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# taz.de -- Doku-Film „They Shall Not Grow Old“: Der Erste Weltkrieg in Far…
> Peter Jacksons Dokumentarfilm über den Ersten Weltkrieg ist visuell
> beeindruckend. Die Ikonografie gerinnt beinahe schon zum Klischee.
Bild: „They Shall Not Grow Old“ macht die Bilder der Westfront einem zeitge…
Während eine britische Infanterieeinheit aus dem Ersten Weltkrieg über eine
Straße zieht, verweben sich auf der Tonebene Stimmen alter Männer mit einer
gepfiffenen Version des Soldatenliedes „Hanging on the Old Barbed Wire“. In
den Interviewsequenzen mit britischen Veteranen des Ersten Weltkriegs
erinnern sich die Männer nicht ohne Verklärung, was die Gewalt mit ihnen
gemacht hat. „Ich wurde zweimal verwundet und Opfer von Gasangriffen, aber
es hat mich kaum beeindruckt, ich habe einfach das Beste daraus gemacht.“
„They Shall Not Grow Old“, der Dokumentarfilm mit dem das Londoner Imperial
War Museum und die BBC den neuseeländischen Regisseur Peter Jackson
[1][anlässlich der Jubiläumsfeierlichkeiten zum 100. Jahrestags des
Kriegsendes] beauftragt haben, beginnt konventionell: Zeitzeugengespräche,
Archivmaterial (hier in Zeitlupe), Musik. Auch in der anschließenden
Sequenz zur Einberufung und zum Training für die Front bleibt Jacksons
Zugang zu den 100 Stunden historischem Filmmaterial konventionell.
Der „frische und originelle Umgang“, um den das Museum und die BBC beim
Auftrag gebeten haben, beginnt mit dem Wechsel an die Front. Farbe
schleicht sich in die Bilder und eine 3-D-Konversion eröffnet Räumlichkeit,
für den Ton haben LippenleserInnen den im Film Gezeigten auf den Mund
geschaut, und die Bilder laufen nicht länger mit der für frühe Stummfilme
so gewohnten Geschwindigkeit und Ruckeligkeit, sondern sind gestochen
scharf und im realen Tempo.
Mit beeindruckenden Effekten: Kurz nach der Konversion stolpert ein junger
Soldat durch die Landschaft, den Blick fest auf die Kamera geheftet, unklar
bleibt, ob es nur die Faszination der Kamera ist oder auch die Hoffnung,
dass diese irgendetwas ändern könnte.
## Eine verschenkte Chance
Am beeindruckendsten ist der Bildeffekt bei den Landschaftsaufnahmen. Der
Himmel über einer Weidelandschaft füllt sich mit dunklen Wolken
explodierender Projektile, bevor ein weiterer Treffer den Boden aufsprengt.
Während sich die Erde erhebt und bevor sie in ihre Einzelteile zerstiebt,
hängt sie für einen Moment in der Luft wie ein riesiger schwarzer Trüffel.
Verheerung, so weit das Auge reicht. Matsch, Schlamm, Dreck, Exkremente,
Leichenteile. Der gespenstische grüngelbe Himmel, der sich bei einem
Gasangriff über der Landschaft erhebt.
Jackson hat in „They Shall Not Grow Old“ gezeigt, was sich technisch aus
Archivmaterial herausholen lässt. Die 3-D-Konversion mag übertrieben
wirken, aber kolorierte Bilder und Ton lassen die Bilder und die Soldaten
in den Schützengräben gegenwärtiger wirken. Die Erzählung bleibt
demgegenüber komplett konventionell.
Doch die Probleme des Films liegen woanders: Jackson hat sich nach eigenen
Aussagen bei der Produktion dafür entschieden, sich auf die Westfront und
den Grabenkrieg zu konzentrieren. Die Crux an Archivmaterial ist (wenn man
es zur Illustration einer konventionellen Erzählung verwendet), dass es nur
erzählt, was schon zum Zeitpunkt der Entstehung in den Bildern erzählt
werden sollte. So ist der Erste Weltkrieg an der Westfront bei Jackson
trotz der Truppen aus allen Teilen des Empire, die dort kämpften, vor allem
weiß.
„They Shall Not Grow Old“ macht die Bilder der Westfront einem
zeitgenössischen Publikum zugänglich und serviert ihm dann eine Erzählung
und eine Ikonografie, die beinahe schon zum Klischee geronnen ist. Durch
diese Halbherzigkeit gerät Jacksons Film in die Nähe eines überkandidelten
Museumsfilms für die Besucher des Imperial War Museum. „They Shall Not Grow
Old“ ist ein visuell beeindruckender Film und eine verschenkte Chance.
26 Jun 2019
## LINKS
[1] /Essay-Folgen-des-Ersten-Weltkriegs/!5589414
## AUTOREN
Fabian Tietke
## TAGS
Krieg
Dokumentarfilm
Peter Jackson
Film
Jürgen Habermas
Schwerpunkt Syrien
Lesestück Meinung und Analyse
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