# taz.de -- Journalistin über Hebdo-Titel zur WM: „Das ist schon sehr franz�… | |
> Zur Frauen-WM ist auf dem Titel der „Charlie Hebdo“ eine Vulva abgebildet | |
> – mit einem Fußball als Klitoris. Romy Straßenburg findet das „typisch�… | |
Bild: Fußballbegeisterte Frankreich-Fans vor dem Eröffnungsspiel gegen Südko… | |
taz: Frau Straßenburg, wir schauen uns gerade das aktuelle Cover des | |
französischen Satiremagazins Charlie Hebdo an. Zu sehen ist eine Vulva, und | |
an der Stelle der Klitoris prangt ein kleiner Fußball. Ist das klassisch | |
provokativ? | |
Romy Straßenburg: Das steht in der klassischen Traditionslinie von Charlie | |
Hebdo. Da gibt es durchaus sexuelle Anspielungen und immer wieder explizite | |
Zeichnungen. Hier haben wir es mit einer Anspielung auf das Gemälde „Der | |
Ursprung der Welt“ zu tun. | |
Ich schaue eben mal nach: Es stammt von Gustave Courbet, und auf dem Bild | |
aus dem Jahr 1866 stellt eine nackte Schönheit ihr Geschlecht sehr | |
freizügig zur Schau. | |
Genau. Das ist eine typische Charlie-Vorlage, und dann haben wir es eben | |
noch mit dem Fußball zu tun. | |
Würde so ein Titel auch in Deutschland funktionieren? | |
Das wäre eher schwierig. Das ist schon sehr französisch. Und dann | |
funktioniert es auch nur im Zusammenspiel von Text und Bild. Daraus, und | |
aus dem Hintersinn, ergibt sich der Witz. Der Satz „On va en bouffer | |
pendant un mois“ auf dem Titel heißt ja einerseits: Jetzt werden wir einen | |
Monat mit Frauenfußball zugeballert. Aber es gibt auch den Ausdruck bouffer | |
la chatte, der auf Oralverkehr anspielt, also dass ein Mann einer Frau | |
sozusagen Freude bereitet. | |
Wird hier der Frauenfußball verächtlich gemacht oder ist eher das Gegenteil | |
der Fall? | |
Dieses bouffer bedeutet beides, man kann es affirmativ deuten und auch | |
kritisch. Es hat zwei Ebenen. Es geht neben der sexuellen Anspielung um ein | |
Übermaß an Frauenfußball. Einen Monat lang werden wir damit zugedröhnt. Und | |
das ergibt sich wiederum aus der fußballkritischen Haltung von Charlie | |
Hebdo. Daraus, dass Fußball so ein bisschen das Opium fürs Volk ist. | |
Da gibt es ja eine Reihe von Vorbehalten: zu viel Spektakel, zu viel | |
Unterhaltung, zu viel Kommerz. | |
Genau, dass Fußball Ausdruck eines kapitalistischen Verständnisses von | |
Sport ist. Man muss wissen, dass Frauenfußball bei der WM zum ersten Mal im | |
TV-Hauptprogramm von TF1 läuft, dass die Frauen eingebettet sind in | |
Werbeclips. Im Grunde sind wir auf einem Niveau von kapitalistischer | |
Ausschlachtung des Fußballs angekommen, das mit dem der Männer vergleichbar | |
ist. Und das hat Charlie Hebdo schon immer kritisiert, auch bei Paris | |
Saint-Germain. Da hat man die Fans mit der Aussage provoziert, es sei der | |
reichste Verein mit den dümmsten Anhängern. Man muss natürlich dazu auch | |
das aktuelle Editorial lesen, leider kenne ich bis jetzt nur den Titel. | |
Da steht: „Motto: Wir finden schon immer, dass zu viel über Sport berichtet | |
wird, um die Menschen von wichtigen Dingen fernzuhalten. Warum sollten wir | |
das beim Frauenfußball anders sehen.“ | |
Ja, das spricht für sich. | |
Ist der Titel sexistisch, oder taugt der Vorwurf nicht, weil Charlie Hebdo | |
ja auch keine Probleme hat, Schwänze aufs Cover zu bringen? | |
Absolut nicht. Parallel zur Fußball-WM der Männer gab es ein Bild mit | |
Griezmann mit erigiertem Penis und einem Rentnerpärchen davor, das sagte: | |
O, mach uns noch mal heiß! Das ist die klassische Allegorie von Charlie | |
Hebdo, deswegen schockt mich das nicht. | |
Auch der ehemalige französische Präsident Jacques Chirac wurde wohl schon | |
als Penis mit Brille dargestellt. | |
Neulich gab es auch Jesus am Kreuz mit großen Eiern. Die Botschaft: Die | |
Kirche schaut weg beim Missbrauch. Wenn man alle Texte liest, dann wird | |
klar, dass Charlie Hebdo eigentlich ein feministisches, progressives Blatt | |
ist. Es gibt enge Beziehungen zu den Femen-Frauen. Aber diese Dimensionen | |
sehen Betrachter aus dem Ausland meistens nicht, die konzentrieren sich nur | |
auf die Titelblätter und fragen dann: Ist Charlie Hebdo frauenfeindlich, | |
sexistisch oder islamfeindlich? Dabei ist eigentlich nur eine Frage | |
wichtig: Kann ich darüber lachen? | |
Und konnten Sie über den Vulva-Titel lachen? | |
Ja, als ich den Spruch gelesen habe, schon. | |
13 Jun 2019 | |
## AUTOREN | |
Markus Völker | |
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