| # taz.de -- Deutschlandtag der Jungen Union: Kanzler ohne Spaß im Funpark | |
| > Die Junge Union lehnt das geplante Rentenpaket ab und droht, es zu | |
| > blockieren. Aber Kanzler Merz will die schwarz-rote Koalition nicht | |
| > gefährden. | |
| Bild: Johannes Winkel und Friedrich Merz, der den Parteinachwuchs enttäuscht h… | |
| taz | Für Unionsverhältnisse liegt ein Hauch von Revolte in der Luft. Keine | |
| Hand rührt sich minutenlang, als der Kanzler in seiner Rede zu dem einen | |
| Thema kommt, das die Parteijugend so stark beschäftigt wie kein anderes. | |
| Das Rentenpaket der Großen Koalition. Der Deutschlandtag der Jungen Union | |
| [1][war im letzten Jahr noch eine Feierstunde für den Kanzlerkandidaten | |
| Friedrich Merz]. Ein Jahr später im Konferenzzentrum im Europapark nahe | |
| Freiburg mag sich im Schatten von Karussell und Achterbahnen keine | |
| Freizeitparkstimmung einstellen. | |
| Es ist eher so, wie wenn man zwei Autos dabei zuschaut, wie sie aufeinander | |
| zurasen. Seit Wochen schwelt der Streit in der CDU-Fraktion. Die „Junge | |
| Gruppe“, 18 CDU-Abgeordnete, die alle Mitglieder der Jungen Union sind, | |
| wollen [2][dem Rentenpaket, wie es das Kabinett beschlossen hat, nicht | |
| zustimmen.] Denn im Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass auch nach 2031 das | |
| Rentenniveau um rund einen Prozentpunkt höher als im geltenden Recht liegen | |
| soll. Zusätzlich 118 Milliarden Euro würde das kosten, rechnen die Jungen | |
| in der Union vor, ihre Generation werde das bezahlen. Neben dem | |
| Verschuldungsargument pochen die Jungen darauf, wie im Koalitionsvertrag | |
| vereinbart zum sogenannten Nachhaltigkeitsfaktor zurückzukehren. | |
| Zur Jungen Gruppe gehören der Rentenexperte der Fraktion Pascal Redding und | |
| der JU-Vorsitzende Johannes Winkel. Ohne die 18 Abgeordneten fehlt der | |
| Großen Koalition im Bundestag die Mehrheit. Sie drohen nach langen | |
| Verhandlungen nun offen damit, das Rentenpaket im Bundestag scheitern zu | |
| lassen. | |
| Und schon [3][am Abend vor dem Auftritt des Kanzlers] ist klar, hinter der | |
| Jungen Gruppe steht geschlossen die Junge Union. Ohne sie wäre Friedrich | |
| Merz nicht Kandidat und Kanzler geworden, behauptet Johannes Winkel. Er | |
| habe sich immer auf die Junge Union verlassen können, sagt der | |
| Bundesvorsitzende in seiner Rede, „und jetzt verlässt sich die Junge Union | |
| auf Friedrich Merz.“ | |
| Aber können sie das? Zwar marschiert der Kanzler zu den Klängen von „High | |
| Hopes“ in die Konferenzhalle. Aber er scheint bereit zu sein, die | |
| JU-Delegierten zu enttäuschen. Es klingt eher, als wollte Merz der | |
| Parteijugend sagen, sie sollen das mal den Papa machen lassen, schließlich | |
| gibt es in der politischen Großwetterlage wahrlich auch andere Themen. Mit | |
| den Kosten zum Rentenniveau werde es schon nicht so schlimm kommen. | |
| ## Bleierne Stille über der Halle | |
| Es gehe im Koalitionsausschuss in Berlin nicht nur um das Rentenniveau, | |
| sondern um ein ganzes Bündel an Maßnahmen, um Renten auch künftig | |
| finanzierbar zu machen. Und dann warnt er die Junge Union vor einem | |
| „Unterbietungswettbewerb“: „Glaubt ihr wirklich, dass wir den gewinnen?�… | |
| fragt er die Delegierten. „Ich will auch noch vor der Seniorenunion so | |
| reden können wie bei euch.“ | |
| Minutenlang liegt bleierne Stille über der Halle. Das ganze Sozialsystem | |
| sei ohnehin nur finanzierbar, wenn Deutschland wieder eine erfolgreiche | |
| Volkswirtschaft werde. Daran arbeite die Koalition. Unruhe erfasst die | |
| Delegierten, beim Unterbietungswettbewerb fühlen sie sich vom Kanzler | |
| bewusst missverstanden. Am Schluss höflicher, fast kühler Applaus, mehr | |
| nicht. | |
| Jubel kommt erst wieder in der Aussprache auf, als Delegierte die Position | |
| der Jungen weiter starkmachen. Der Kanzler macht noch einmal klar, dass | |
| auch die SPD dazu bereit sei, die drei Rentensäulen, gesetzliche Rente, | |
