# taz.de -- EU-Korruptionsskandal überfordert Justiz: Die große Verunsicherung | |
> Ein Jahr nach dem größten EU-Korruptionsskandal hat die belgische Justiz | |
> keinen Plan, wie sie weitermachen soll. Alle Verdächtigen wurden | |
> entlassen. | |
Bild: Als wäre nichts gewesen: Eva Kaili im EU-Parlament | |
BRÜSSEL taz | Das sogenannte Katargate wird ein Jahr nach den spektakulären | |
Ermittlungen und Hausdurchsuchungen, bei denen bündelweise Bargeld bei | |
prominenten Europaabgeordneten gefunden wurde, immer mysteriöser. Die | |
Verdächtigen sind auf freiem Fuß, die belgische Justiz scheint überfordert. | |
[1][Eva Kaili], die einst als Hauptverantwortliche betrachtet und | |
schleunigst von ihrem Posten als stellvertretende Parlamentspräsidentin | |
entfernt wurde, geht längst wieder in Brüssel und Straßburg ein und aus, | |
als wenn nichts gewesen wäre. Sie sei Opfer eines Komplotts geworden, | |
behauptet die 45-jährige prominente Griechin. Auch die sozialistische | |
Europaabgeordnete Marie Arena, die als wichtige Mitwisserin gilt, wurde | |
nicht belangt. Man werde keine Aufhebung der Immunität verlangen und auch | |
keine Verhaftung vornehmen, teilte die belgische Staatsanwaltschaft mit. | |
Das bedeute zwar nicht, dass die Ermittlungen eingestellt wurden, heißt es | |
in Brüssel. | |
Doch bisher sind sie weitgehend im Sande verlaufen. Kein einziger | |
Abgeordneter wurde vor Gericht gestellt, Kaili und mehrere andere | |
Verdächtige mussten aus der U-Haft entlassen werden. Seit der prominente | |
Ermittlungsrichter Michel Claise den Fall im Frühjahr wegen Befangenheit | |
abgeben musste, tritt die belgische Justiz auf der Stelle. | |
## Geldwäsche? Korruption? | |
Mittlerweile ist nicht einmal mehr klar, worum es genau geht. | |
„Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche und | |
Korruption“ – so lauteten die Vorwürfe gegen Kaili vor einem Jahr. Die | |
Ermittler fanden in ihrer Brüsseler Wohnung 150.000 Euro in bar, insgesamt | |
sollen mehrere Millionen an Bestechungsgeldern geflossen sein. Doch woher? | |
Steckt wirklich Katar dahinter, wollte der Wüstenstaat für ein günstiges | |
Meinungsklima und gute Geschäfte in der EU sorgen? Oder geht es mehr um | |
Marokko, wie das auf EU-Themen spezialisierte Portal Politico vermutet? | |
Kailis Anwälte arbeiten an ihrer Rehabilitierung: „Der Vorwurf der | |
Korruption ist unbegründet. Es war ein Vorgang, der durchgeführt wurde, um | |
es zu einem spektakulären Prozess zu machen.“ Mittlerweile hat Kaili wegen | |
eines angeblichen Verfahrensfehlers Beschwerde eingelegt. Sollte sie recht | |
bekommen, könnte das gesamte Verfahren platzen – der vermeintlich größte | |
Korruptionsskandal in der Geschichte der EU würde in sich zusammenfallen. | |
Denkbar ist aber auch, dass der Fall neu aufgerollt wird. | |
Kurz vor der Europawahl im Juni wären neue Enthüllungen [2][Wasser auf die | |
Mühlen der EU-Gegner, die das Vorurteil von den „korrupten“ EU-Politikern | |
pflegen]. Doch dem Europaparlament sind die Hände gebunden. Es hat darauf | |
verzichtet, einen eigenen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Die | |
Abgeordneten haben sich voll und ganz auf die belgische Justiz verlassen – | |
und [3][schärfere Transparenzregeln erlassen]. Doch wenn sich herausstellen | |
sollte, dass alles anders war als bisher bekannt, könnten sich diese Regeln | |
als unzureichend erweisen. | |
Das „Katargate“ hat zu einer großen Verunsicherung geführt. Derzeit spric… | |
nichts dafür, dass sie bald verschwindet – Brüssel wartet gespannt auf die | |
nächste Wendung in diesem politisch hoch brisanten Skandal. | |
4 Dec 2023 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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