sie hat das Glück, dass ihre Familie sie nicht an | |
| ihrer Leidenschaft für den Sport behindert. „Es gab einen Onkel, der | |
| Einwände hatte, aber der Rest brachte ihn zum Schweigen. Meine Familie | |
| sieht, dass ich gut im Fußball bin und hofft, dass ich eines Tages die | |
| Farben des Sudan tragen werde, um das Land bei internationalen Spielen zu | |
| vertreten.“ | |
| Sie hat keine bestimmten Vorbilder unter den internationalen Spielerinnen, | |
| hofft aber, dass Sudan eines Tages Deutschland oder den Vereinigten Staaten | |
| gegenübersteht. Das seien die besten Frauenteams. „Aber die spielen | |
| schließlich schon ein halbes Jahrhundert!“ | |
| ## 30 Jahre unter Fundamentalisten waren prägend | |
| Die ehemalige Spielerin Nuha Muhsin, die jetzt Managerin des Teams ist, | |
| kommt immer zum Training, wenn ihre Arbeit das zulässt. Und ab und zu | |
| spielt sie mit, wenn es an genügend Spielerinnen mangelt. Sie erzählt, dass | |
| zwar die meisten Familien der Fußballerinnen einverstanden seien, dass sie | |
| den Sport betreiben, die Gesellschaft im Allgemeinen dem aber oft noch | |
| kritisch demgegenüber stehe. | |
| „Aber wir Sudanesinnen haben bewiesen, [4][dass wir uns nicht länger | |
| beiseite schieben lassen]. Aber zur Gleichbehandlung von Frauen ist es noch | |
| ein langer Weg. Etwa dreißig Jahre unter islamistischen Fundamentalisten | |
| haben die Gesellschaft stark geprägt. Akzeptanz des Frauenfußballs ist nur | |
| der Anfang“, meint Muhsin. | |
| ## Suche nach einem Sponsor | |
| Ihre Aufgabe ist es, die Gelder des Teams für Reisen zu Auswärtsspielen und | |
| Übernachtungen zu sichern. Das Geld, das der internationale Fußballverband | |
| Fifa gibt, reicht nicht aus. Freunde, Bekannte und Familienmitglieder | |
| helfen, wenn sie können. | |
| „Wir suchen einen Sponsor. Ein Unternehmen, das den Mut hat, ein Frauenteam | |
| zu sponsern, in einem noch konservativen islamischen Land.“ | |
| 10 Feb 2021 | |
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| [4] /Frauenrevolution-im-Sudan/!5690102 | |
| ## AUTOREN | |
| Ilona Eveleens | |
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