| # taz.de -- „Earth Overshoot Day“ verschoben: Ausnahmsweise Luft holen | |
| > Der letztjährige „Earth Overshoot Day“ war der 29. Juli, 2020 kommt er | |
| > drei Wochen später. Corona hat für einen niedrigeren Ressourcenverbrauch | |
| > gesorgt. | |
| Bild: Rausgeputzt füt den „Earth Overshoot Day“ | |
| Berlin taz | Erst am 22. August ist dieses Jahr [1][„Earth-Overshoot-Day“]. | |
| Normalerweise kommt dieser Tag, an dem die Menschheit die natürlichen | |
| Ressourcen aufgebraucht hat, die die Erde innerhalb eines Jahres | |
| regenerieren kann, jedes Jahr ein bisschen früher. Nur dieses Jahr nicht. | |
| Wie das in Amerika ansässige Global Footprint Network meldet, wird der | |
| Erdüberlastungstag drei Wochen später als 2019 sein. Damals war der Earth | |
| Overshoot Day schon am 29. Juli. | |
| “Das zeigt, wie enorm sich das Zurückfahren der normalen wirtschaftlichen | |
| und gesellschaftlichen Aktivitäten auf den Ressourcenverbrauch auswirkt“, | |
| sagt Christine Wenzl vom BUND. Dass sich der Erdüberlastungstag so stark | |
| nach hinten verschoben hat, sei ein Effekt, der auf den weltweiten Lockdown | |
| während der Corona-Krise zurückzuführen ist. | |
| “Es ist ein sehr einmaliger Effekt, den wir da beobachten“, betont Julia | |
| Otten von Germanwatch, einer Partnerorganisation des Global Footprint | |
| Network. Schon jetzt sei klar, dass dieser Effekt nicht fortgeführt werden | |
| könne. “Wir können nicht in der Krise stecken bleiben“, sagt Otten. “Ab… | |
| wenn wir weitermachen wie vorher und die Wirtschaft nicht zukunftsfähiger | |
| aufstellen, rückt der Earth Overshoot Day noch weiter nach vorn.“ | |
| Der Erdüberlastungstag wird danach festgelegt, wie groß der ökologische | |
| Fußabdruck der Menschheit ist. Das ist die Summe aller natürlichen Flächen, | |
| die die Menschen beanspruchen, um ihren Ressourcenbedarf zu decken und ihre | |
| Abfälle und Emissionen auszugleichen. Zu diesen Flächen zählen zum Beispiel | |
| Ackerland, um Nahrungsmittel zu produzieren, und vor allem Wälder, da diese | |
| das ausgestoßene CO2 binden können. Die CO2-Emissionen machen allein 60 | |
| Prozent des ökologischen Fußabdrucks aus. Nicht mit eingerechnet werden | |
| hingegen zum Beispiel metallische Rohstoffe, da die Erde diese nicht | |
| regenerieren kann. | |
| ## Verzögertes Wachstum | |
| Zwar berichten Forscher, dass der CO2-Ausstoß während der Corona-Krise | |
| zurückgegangen ist, weil weniger produziert wurde und sich der Verkehr | |
| deutlich reduziert hat. [2][Auf die Kohlendioxid-Konzentration in der | |
| Atmosphäre] hat das aber keinen Einfluss – im Gegenteil: Im Vergleich zum | |
| Vorjahr ist diese sogar gestiegen, wie das Mauna Loa Observatorium in | |
| Hawaii mitteilt. Die Forschungsstation misst den Anstieg des CO2-Gehalts in | |
| der Luft. Im Vergleich zu 2019 ist dieser trotz Corona nicht zurückgegangen | |
| – er hat sich nur verlangsamt. | |
| Ohne den weltweiten Lockdown hätte die Konzentration aber zunehmen können, | |
| wie der amerikanische Wissenschaftler Ralph Keeling dem Guardian | |
| berichtete. “Es mag überraschend sein, dass der Ausbruch des Coronavirus | |
| den CO2-Gehalt nicht stärker beeinflusst hat“, sagte er. “Die Ansammlung | |
| von CO2 ist ein bisschen wie Müll auf einer Mülldeponie. Während wir weiter | |
| emittieren, häuft es sich weiter an.“ Die Krise habe die Emissionen zwar | |
| verlangsamt – aber nicht genug. | |
| Dass der Erdüberlastungstag dieses Jahr später erreicht wird, liegt laut | |
| dem Global Footprint Network vor allem daran, dass der Verbrauch an Holz | |
| zurückgegangen ist und weniger fossile Energien verbrannt wurden. So seien | |
| im Vergleich zum Vorjahr bislang 8,4 Prozent weniger Wälder abgeholzt und | |
| 14,5 Prozent weniger fossile Rohstoffe verbraucht worden. Das sei vor allem | |
| auf den gesunkenen Energieverbrauch während der Corona-Krise | |
| zurückzuführen, berichtet die International Energy Agency. | |
| “Wir wollen die Erde aber nicht aus einer Krise heraus retten“, sagt | |
| Christine Wenzl vom BUND. Deshalb brauche es nun gewollte und kontrollierte | |
| Veränderungen, die zu einem verträglicheren Ressourcenverbrauch führen. “Es | |
| ist an der Zeit, unser Wirtschaftssystem, das auf Wachstum ausgerichtet | |
| ist, zu hinterfragen“, sagt Wenzl. | |
| Manfred Fischedick vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie | |
| befürchtet, dass nun, da die Wirtschaft wieder anläuft und durch | |
| [3][Konjunkturprogramme angestoßen] wird, sogenannte Rebound-Effekte | |
| eintreten könnten. Dann könnten die Emissionen schon in ein bis zwei Jahren | |
| wieder über dem Niveau von 2019 liegen – und der Erdüberlastungstag würde | |
| sich noch weiter nach vorne verschieben. Um das zu verhindern, müsse die | |
| Menschheit ihre Verhaltensmuster ändern. “In der Krise haben wir gesehen, | |
| dass das möglich ist“, sagt Fischedick. Beispielsweise könne der Verkehr | |
| auch in Zukunft verringert werden – durch Videokonferenzen statt | |
| Inlandsflügen. | |
| Auch Otten spricht davon, dass es bei der Bekämpfung der Corona-Krise nun | |
| darauf ankomme, die Wirtschaft so wiederaufzubauen, dass die Erde weniger | |
| überlastet wird. Beispielsweise, indem Geld in Klimaschutzmaßnahmen | |
| investiert werde. Denn eines müsse man sich klarmachen, sagt Wenzl: Die | |
| Menschen verbrauchen dieses Jahr 60 Prozent mehr Ressourcen, als die Erde | |
| erneuern kann – also so viel wie 1,6 Erden. “Auch, wenn der | |
| Erdüberlastungstag dieses Jahr historisch spät liegt, ist er immer noch | |
| viel zu früh“, sagt sie. | |
| 6 Jun 2020 | |
| ## LINKS | |
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| ## AUTOREN | |
| Sandra Röseler | |
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