# taz.de -- Diskurs über Geflüchtete: Stimmung kippt nicht, man kippt sie | |
> In der Migrationsdebatte tauchten wieder rechte Narrative auf. Erneut ist | |
> von „Wellen“ die Rede, von „Flut“ – als hätten wir aus 2015 nichts | |
> gelernt. | |
Bild: Brandspuren an der Fassade einer geplanten Asylunterkunft in Bautzen im O… | |
Seit Beginn des erweiterten russischen Angriffskriegs auf die Ukraine im | |
Februar suchen immer mehr Ukrainer*innen Schutz in Deutschland. [1][Die | |
Hilfsbereitschaft der Zivilgesellschaft] war von Beginn an enorm, die | |
Überforderung von Behörden und Bevölkerung blieb weitestgehend aus. | |
Trotzdem hört man seitdem vielerorts die Mahnung, die Stimmung im Land | |
drohe zu kippen. In den vergangenen Tagen, also kurz vor der | |
Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwochnachmittag, wo es auch um die | |
Unterbringung von Geflüchteten geht, erreichte diese Schwarzmalerei einen | |
neuen Höhepunkt. | |
In zahlreichen Beiträgen in Fernsehen, Rundfunk und Zeitungen mahnen | |
Lokalpolitikerinnen, Landräte und Oberbürgermeister*innen, dass jetzt | |
wirklich etwas passieren müsse, sonst mache die Gesellschaft das nicht mehr | |
mit. Man müsse die Sorgen der Bürger*innen ernst nehmen. [2][Schließlich | |
dürfe sich 2015 nicht wiederholen]. Und auf einmal befinden wir uns wieder | |
mitten in einer Debatte über Migration, in der rechte Narrative verbreitet | |
werden, von denen wir geglaubt hatten, sie längst überwunden zu haben. | |
Plötzlich ist wieder von „Flüchtlingswellen“ die Rede, von einer „Flut�… | |
einem „wachsenden Flüchtlingsstrom“, der auf uns zukomme. Es werden also | |
Sprachbilder genutzt, die Migrationsbewegungen als eine Gefahr darstellen, | |
die über uns hereinbricht und gegen die wir ankämpfen müssen. Dabei geht es | |
hier um Menschenleben, nicht um lebensbedrohliche Naturkatastrophen. All | |
das haben wir schon vor Jahren diskutiert. | |
## Mit Angstmacherei ist nicht geholfen | |
Klar ist, dass die Kommunen aktuell vor einer Herausforderung stehen und | |
die zugesagte finanzielle Unterstützung durch den Bund dringend benötigen. | |
Denn die Verantwortung und Finanzierung darf nicht auf den Schultern | |
einzelner Kommunen und ehrenamtlicher Helfer*innen liegen. Aber mit | |
Angstmacherei ist den Kommunen nicht geholfen – im Gegenteil. | |
Katastrophenmetaphern sorgen erst dafür, dass eine gesellschaftliche | |
Stimmung kippt. Die längst existierenden Hakenkreuz-Graffiti [3][und | |
brennenden Flüchtlingsunterkünfte] müssen wir als Gesellschaft natürlich | |
ernst nehmen. Jedoch nicht als besorgte Bürger, sondern als Bedrohung für | |
unsere Gesellschaft. Sonst droht sich wirklich der hässliche Teil von 2015 | |
zu wiederholen. | |
2 Nov 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Unterbringung-von-Gefluechteten-in-Berlin/!5887611 | |
[2] /Migration-in-die-EU/!5667340 | |
[3] /Brandstiftung-in-Mecklenburg-Vorpommern/!5889648 | |
## AUTOREN | |
Carolina Schwarz | |
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