| private Vorsorge und Betriebsrenten neu auszutarieren. Das sei für die | |
| Sozialdemokraten ein weiter Weg, der anerkannt werden müsse. Merz zeigt | |
| Verständnis für die Position des Koalitionspartners, der Widerstände in | |
| ihrer Wählerschaft berücksichtigen müsse. Da bleiben nur warme Worte für | |
| die eigene Parteijugend. | |
| Damit geht der Kanzler ab. Offenbar ist er bereit, diesen Konflikt in den | |
| eigenen Reihen auszusitzen und verweist ihn damit vom Deutschlandtag | |
| gewissermaßen zurück in die Fraktion. Wird es Jens Spahn gelingen, in der | |
| Koalition die Mehrheit in der Fraktion zu organisieren? Oder scheitert er, | |
| wie [4][zuletzt bei der Richterwahl von Frauke Brosius-Gersdorf,] die Merz, | |
| „eine dämliche Debatte vor der Sommerpause“ genannt hatte. | |
| Auch Jens Spahn ist am Samstagnachmittag zu Gast bei der Jungen Union. Und | |
| am Sonntag kommt dann noch Markus Söder (CSU), der [5][mit seiner | |
| Mütterrente] schon bei der Jungen Union Bayern verhauen wurde. Alle halten | |
| eigentlich die gleiche Rede: Sie loben die Entscheidungen der Regierung und | |
| speziell den Kanzler, auch [6][die Stadtbildbemerkung]. | |
| Sie verweisen auf die allgemein schwierige Weltlage, die komplizierten | |
| Mehrheitsverhältnisse in deutschen Parlamenten, streicheln die Seele der | |
| Parteijugend für ihre Beharrlichkeit und ihre konstruktiven Beiträge. Aber | |
| sie verweisen auf die Verantwortung der Großen Koalition und dass | |
| Mehrheiten weiter in der politischen Mitte gewonnen werden müssten. Klar | |
| wird: Für keinen in der Unionsspitze kommt es in Frage, den Koalitionsbruch | |
| wegen einem Renten-Prozentpunkt zu riskieren. | |
| Die SPD weiß das zu nutzen. Während die CDU-Parteijugend noch enttäuscht | |
| dem Kanzler lauscht, versucht der Vizekanzler Lars Klingbeil ebenfalls im | |
| Südwesten klare Verhältnisse zu schaffen. Auf dem Landesparteitag der SPD | |
| in Ulm sagt er: „Ich sage euch in aller Klarheit: An diesem Gesetz wird | |
| nichts mehr geändert.“ Er klingt ein bisschen wie seinerzeit der | |
| Basta-Kanzler Gerhard Schröder. Das waren noch übersichtlichere Zeiten. | |
| 16 Nov 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Deutschlandtag-der-Jungen-Union/!6045069 | |
| [2] /Streit-um-Rentenpaket-I/!6116597 | |
| [3] /Deutschlandtag-der-Jungen-Union/!6129842 | |
| [4] /Wahl-zur-Verfassungsrichterin/!6102232 | |
| [5] /Diskussion-um-Muetterrente/!6077956 | |
| [6] /Migrationsdebatten/!6126157 | |
| ## AUTOREN | |
| Benno Stieber | |
| ## TAGS | |
| Rente | |
| Junge Union | |
| Schwarz-rote Koalition | |
| Kanzler Merz | |
| Markus Söder | |
| Social-Auswahl | |
| Markus Söder | |
| Rente | |
| Junge Union | |
| Rente | |
| Rente | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Abschaffung des Kinderstartgelds: Söder verdirbt sich’s mit den Familien | |
| Hunderttausende protestieren in Petitionen gegen Markus Söders Sparpolitik. | |
| Doch der bayerische Ministerpräsident findet: Hauptsache, keine Schulden. | |
| Regierung und Rentenpaket: Ministerin Prien will Abstimmung verschieben | |
| Ohne den Unions-Nachwuchs hat Schwarz-Rot im Bundestag keine eigene | |
| Mehrheit beim Rentenpaket. Jugendministerin Prien will alles neu | |
| debattieren. | |
| Deutschlandtag der Jungen Union: Streit um die Rente mit Merz | |
| Die Junge Union lehnt das Rentenpaket der Bundesregierung strikt ab und | |
| droht, die Verabschiedung des Gesetzes zu verhindern. | |
| Wem nützt die „Aktivrente“?: Nichts für Künstler und Bauern | |
| Durch den Steuerbonus der „Aktivrente“ steigt die Beschäftigung der Alten | |
| nur um 10 Prozent, so eine Studie. Viele kriegen den Steuerbonus gar nicht. | |
| Lage der gesetzlichen Rentenversicherung: Renten sollen 2026 um 3,7 Prozent st… | |
| Im kommenden Jahr können Rentner:innen auf höhere Überweisungen hoffen. | |
| Aber auch für die Beitragszahler:innen rückt die erste | |
| Beitragserhöhung näher. |