| # taz.de -- Drohungen wegen Skandal im Kongo: Angst vor der Presse | |
| > Der Vize-Chef des Virunga-Nationalparks im Kongo soll vergewaltigt und | |
| > gemordet haben. Die taz berichtete – jetzt werden die ZeugInnen bedroht. | |
| Bild: Wurde Mitte Juni festgenommen: Innocent Mburanumwe | |
| Kampala taz | „Hier ist es viel zu dunkel“, schreibt Aimable Gafurura aus | |
| der kleinen Zelle, in der er mit neun weiteren Häftlingen hockt. Auf dem | |
| Selfie, das er via WhatsApp mitschickt, ist er kaum zu erkennen. Was man | |
| sieht: Er guckt etwas entmutigt. Kein Wunder: Die Haftbedingungen in der | |
| Demokratischen Republik Kongo sind eine der schlimmsten der Welt. | |
| Der Journalist des Gemeinderadios Stimme des Virunga (Voix des Virungas) | |
| saß nun zwei Tage in Ostkongos Provinzhauptstadt Goma in Haft, weil er mit | |
| der taz gesprochen hatte – ein Versuch, die Veröffentlichung der Geschichte | |
| zu verhindern. | |
| Die taz hatte am [1][vergangenen Montag] über die Anzeige der 20-jährigen | |
| Kongolesin Denise Serubongo gegen den Vize-Chef des Virunga-Nationalparks, | |
| Innocent Mburanumwe, berichtet. Sie hat ihn des versuchten Mordes und der | |
| Vergewaltigung beschuldigt. Daraufhin hat die Militärstaatsanwaltschaft | |
| Mburanumwe Mitte Juni festgenommen und Ermittlungen eingeleitet. Dem | |
| mächtigen kongolesischen Vizeparkchef gelang es jedoch, selbst in U-Haft | |
| sein Netzwerk zu mobilisieren, um Opfer, Zeugen und Journalisten zu | |
| bedrohen. | |
| Aimable Gafurura war der Erste, den es mundtot zu machen galt. Dieser | |
| dokumentiert schon seit Jahren die sexuellen Übergriffe des Vize-Parkchefs | |
| auf Frauen und minderjährige Mädchen. Der Radiojournalist aus dem | |
| ostkongolesischen Dorf Rumangabo, wo das Hauptquartier des Nationalparks | |
| liegt, hat bereits, wenige Stunden nachdem er mit der taz gesprochen hatte, | |
| Drohanrufe erhalten. | |
| ## Anonyme Anrufe und Drohungen | |
| Das war noch vor der taz-Veröffentlichung am vergangenen Montag. Der erste | |
| Anruf kam, so sagt er, von Justin Mukanya, Vorsteher des Bezirks Rutshuru, | |
| in welchem der Virunga liegt, und enger Vertrauter von Mburanumwe. Das | |
| ganze Wochenende wurde der Journalist mit weiteren anonymen Anrufen | |
| terrorisiert, die er mit einer Software auf seinem Smartphone aufgezeichnet | |
| und der UN-Mission im Kongo (Monusco) als Beweise übergeben hat. | |
| Am Tag vor der taz-Veröffentlichung wurde Gafurura eine mit Computer | |
| geschriebene Liste als Foto zugeschickt. Darauf standen juristische | |
| Anklagepunkte, die in seinem Fall geltend gemacht werden könnten. Unter | |
| anderem der Verdacht auf „Zusammenarbeit mit bewaffneten Gruppen“ – eine | |
| Anschuldigung, auf die die Höchststrafe steht. Auf dem Brief, der der taz | |
| vorliegt, wird eine Frist von 48-Stunden gesetzt. Es ist ein Versuch, die | |
| taz-Veröffentlichung zu stoppen. | |
| Doch Gafurua rät der taz, den Artikel zu bringen, „damit die Wahrheit ans | |
| Licht kommt“. Nur wenige Stunden nachdem er online steht – die | |
| 48-Stunden-Frist ist noch nicht einmal vorbei –, wird Gafurura | |
| festgenommen. „Mburanumwe hat mich angezeigt wegen schädlicher | |
| Unterstellung und Verleumdung“, schreibt der Journalist aus der Haft. „Der | |
| Richter hat mir erklärt, das Problem sei, dass ich mit ausländischen | |
| Journalisten gesprochen habe.“ | |
| ## Die taz muss Kongo verlassen | |
| Am selben Tag setzten Mburanumwes Leute auch die Familie der angeschossenen | |
| Denise Serubongo unter Druck. Ihre Mutter, die in Rumangabo direkt neben | |
| der hoch gesicherten Eingangsstation des Parks wohnt, berichtet von | |
| Parkrangern, die sie belagern: Sie sei eine „Geisel“, sagt sie am Telefon. | |
| Unterdessen wird in Goma Serubongos Vater, einem entfernten Verwandten | |
| Mburanumwes, Geld angeboten. Er soll dafür sorgen, dass seine Tochter die | |
| Anzeige zurückziehe. Von bis zu 3.000 Dollar war die Rede. Die taz tritt | |
| über Umwege mit der jungen Frau in Kontakt. Sie gibt zu: Sie fürchtet um | |
| ihr Leben. Die Anzeige zurückzuziehen käme nicht infrage, sagt sie. | |
| Die taz muss aus Sicherheitsgründen Kongo verlassen. Die Monusco und | |
| westliche Botschaften wurden informiert. Die UN schickt Gafurura einen | |
| Anwalt. Kongos Menschenrechtsorganisation Ciddhope veröffentlicht ein | |
| Schreiben an die Militärstaatsanwaltschaft in Goma mit der Forderung, das | |
| Verfahren gegen Mburanumwe zu eröffnen und den Journalisten Gafurura | |
| freizulassen. | |
| ## Virunga meldet sich zu Wort | |
| Dann plötzlich meldet sich auch der Virunga. Zwei Wochen nach der | |
| taz-Anfrage, die bis dahin unbeantwortet geblieben war, reagiert Sprecherin | |
| Joanna Natasegara im aggressiven Ton und verlangt, den Artikel zu löschen. | |
| Auf die taz-Bitte, eine Erklärung abzugeben, schreibt sie: „Unser einziger | |
| Kommentar ist, da wir zu den Anschuldigungen keine Stellung nehmen durften, | |
| dass der Artikel mit Ungenauigkeiten durchsetzt ist.“ | |
| Sie wirft der taz vor, in der Interviewanfrage keine Angaben gemacht zu | |
| haben, worüber gesprochen werden solle. Die taz argumentiert: Dies sei | |
| notwendig gewesen, um Zeugen und Opfer zu schützen, wie die angehenden | |
| Drohungen beweisen. | |
| Dies hat offenbar gewirkt. Letztlich war es der belgische Parkchef | |
| Emmanuel de Merode, der am Freitag Journalist Gafurura in der Zelle | |
| besuchte und sein „Beileid für die Verhaftung“ aussprach, wie Gafurura | |
| berichtet. Kurze Zeit später schreibt er der taz: „Ich bin jetzt frei.“ | |
| Doch die Anklage wurde nicht fallen gelassen. „Um gefahrlos zu siegen, | |
| triumphieren wir ohne Ruhm!“, so Gafurura. | |
| 30 Jun 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Simone Schlindwein | |
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