| # taz.de -- Ein Jahr nach Anschlag auf Synagoge: Der nächste Einzeltäter | |
| > Eine Kundgebung in Oldenburg erinnert an den Brandanschlag auf die | |
| > Synagoge. Die Behörden gehen von einem psychisch kranken Einzeltäter aus. | |
| Bild: Blumen und Kerzen stehen nach dem Anschlag vor der Tür der Oldenburger S… | |
| Oldenburg taz | Knapp 50 Menschen versammelten sich am Sonntag in der | |
| Oldenburger Innenstadt, um an den Brandanschlag auf die Synagoge vor einem | |
| Jahr zu erinnern. Die vorbeiziehenden Stadtbummler:innen schenkten | |
| ihnen wenig Beachtung. Sie genossen den verkaufsoffenen Tag und das gute | |
| Wetter. | |
| Am 5. April 2024 warf ein Mann wenige Stunden vor dem Schabbat-Gottesdienst | |
| [1][einen Brandsatz auf den Eingang der Oldenburger Synagoge]. Zwei | |
| Hausmeister eines benachbarten Kulturzentrums bemerkten das Feuer zufällig | |
| und konnten es frühzeitig löschen. Niemand wurde verletzt, der Sachschaden | |
| blieb begrenzt. Es wäre nach 1938 das zweite Mal gewesen, dass die | |
| Oldenburger Synagoge niedergebrannt wäre. | |
| Während der Kundgebung am Sonntag zeigten zwei Frauen aus einiger | |
| Entfernung wiederholt den Tauhid-Finger. Die Geste des ausgestreckten | |
| Zeigefingers ist neben ihrer Bedeutung als Glaubensbekenntnis im Islam ein | |
| von Islamist:innen genutztes Erkennungszeichen. Ein glatzköpfiger Mann | |
| mit Ganzkörpertattoos und einem Eisernen Kreuz auf seinem T-Shirt umkreiste | |
| die Kundgebung langsam, um die Teilnehmenden zu mustern. Die anwesende | |
| Polizei nahm ihn nicht wahr, erklärte sie auf Nachfrage. | |
| ## Weniger Solidarität | |
| Direkt nach dem Anschlag vor einem Jahr hatten sich am selben Platz noch | |
| rund 700 Personen in Solidarität mit den Oldenburger Jüdinnen und | |
| Juden versammelt und sich gegen Antisemitismus positioniert. Darunter | |
| war auch Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD), der klare Worte fand: | |
| „Das war versuchter Mord, Terror und nichts anderes.“ | |
| Ein Jahr später ist die Welle öffentlicher Solidaritätsbekundungen | |
| abgeebbt. „Ich glaube, die meisten interessieren sich nicht mehr“, sagt ein | |
| Mitglied der jüdischen Gemeinde. Dabei sei das antisemitische Klima – | |
| verstärkt seit dem Angriff auf Israel durch die Hamas und die Wahlerfolge | |
| der AfD – auf einem Höhepunkt. | |
| Der Oberbürgermeister sagte die Einladung diesmal aus Termingründen ab, | |
| begrüße die Veranstaltung aber, erklärt ein Sprecher des Bündnisses gegen | |
| Antisemitismus und Antizionismus (BGA), das die Kundgebung organisiert hat. | |
| Das BGA will die Erinnerung an den Anschlag wachhalten. | |
| ## Behörden gehen von Einzeltäter aus | |
| Nach neunmonatiger Fahndung des Staatsschutzes [2][nahm die Polizei Ende | |
| Januar den mutmaßlichen Täter fest], einen 27-jährigen Mann aus Vechta. | |
| Laut Polizei hat er die Tat gestanden. | |
| Die Behörden gehen nach einem psychiatrischen Gutachten davon aus, dass er | |
| psychisch krank und schuldunfähig ist. Hinweise auf ein politisches Motiv | |
| gebe es nicht. Die Hauptverhandlung ist für Mitte Juni angesetzt. | |
| Möglicherweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit, teilt ein Sprecher des | |
| Landgerichts auf Anfrage mit. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Täter | |
| versuchte schwere Brandstiftung vor – nicht versuchten Mord, wie der | |
| Oberbürgermeister es nannte. | |
| „Die Einordnung der Tat von Seiten der Behörden folgt dem Muster | |
| zahlreicher weiterer Anschläge in Deutschland“, kritisiert das BGA die | |
| Einschätzung der Behörden. Die psychische Erkrankung werde vorgeschoben und | |
| der Antisemitismus ausgeblendet. „Es gibt keine psychische Erkrankung, die | |
| dazu führt, dass ein Erkrankter über 50 Kilometer mit Bus und Bahn | |
| zurücklegt, um ausgerechnet eine Synagoge mit einem Brandsatz zu bewerfen.“ | |
| ## Antisemitismus bereitet Nährboden für Taten | |
| Das BGA fordert „ein Ende dieses ignoranten Umgangs mit antisemitischen | |
| Verbrechen.“ Der gesellschaftliche Antisemitismus bereite den Nährboden für | |
| „sogenannte Einzeltäter“, sagt der BGA-Sprecher. Seit dem 7. Oktober habe | |
| er auch in Oldenburg massiv zugenommen. | |
| Auch die Beratungsstelle bei antisemitischer Gewalt und Diskriminierung | |
| „OFEK“ kritisiert in einem Statement die „Entpolitisierung der Tat“. De… | |
| diese war kein Einzelfall. Einen Tag vor dem Anschlag vor einem Jahr wurde | |
| eine jüdische Schülerin auf dem Schulweg angegriffen und antisemitisch | |
| beleidigt. Drei Monate später [3][schmierten Unbekannte die SA-Parole | |
| „Alles für Deutschland“ in die Nähe der Synagoge], im Februar dieses Jahr… | |
| dann „Vorsicht! Juden!“ | |
| „Der Täter muss ernst genommen werden“, sagt Sarah (Name geändert). Sie i… | |
| Jüdin und überlegt inzwischen genau, ob sie ihren Davidstern öffentlich | |
| zeigt. Der Anschlag sei für sie ein Höhepunkt des antisemitischen Klimas | |
| gewesen: „Da geht es langsam an die Existenz.“ Sicher fühle sie sich nicht. | |
| 7 Apr 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Aljoscha Hoepfner | |
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