| # taz.de -- Nigerias WM-Starspielerin Oshoala: Die beste Fußballerin Afrikas | |
| > Als Kind durfte sie nicht kicken. Jetzt stürmt Asisat Oshoala für die | |
| > nigerianische Elf, die am Mittwoch gegen Südkorea antritt. | |
| Bild: Spielt auch für den FC Barcelona: Asisat Oshoala | |
| Asisat Oshoala hatte instinktiv ihre Chance gespürt. Im Rücken der | |
| norwegischen Verteidigerin Kristine Minde bewegte sie sich grazil nach | |
| vorn, nahm dann plötzlich Tempo auf, erlief den steilen Pass, und Oshoala | |
| war viel schneller als Minde. Sie zog an der norwegischen Abwehr vorbei, | |
| sie umkurvte auch die Torhüterin Hjelmseth, als sei die nur eine Pilone, | |
| ein Deko-Element. Dann aber war der Winkel zu spitz, der Ball ging ans | |
| Außennetz. | |
| Natürlich war es Asisat Oshoala, die bei der 0:3-Auftaktniederlage Nigerias | |
| beinahe den Ehrentreffer setzte. Oshoala, die selbiges schon im | |
| Champions-League-Finale tat, wo sie das Angriffsspiel des schon | |
| geschlagenen FC Barcelona derart belebte, dass sie herausstach, diese Frau, | |
| die beim Stand von 0:4 einfach weitermachte. Sie rauschte durch die | |
| Abwehrkette wie durch eine sehr löchrige Perlenschnur und schoss das 1:4, | |
| das erste Tor einer Afrikanerin in einem Champions-League-Finale. | |
| Asisat Oshoala, die erst 24-jährige Vize-Kapitänin von Nigeria, ist die | |
| erfolgreichste Fußballerin des afrikanischen Kontinents. Sie war die erste | |
| Afrikanerin in der englischen WSL, die erste Afrikanerin in einem | |
| Champions-League-Finale und wahrscheinlich ist sie der erste echte | |
| weibliche Fußballstar in Subsahara-Afrika; vielfach werde sie auf der | |
| Straße erkannt, heißt es, sie sei viel berühmter als die jeweiligen | |
| nationalen Kickerinnen, die keiner kenne. Oshoala selbst nimmt das nach | |
| außen hin leicht: „Ich spüre nie Druck, weil ich liebe, was ich tue.“ | |
| Dass gerade eine Nigerianerin herausragt, ist reine Logik: Die „Super | |
| Falcons“ dominieren seit Jahrzehnten den Kontinent, es gibt einen | |
| etablierten Ligabetrieb, und sie waren als einziges afrikanisches Team bei | |
| allen WM-Endrunden dabei. Aber nur 1999 kamen sie über die Vorrunde hinaus. | |
| Auch diesmal unterlagen alle drei afrikanischen Vertreterinnen zum Start; | |
| wer sie spielen sah, konnte sich schwer vorstellen, dass es für mehr als | |
| die Vorrunde reicht. Die Talente sind vorhanden, aber Geldmangel, das | |
| Fehlen von Strukturen und Sexismus machen es ihnen schwer. | |
| ## Die Eltern verboten es | |
| Die Geschichte von Asisat Oshoala erzählt von all dem. Beinahe hätte die | |
| Stürmerin nie Fußball gespielt; die Eltern verboten es. „Ich komme aus | |
| einem schwierigen Milieu, wo man nicht das Recht hat, seine Träume zu | |
| verfolgen“, sagte Oshoala. „Wir haben diese Mentalität, dass Frauen keine | |
| Sportkarriere machen sollten.“ Wenn sie auf der Straße mit den Jungs | |
| kickte, habe ihr die Mutter kein Geld für Essen gegeben. | |
| Sie nahm das in Kauf. Weil Asisat Oshoala eine gute Schülerin war, geriet | |
| sie bald noch heftiger in Konflikt mit den Eltern, die fürchteten, dass sie | |
| ihre Schullaufbahn für den Fußball opfert. Tat sie auch, mit 15 Jahren | |
| schloss sich Oshoala dem populären FC Robo an. „Ich hatte vielleicht eine | |
| 50-Prozent-Chance auf eine Karriere im Fußball“, sagte sie dem | |
| US-amerikanischen Sender ESPN. Das reichte ihr. Ohne die Möglichkeit, | |
| Bildung und Sport zu vereinen, verwundert es nicht, dass es kaum | |
| Spielerinnen auf dem Niveau von Oshoala gibt. | |
| Vom Fußball leben kann nur, wer es nach Europa schafft. Viele nigerianische | |
| Nationalspielerinnen kicken mittlerweile in Schweden oder Norwegen, andere | |
| in China. In der Heimat dagegen geht es um grundsätzlich finanzielle | |
| Anerkennung, die oft verweigert wird oder nicht möglich ist. Im Dezember | |
| 2016 protestierten die Frauen mit einem Sit-in in einem Hotel, weil der | |
| Verband ihnen die versprochenen Prämien für den Gewinn des Afrika Cup nicht | |
| auszahlte. „Wir fühlen uns nicht wie Siegerinnen“, sagte Oshoala da. „Wir | |
| werden behandelt, als wären wir die U17.“ | |
| Es geht darum, wie mit diesem Team seit Jahren umgegangen wird.“ Ständige | |
| Lügen, ausbleibende Bezahlung, Beschimpfungen warfen die Spielerinnen dem | |
| Verband vor. Die Zeit berichtete 2011 über massenhaften sexuellen | |
| Missbrauch im nigerianischen Frauenfußball, oftmals weil Karrierechancen | |
| der Spielerinnen völlig vom Trainer abhängen. Und zwischenzeitlich spielte | |
| das Nationalteam gar nicht mehr, weil im Jahr 2017 ein Trainer fehlte. | |
| ## Schlechte wirtschaftliche Ausgangslage | |
| Unter solchen Umständen gilt es schon als Erfolg, bei einem WM-Turnier | |
| teilzunehmen. Der Weg für Nigerias Fußballerinnen, umso mehr noch für | |
| andere afrikanische Staaten, ist noch weit, und die wirtschaftliche | |
| Ausgangslage schlecht. Doch seit mehr Spielerinnen den Sprung in den | |
| Profifußball schaffen, äußern sie sich selbstbewusster. Asisat Oshoala hat | |
| eine Organisation gegründet, die Mädchen zur Fußballkarriere verhelfen | |
| soll. | |
| Es geht darum, Sport und Schulbildung zu verknüpfen und Vorurteile bei den | |
| Eltern abzubauen. „Vieles ist möglich mit Respekt und Gleichberechtigung.“ | |
| Sie will ein Stück weit auffangen, was der Verband nicht leisten will und | |
| kann. Und Hoffnungsträgerin sein. Als sie selbst von einer Karriere | |
| träumte, sagte sie mal, sei ihr Vorbild Jay Jay Okocha gewesen. Für | |
| nigerianische Mädchen hat sich immerhin das geändert: Das Vorbild kann | |
| jetzt auch Asisat Oshoala heißen. | |
| 12 Jun 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Alina Schwermer | |
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