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# taz.de -- Worunter Frauenfußball wirklich leidet: Doppelter Sexismus
> Gladbachs Coach Heiko Vogel soll „zur Strafe“ ein Frauenteam trainieren.
> Kickende Frauen sind aber weder Abmahnungsinstrument noch Therapietool.
Bild: 2. Bundesliga auf Kunstrasen: Mehr will Mönchengladbach nicht in sein Fr…
Heiko Vogel dürfte lange nicht so viel internationale Aufmerksamkeit
genossen haben wie dieser Tage. Mindestens, seit er als Trainer des FC
Basel [1][im Jahr 2011 Manchester United aus der Champions League kegelte].
Verdammt lang her, verdammt lang. Heute ist Vogel – solide Laufbahn, zweite
Reihe – Trainer der U23 von Borussia Mönchengladbach.
Dass nun halb Europa über ihn twittert, dürfte ihn weniger freuen. Der
Ärger ist berechtigt, weil der Westdeutsche Fußballverband (WDFV) sich für
eine offenbar sexistische Beleidigung durch Vogel eine idiotische Sanktion
ausgedacht hat: Heiko Vogel soll [2][„zur Strafe“ sechs Spiele einer
Frauen- oder Mädchenmannschaft leiten].
Das ist bestenfalls ungeschickt, schlechterenfalls demütigend. Kickende
Frauen sind weder Strafe noch Therapiewerkzeug. Wahlweise wollte der WDFV
tapsig etwas Gutes tun. Oder die 15 Männer auf 16 Sitzen im Gremium
empfinden es tatsächlich als Strafe, ein Frauenteam zu trainieren. Beides
ist schlecht.
Dieser doppelte Sexismus – sexistische Äußerung, sexistische Strafe – hat
im Männerfußball System. Nicht nur gab es den prominenten [3][Fall des
Fußballers Kerem Demirbay], der nach frauenfeindlichem Spruch ein
Mädchenspiel pfeifen „musste“.
## Strukturelle Empörung
Auch d[4][ie Bestrafung des damaligen Frankfurters Marc Stendera], der nach
einem „Wir sind hier doch nicht beim Frauenfußball“-Ding bei den
U17-Spielerinnen antanzen und sich Bälle an den Hintern schießen lassen
musste, ist eher marginal progressiv. Die breite Kritik, vor allem von
Frauen, ist ein Fortschritt. Sinnvoller wäre allerdings strukturelle
Empörung.
Die genannten Frauen von Borussia Mönchengladbach sind 2019 aus der
Bundesliga abgestiegen, mit einem Negativrekord von einem Punkt und 7:110
Toren. Ja, das haben Sie richtig gelesen. Warum? Weil der Verein kein Geld
für sie ausgeben wollte. In einer Liga, deren Betrieb immer noch lächerlich
billig ist. [5][Der Tagesspiegel bezifferte 2019] das Budget der Gladbacher
Männer auf 90 Millionen Euro, das der Frauen auf 500.000 Euro.
Über diesen größeren Skandal empörte sich kaum jemand. Strukturelle
Diskriminierung ist komplexer als eine Trainerstory, und dafür muss man
sich wirklich für Frauenfußball interessieren. Das tun leider wenige.
Empört euch! Aber grundlegender. Das würde den Gladbacherinnen langfristig
helfen. Bis dahin bleibt, die Lage mit Humor zu nehmen. Eine Sportkollegin
wurde mal entsetzt begrüßt mit: „Wie, die schicken uns heute eine Frau?“
Sie erwiderte: „Ja, ich bin die Strafe.“
19 Mar 2021
## LINKS
[1] https://www.watson.ch/sport/unvergessen/237627730-der-fc-basel-schmeisst-ma…
[2] https://www.swr.de/sport/fussball/frauenfussball/reaktionen-straftraining-h…
[3] https://www.spiegel.de/sport/fussball/kerem-demirbay-pfeift-maedchen-fussba…
[4] https://www.sport1.de/fussball/bundesliga/2017/03/nach-abfaelligem-spruch-e…
[5] https://www.tagesspiegel.de/sport/ein-vergleich-der-keiner-ist-warum-maenne…
## AUTOREN
Alina Schwermer
## TAGS
Fußball
Sexismus
Gladbach
Frauenfußball
FC Bayern München
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Profi-Fußball
Frauen-WM
Frauenfußball
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